xiii. am ende ist es die zeit, die alles heilt

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Juliet

»Juliet? Chris?«

Fuck.

In diesem Moment könnte man eine Stecknadel fallen hören. Die blanke Panik kriecht meinen Rücken empor.

Meine Lippen haben sich von Chris gelöst, aber immer noch stehen wir eng voreinander. Ich blicke in die blauen Augen, die wahrscheinlich die gleiche Panik zieren, die meine auch ausstrahlen.

Das ist keinesfalls so gelaufen, wie ich es wollte.

Chris und ich waren so aufeinander fixiert, dass wir nicht mitbekommen haben, wie lange wir schon in der Küche verschwunden waren – schlimmer noch. In diesem Moment war es uns egal. Es gab einfach nur uns beide. Kein Henry, keine Vernunft.

»Henry, ich-«

Ich drehe mich um, verstumme aber, als mein Blick Henrys trifft.

Er steht in der Tür, hinter ihm lugt Ally hervor, die aussieht, als hätte sie noch versucht, Henry davon abzuhalten, einfach in die Küche zu stürmen.

Aber zu spät.

Henry hat uns gesehen.

Und nun ist es eine Frage der Zeit, bis er das alles zu verstehen scheint.

»Henry, wir wollten gerade-«, auch Chris verstummt, als er etwas sagen will.

Langsam blickt Henry zwischen uns her. Ich habe gedacht, dass er schreien wird – oder überhaupt etwas sagen, aber er ist still. So still, dass es mir eine unheimliche Angst macht.

Ich kenne Henry gut genug, um zu wissen, was er denkt. Normalerweise. Jetzt sehe ich nichts, außer pure Enttäuschung.

»Ihr wolltet was?«

Henry findet seine Stimme wieder, währenddessen ich mich endgültig von Chris lösen kann. Ich spüre seinen Blick in meinen Rücken, als ich langsam auf Henry zugehe.

Warum fühle ich mich so schuldig? Bin ich nicht alt genug, meine eigenen Entscheidungen zu treffen?

Dennoch trifft es mich hart. Henry war die letzten Monate für mich da. Immer. Egal wie schwer es für ihn selbst war.

»Es tut mir leid...«

Tränen sammeln sich in meinen Augen, die ich versuche schnell wegzublinzeln. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt zum Weinen und dennoch laufen sie ununterbrochen meine Wangen hinunter.

Henry schüttelt langsam seinen Kopf, den Blick, den er mir zuwirft, lässt mein Herz gefrieren. Noch nie in meinem Leben war ich selbst von mir so enttäuscht.

»Ich weiß ehrlich nicht, was ich sagen soll...«

Ungläubig sieht er zwischen Chris und mir her. Dann schüttelt er wieder seinen Kopf, will ansetzen, um etwas zu sagen, aber es kommen keine Wörter über seine Lippen.

»Bitte...«, das kleine Schluchzen kann ich nicht verhindern.

Kurz sieht Henry mich an. Dann löst er seinen Blick und stürmt hinaus.

Fragend und vollkommen am Ende blicke ich zu Ally, die mich mitleidig ansieht.

»Ich wollte ihn wirklich aufhalten«, spricht sie leise und sieht schuldbewusst aus.

Mir wird klar, dass sie die letzte ist, die Schuld an dieser Situation hat.

Chris und ich müssen jetzt Verantwortung tragen – viel zu spät.

»Henry, warte!«

Mir ist egal, was Chris oder Ally machen. Das einzige, was ich will, ist, endlich Klartext mit meinen Bruder zu reden.

life of tears - chris evansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt