iii. die leere damentoilette und die fremde rothaarige

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Juliet

»Wow...«

Mit meiner Geschichte habe ich es scheinbar geschafft, Ally platt zu machen.

Wundern tut es mich nicht, immerhin habe ich mir oft die Frage gestellt, in was für einem komischen Buch ich gelandet bin – ein eigentlich normaler One-Night-Stand, endet darin, dass man schwanger wird, aber um das ganze noch zu toppen, ist der One-Night-Stand der beste Freund des Bruders.

Ich verziehe meine Mundwinkel, während ich mir einem Blick in dem Spiegel zuwerfe. Ich sehe so fertig aus, wie ich mich auch fühle.

»Jup«, brumme ich. Automatisch lege ich meine Hand auf meinen Bauch. Noch kann ich die Bohne nicht spüren, zumindest nicht treten, dennoch spüre ich, dass etwas anders ist.

»Willst du es ihm sagen?«

Ich habe mir schon oft diese Frage gestellt. Damals wusste ich noch nicht, dass es sich bei dem Vater um den besten Freund meines Bruders handelt. Es war einfach eine andere Situation. Ich meine, wie hätte ich ihn ausfindig machen sollen?

Auf Instagram eine Story posten, mit einer Beschreibung und der Bitte, wenn man ihn kennt, an mich weiterzuleiten, wie es Studenten machen, wenn sie eine Wohnung suchen?

»Ich muss, oder?«

Es tut gut, mit jemandem zu sprechen, der mich nicht kennt. Der keiner meiner Eltern oder meiner Brüder ist und eine andere Sicht auf meine Situation hat.

Ally schweigt eine Weile. In der Stille denke ich darüber nach, wer sie wohl ist, oder was sie in ihrer Freizeit macht.

Vielleicht ist sie eine Sekretärin oder Anwältin. Oder ist sie eher im künstlerischen Bereich tätig?

Ich kann es nicht genau sagen und eigentlich ist es total irrelevant. Ich werde sie so oder so nie wieder sehen.

Wobei ich das von Chris auch gedacht habe...

»Naja... Es ist total schwierig, und ich kann total verstehen, wenn du es nicht machen willst, schließlich hat sich Mister Arschloch nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt, aber auf der anderen Seite kann er es auch nicht wissen. Nicht, dass ich es dir mit dem Baby nicht zutrauen würde, aber es wird auch größer werden und irgendwann fragen stellen. Vor allem, wenn es die anderen Familien, die anderen Kinder mit Mutter und Vater sieht. Hat er, oder sie dann nicht auch ein Recht darauf?«

Lange sehe ich sie an.

Wenn ich dieses Baby sein würde, dann würde ich es wissen wollen, oder?

Es ist eine Sache, einen Vater zu haben, der sich schier nicht kümmert. Aus was für einem Grund auch immer. Aber es ist etwas anderes, wenn die Mutter das Kind verschweigt.

»Ich muss«, murmle ich leise und schließe einen Moment meine Augen. Für das Kind. Für meine kleine Bohne.

»Ich werde es ihm sagen, aber...«, wieder zögere ich einen Moment, öffne meine Augen und fange den mitfühlenden Blick von Ally ein. »... ich verlange nichts. Ich will das Baby. Wenn es nicht in seinem Leben reinpasst, dann tut es mir für die kleine Bohne leid, aber dann habe ich wenigstens alles in meiner Macht stehende getan.«

Niemals in meinem Leben hätte ich gedacht, so eine wichtige Entscheidung treffen zu müssen. Auf einer leeren Damentoilette mit einer fremden Frau. Aber das Leben ist verrückt. Und was bleibt mir auch anderes übrig? Chris ist jetzt hier. Sicherlich könnte ich meinen Bruder nach seiner Nummer fragen, doch das würde zu viele Fragen aufwerfen. Fragen, die ich noch nicht bereit bin zu beantworten. Erstmal muss ich Chris beichten, was für Leben wir erschaffen haben, in der Nacht, als wir miteinander geschlafen haben.

life of tears - chris evansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt