Kapitel 1

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Konzentriert stach ich die Nadel durch die Haut und machte ihn mit einem Knoten fest. „Das war es auch schon.“ lächelnd sah ich das kleine Mädchen an und zog meine Handschuhe aus. „Der Rest wird Veronica machen. Du warst wirklich sehr tapfer.“ „Das war so cool.“ aufgeregt sah sie auf die Wunde, die ich gerade genäht hatte und nun nur noch verbunden werden musste.

„Das nächste Mal solltest du aber nicht alleine auf den Baum klettern.“ „Ich werde sie nicht mehr aus den Augen lassen.“ das war etwas übertrieben, aber ich hielt mich strickt aus der Erziehung der Eltern raus. Ich hatte meinen Job erledigt und somit hatte ich nichts mehr damit zu tun.

„Gute Besserung, Betty. Alles gute.“ lächelnd schüttelte ich der Mutter die Hand und verliess die kleine Kabine, wo mich wieder der hektische Alltag der Notaufnahme erwartete. „Nathalie!“ sofort drehte ich mich zu Lucas um, der auch schon auf mich zukam. „Du solltest jetzt gehen, bevor noch ein Notfall rein kommt.“ „Ich muss noch meinen Bericht schreiben.“ verneinte ich seinen 'Befehl', während ich mit ihm durch den Flur lief.

„Du lässt auch wirklich nie etwas liegen. Wie wäre es, wenn ich das für dich erledige und du in deinen verdienten Feierabend gehst.“ bei der Tür, die zum Rest des Krankenhauses führte, blieb ich stehen. „Das kann ich nicht annehmen.“ „Du kannst und wirst. Ich mache den Bericht und du gehst nach Hause.“ ich wusste genau, dass jede Diskussion mit ihm zwecklos war und ergab mich widerwillig meinem Schicksal.

„Von mir aus. Danke.“ „Kein Thema. Wir sehen uns dann morgen.“ lächelnd nickte ich, drehte mich um und verliess die Notaufnahme um zu meinem Büro zu gehen, damit ich mich umziehen konnte. Kurz dachte ich wirklich darüber nach den Bericht von der kleinen Betty doch noch zu schreiben, aber eigentlich war ich so müde, dass ich einfach nur noch nach Hause gehen wollte. Auch wenn es mir zuwider war Lucas' Hilfe anzunehmen, war ich ihm doch dankbar, dass er es für mich übernahm.

Ich hatte aber so die Vermutung, dass er es nur tat, weil er etwas von mir wollte. Gesagt hatte er es mir nie, aber im Krankenhaus machten nun mal viele Gerüchte die Runde und eines davon war, dass Lucas in mich verliebt wäre. Ob es stimmte, wusste ich nicht, aber es würde so einiges erklären. Ich wollt ihn aber auch nicht darauf ansprechen aus dem einfachen Grund, dass ich ihn nicht blossstellen wollte, falls es stimmen sollte und mich auch nicht, falls es wirklich nur ein Gerücht war.

„Na, auch schon Feierabend.“ mit einem Grinsen umarmte ich Grace. „Du scheinbar auch, wenn ich mich dich so ansehe. Hast du noch etwas vor?“ anerkennend liess ich meinen Blick über sie wandern, nur um festzustellen, dass sie wieder einmal fantastisch aussah in ihrem dunkelgrünen Kleid. „Ich habe gleich ein Date mit Tom.“ „Oberarzt Tom?“ lachend schüttelte sie ihren Kopf. „Als ob ich etwas mit ihm anfangen würde. Tom ist Anwalt und holt mich gleich hier ab.“ von diesem Tom hatte sie mir bis jetzt noch gar nichts erzählt und normalerweise redeten wir wirklich über alles.

Grace war nicht nur Sanitäterin im selben Krankenhaus wie ich, sondern auch noch meine beste Freundin seit Kindertagen. In der ersten Klasse zog sie nach Orlando und freundete sich gleich mit mir an. Seit da konnte uns niemand mehr trennen. Es gab wirklich keinen Tag, an dem man uns nicht zusammen sah. Grace war nicht nur meine beste Freundin, sondern auch wie eine Schwester für mich, mit der ich über alles reden konnte.

„Dann lasse ich dich mal dein Date geniessen. Du rufst mich danach aber an und erzählst mir alles.“ „Versprochen.“ lächelnd umarmte ich sie und ging zum Mitarbeiterparkplatz, nachdem ich mich von ihr verabschiedet hatte. Bevor ich aber losfahren konnte, zog ich mein Handy aus der Tasche und nahm den Anruf entgegen.

„Was kann ich für dich tun?“ „Du wolltest mich anrufen.“ schmunzelnd verdrehte ich meine Augen. „Tut mir leid. Ich hatte viel zu tun. Was wolltest du denn?“ empört schnappte sie nach Luft. „Ich wollte dich fragen, ob wir jetzt in die Bar gehen.“ „Wann denn?“ „Gott, Nathalie!“ fuhr sie mich beleidigt an. „Heute Abend. Du hast gesagt, dass du mir deswegen noch schreibst.“ das hatte ich wirklich vergessen, aber übel nehmen konnte sie es mir aber nicht. Sie wusste, wie anstrengend es sein konnte in einem Krankenhaus zu arbeiten.

Nathalie - Leben und LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt