Feelings (Klaas)

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Klaas erwachte am Mittwoch morgen nicht sehr angenehm. Wie auch - mit weniger als sechs Stunden Schlaf und seiner angeknacksten Stimmung von gestern Abend war es ein Wunder, dass er überhaupt schon wach war.

Es war viel zu früh für seinen normalen Start in den Tag. Die Welt stand gefühlt still. Kein Mucks war zu hören, außer das gelegentliche Rascheln von Klaas' Bettdecke, immer wenn er sich drehte und wendete in seinem Bett, um irgendwie eine gemütliche Position zu finden in der er wieder einschlafen konnte. Wenigstens zwei Stunden mussten drin sein, damit er tagsüber nicht noch unerträglicher sein würde, als es jetzt schon feststand.

Die Decke anstarrend überlegte er, wie er jetzt weitermachen sollte. Nachdem ihm gestern wieder eingefallen war, dass er heute bei WSMDS einen Auftritt hatte, konnte er seine Pläne den ganzen Tag im Bett zu verbringen und seine Termine abzusagen verwerfen - Klaas hatte zwar noch nie irgendwas abgesagt, egal wie dreckig es ihm ging, also wäre es ihm vermutlich vergeben worden. Denn das war eine Ausnahmesituation.

Allein Joko hatte die Macht Klaas zum glücklichsten Mensch der Welt zu machen, allerdings galt das eben auch umgekehrt und das gefiel Klaas gar nicht. Er fühlte sich so machtlos dabei. Als würde sein Körper nicht ihm gehören und gegen ihn arbeiten, wenn Joko ihn ansah. Oder anlächelte. Oder berührte. Oder -

Er schüttelte frustriert den Kopf. Wie hatte er sich nur so in die Scheiße reinreiten können?
Klaas wusste nicht mal, wann das alles überhaupt angefangen hatte. Diese Gefühle.
Für Jo- Nein. Neinneinnein.

Nicht weiter drüber nachdenken, dann würde es aufhören. Das hoffte Klaas zumindest.
Aber immer und immer wieder spielten sich die Ereignisse vom vorherigen Tag in seinem Kopf ab.

Joko, der ihm per SMS kurz vorher versprochen hatte zu kommen.
Joko, auf den er das ganze Konzert lang gewartet hatte.
Joko. Der nicht erschienen war.

Joko, Joko, war das verdammt noch mal das einzige Wort was sein Gehirn mittlerweile noch kannte?

Wut blubberte in seiner Magengegend. Schnürte ihm die Kehle zu und zwang ihn zu ungleichmäßigem Atmen.
War er sauer auf Joko? Auf sich selbst? Auf die Welt?

Klaas raufte sich die Haare. Ablenken. Er musste sich doch irgendwie ablenken können?! Sonst erlitt er noch einen Herzinfarkt in seinen jungen Jahren!

Verzweifelt griff er nach seinem Handy. Ob das wohl so eine gute Idee war? Es wäre doch so einfach, Joko jetzt anzurufen. Ihn aus dem Schlaf reißen, den ihm dieser seit Monaten schon raubte. Ihm die Meinung zu sagen. An sein gebrochenes Versprechen zu erinnern. Ihm zu sagen, wie sehr er es sich gewünscht hatte, mit ihm das Konzert anzusehen.
Ihm zu sagen, dass er ihn so umbedingt an seiner Seite brauchte. Die ganze Zeit über. Immer.

Klaas konnte das alles nicht mehr. Es war so anstrengend, allen was vorzumachen.
So zu tun, als wäre Joko nicht mehr für ihn als sein bester Freund. Sein Kollege.

Aber vor allem sich selber etwas einzureden, wovon er genau wusste, dass es nicht stimmt, machte ihn absolut fertig.

Es war aber der einzige Weg mit der Situation umzugehen.
Der einzig richtige. Er konnte- nein, er durfte nicht alles zerstören, was sie sich gemeinsam über die Jahre mühsam aufgebaut hatten.

Er musste stark bleiben. Für Joko.

Solang dieser Vorsatz noch frisch war, entsperrte Klaas sein Handy und -
das erste, was er sah waren natürlich Nachrichten. Viele. Von Joko.
In denen er ihm erklärte, dass er es wirklich vergessen hatte und- trinken war mit Matthias...

Dafür wurde man natürlich gerne versetzt.

Der Chat war nur so überflutet mit Entschuldigungen seiten Jokos und Klaas merkte, wie sein Ärger auf Joko sich in Luft auflösen wollte.
Das war nämlich auch so eine Sache, die Klaas definitiv Angst bereitete - Joko könnte ihm wortwörtlich ein Bein brechen und er würde ihm dafür danken.

Stark sein. Erinnerte er sich. Lass es dir nicht anmerken, dass es dir so wichtig war.
Klaas antwortete also,
dass es in Ordnung wäre.
Joko brauchte sich keine Sorgen machen.
Es wäre toll gewesen, das Konzert.
Und dass sie sich die Band bestimmt bei einer anderen Gelegenheit angucken könnten.

Er versuchte auch, Joko ein paar mal anzurufen, natürlich um zu sehen, wie viele Schuldgefühle sich dieser machte - nicht primär deswegen, um seine Stimme zu hören..

Joko ging jedoch nicht dran.
Nach dem Abend gestern, brauchte der bestimmt ein paar Stunden Schlaf mehr, also lies es Klaas dann bleiben - nach dem vierten oder war es der siebte Versuch?

Der Funken Hoffnung, dass Joko genau wie er wegen dem ganzen Ereignis nicht schlafen konnte, erlosch.
Und brach sein Herz noch ein kleines Stück mehr entzwei.

Klaas' lonely danceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt