Kapitel VII

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Und da rannte ich nun. Ich fühlte mich von allen Seiten beobachtet und mein Instinkt sagte mir, dass dieser von mir eingeschlagene Weg mich sogar mein Leben kosten könnte. Doch ich musste Sugar wieder zur Vernunft bringen! Mir blieb nahezu nichts anderes übrig.

Aber egal wie oft und wie laut ich schrie, sie jagte fortwährend dem Weg nach. Allmählich verlor ich Unmengen an Ausdauer und meine Beine transformierten sich mit jedem Schritt mehr zu einem schlabbrigen Pudding.

Durch meine unregelmäßige, panische Atmung bekam ich zu allem Übel auch noch schreckliches Seitenstechen.

Mit meiner Handytaschenlampe leuchtete ich die Zeit über den Weg ab und alles was ich sehen konnte, war Sugars Hinterteil, welches anscheinend ebenso ein deutliches Zeichen ihres Desinteresses gegenüber mir darstellte.

Unerwartet sprang sie auf einmal während ihrem Lauf vom Weg ab, mitten in die unberechenbare Wildnis des Waldes. Wir waren bestimmt schon überaus tief in diesen hineingedrungen. Mir grauste es davor zu erfahren, was mich hier erwarten würde.

Schlagartig kam mir ein schaudernder Gedanke in den Sinn: Sie suchte die Stelle. Das Licht.

Doch woher kannte sie die genaue Route? Oder irrte ich mich?

Mit jedem folgenden Schritt durch die knackenden Äste und zerstampften Pilze fasste mich abermals ein wenig Mut. Die Furcht vor dem Unbekannten verließ mich schrittweise. Sollte ich Sugar vertrauen?

Nach einer gefühlten Ewigkeit blieb sie letztendlich an einer Lichtung stehen. Keuchend trat ich vor und versuchte die Handschlaufe aufs Neue in meinen Griff zu bekommen, jedoch hetzte Sugar lediglich wieder ungestüm nach vorn, bis sie an einem knorrigen Baum Halt machte, um ihn anzukläffen.

Das konnte einfach nicht ihr Ernst sein! Wegen einem Baum? Dieser ganze nervenaufreibende Stress wegen einem verdammten Baum?

Sugar wollte dennoch nicht aufhören. Sie sprang fieberhaft hin und her. Wie ausgewechselt benahm sie sich!

Gewagt richtete ich den Lichtkegel meiner Taschenlampe auf den von Moos bewachsenen Stamm und was ich dann sah, verpasste mir eine haarsträubende Gänsehaut.

Da war eindeutig ein Schatten zu sehen. Etwas hatte sich hinter dem Baum bewegt!

Ich konnte es kaum fassen. Die dunkelsten Schauspiele fanden nun in meinem Kopf statt. Ein Mörder, der gleich mit einem scharfen, blutverschmierten Messer auf mich zustürmen würde? Ein Entführer, der meine Eltern um ihr wohlverdientes Geld bringen wollte? Ein ausgebrochener Sträfling aus dem nicht weit entfernten Gefängnis? Eine psychisch gestörte Person?

Doch wieso kam derjenige nicht aus seinem Versteck hervor, sondern ließ sich ohne weiteres von Sugar anschnauzen, als wenn es irrelevant wäre?

So viele Fragen und so gar keine Antworten. Also tat ich abermals etwas, dass ich im Großen und Ganzen nie tun würde, das schlicht nicht meine Art war.

Ich schritt, wenn auch langsam wie eine Schnecke, auf den geheimnisvollen Baum zu. Währenddessen stellte ich mich bereits darauf ein, gleich mein Leben hinter mir lassen zu müssen. Dana, meine Eltern, Sugar, den Club und mein unerreichter Traum vom Doktortitel.

Um mich wenigstens etwas wehren zu können, schnappte ich mir auf die Schnelle einen dicken Ast vom Boden und griff ihn, wenn auch etwas unsicher, mit beiden Schweiß durchnässten Händen.

Bevor ich herausfinden konnte, wer oder was sich hinter dem Stamm verbarg, atmete ich wahrscheinlich ein letztes Mal tief ein und aus.

Ich kratzte jetzt all meine Tapferkeit zusammen. Begleitet von Sugars Gebell jagte ich schreiend auf mein Ziel zu und wollte gerade einfach blindlings mit dem Stock durch die Gegend schlagen, doch etwas hielt mich auf.

Wicked ScienceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt