Quarante-neuf

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Nachdem Coco mich getröstet und ich mich ein wenig beruhigt hatte, half sie mir dabei mein Leben wieder irgendwie auf die Reihe zu kriegen. Sie schickte mich unter die Dusche und half mir dann den gesamten Samstag dabei, meine Wohnung aufzuräumen und den ganzen Müll auszumisten, der sich angehäuft hatte.

Es tat gut das Chaos um mich herum zu beseitigen, auch wenn das Chaos in meinem Inneren immer noch da war und mich in Schach hielt. Aber Cocos Anwesenheit ermöglichte es mir, durchzuatmen und einen Teil der Last, die auf meinen Schultern ruhte, loszuwerden. Als ich sie sonntags abends zur Bahn brachte, hätte ich heulen können, weil ich Angst davor hatte wie es sein würde, wenn ich wieder allein wäre.

Als ob sie genau wüsste, was mir durch den Kopf ging, zog meine Schwester mich in eine Umarmung und hielt mich so lange fest bis ich mich von ihr löste.

"Wenn irgendwas ist, kannst du mich anrufen Lou, wie immer. Und wir sehen uns ja schon nächstes Wochenende wieder."

Sofort entfuhr mir ein halb genervtes, halb gequältes Seufzen.

"Ich bin echt nicht in Feierlaune, Coco."

"Das ist mir egal, es ist dein Geburtstag und den werden wir feiern. Du musst mal wieder raus aus deinem Alltag und deiner Wohnung, da eignet sich Metz doch perfekt. Und außerdem können wir dann zusammen Babysachen shoppen gehen."

Der letzte Satz brachte mich dann doch ein wenig zum lächeln und ich seufzte kapitulierend.

"Okay okay, du hast gewonnen. Ich komme am Freitag direkt von der Arbeit aus, es wird niemanden stören, wenn ich mal eine Stunde früher Feierabend mache."

"Vor allem, weil du sowieso immer Überstunden machst und diese letzte Stunde am Freitag quasi schon eine zu viel ist", erwiderte Coco, was ich mit einem leicht amüsierten Nicken bestätigte.

"Stimmt. Also, wir sehen uns am Freitag. Und du schreibst mir, wenn du nachher gut zu Hause angekommen bist, ja?"

"Klar, ich bin ja nicht wie du und ignoriere meine Schwester so lange bis sie sich ernsthafte Sorgen um mich macht", antwortete Coco ironisch, was mir ein leises Seufzen entlockte.

"Du weißt, dass mir das Leid tut."

"Ja, weiß ich. Und du weißt, dass ich das nicht böse gemeint hab."

In diesem Moment fuhr der Zug in den Bahnhof ein und ich zog meine Schwester sofort wieder in meine Arme.

"Ich hab dich lieb Große. Danke für alles."

"Ich hab dich auch lieb. Pass gut auf dich auf Lou."

"Mach ich", nuschelte ich in ihre Haare, dann lösten wir uns voneinander und ich beobachtete, wie Coco in den Zug stieg und wenige Augenblicke später davonfuhr.

Sofort spürte ich wieder diese Leere, aber ich schüttelte entschlossen den Kopf, um sie zu vertreiben. Ich würde den Teufel tun und jetzt direkt wieder in das Loch zurückfallen, aus dem Coco mich gerade gezogen hatte.

Einen Augenblick lang schaute ich dem Zug hinterher bis er vollständig aus meinem Sichtfeld verschwunden war, dann drehte ich mich um und lief zurück zu meiner Wohnung, die dank Cocos Besuch wieder sauber und ordentlich war, sodass ich mir nicht mehr schäbig vorkam, wenn ich mich darin befand.

Ich wollte mich gerade mit meinem Laptop aufs Sofa setzen und ein bisschen was für die Arbeit erledigen, als mich das Klingeln meines Handys davon abhielt. Ein Blick aufs Display verriet mir, dass es Esteban war, der gerade versuchte mich anzurufen und ich begann automatisch ein wenig zu lächeln.

"Hey", begrüßte ich ihn, sobald ich den Anruf entgegengenommen hatte.

"Hi. Ich wollte... mich mal erkundigen, wie deine erste Arbeitswoche gelaufen ist", antwortete mein Kindheitsfreund zögerlich, was mich verwirrt die Augenbrauen zusammenziehen ließ.

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt