No Control (Klaas)

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Es war Punkt elf Uhr morgens – immernoch Mittwoch – als Klaas das Florida TV Gebäude verlies und Richtung des, in der Nähe liegenden, Edekas lief.

Nach Joko's spontanem Besuch vor ein paar Stunden, wusste er nicht so recht, wohin mit all den Emotionen, die er nun verspürte.

Hatte sich, nachdem er eine Weile abwesend aus dem Fenster gestarrt hatte - und von Jakob und Schmitti dafür aufgezogen wurde- dazu entschlossen, einen kleinen Spaziergang auf die andere Straßenseite zu machen oder besser gesagt, sich etwas zu essen zu holen.

Heute Morgen hatte er zwar zusammen mit Joko gefrühstückt, trotzdem hatte er nicht wirklich etwas runterbekommen.
Es war so anstrengend in Joko's Nähe zu sein. Er durfte sich seine Gefühle nicht anmerken lassen, obwohl er ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre, als er ihn vor seiner Tür hat stehen sehen.

Dass er am gestrigen Abend sitzen gelassen wurde - diese Tatsache war für ihn vergeben und vergessen, als Joko sich bei ihm persönlich entschuldigte und sich dabei so sehr schämte, dass er ihm nicht einmal in die Augen gucken konnte.

Klaas war froh darüber.
Nicht darüber, dass die ganze Situation für Joko offensichtlich peinlich und unangenehm war – okay, ein kleines bisschen hatte er es verdient sich so zu fühlen, immerhin hatte Klaas gestern wie ein Vollidiot auf ihn gewartet, anstatt das Konzert zu genießen – nein, eigentlich war Klaas erleichtert, denn Joko's Verhalten nahm ihm die Last, dass nur ihm allein das Konzert so wichtig war, ab.

Ihnen bedeutete es zwar auf unterschiedliche Art und Weise etwas – für Joko war es halt ein Erlebnis mit seinem besten Freund und für Klaas, ja, für Klaas war es eben mehr als das-
Aber mit diesem Fakt wollte Klaas sich nicht weiter auseinandersetzen.

Generell über den gemeinsamen Morgen mit Joko nachdenken, das durfte er seinem psychischen und physischen Wohlbefinden nicht antun.

Er konnte jedoch nicht anders, als sich ständig an den Moment zurückzuerinnern, als sie sich beim Frühstücken gegenüber saßen – Klaas immernoch in seinem Schlafanzug (beziehungsweise in Jokos Tshirt(!) und seiner Schlafhose) und Joko, der sich nun auch bloß noch in seiner Jeans und einem schwarzen Shirt befand, nachdem er Klaas seine Jacke und seinen Pulli gegeben hatte.

Er spürte jetzt noch die Hitze, die sich zu dem Zeitpunkt in seinem Körper ausbreitete, als er vergebens versucht hatte, Joko's intensive Blicke zu ignorieren.
Vielleicht hatte er sich diese aber auch nur eingebildet. Nein, ganz sicher hatte er das. Er brauchte ganz dringend einen Realitätscheck. Joko hatte ihn einfach angesehen, wie man das halt macht, bei einer normalen Konversation mit seinem besten Freund.

Das, was er sich auf jeden Fall nicht eingebildet hatte, war der Augenblick – Klaas hatte wirklich gehofft und gebetet, dass er es nicht bemerken würde – in dem Joko leider dann doch festgestellt hatte, dass Klaas Tshirt (also sein eigenes Tshirt!) ihm sehr bekannt vorkam.
Zu sagen, dass Klaas diese Situation gut zu überspielen wusste, wäre fehl am Platz.
Die einzige Möglichkeit, dass Joko sein dezent rotes Gesicht nicht wahrgenommen hat, wäre die, bei der er plötzlich eine Rot-Grün-Schwäche entwickelt hätte.

Jedenfalls nahm Joko es mit Humor, sagte sogar scherzhaft, wie gut Klaas doch aussehen würde, wenn er seine Sachen träge –
Wie Klaas das überlebt hatte, wusste er selbst nicht.
Es löste die unterschiedlichsten Reaktionen bei ihm aus - solche Worte von Joko zu hören war für ihn zwar nicht das erste Mal in seinem Leben, sie hatten schon öfters ähnliche Späße gemacht, aber es war das erste Mal, dass die Sache ihn nicht ganz kalt lies.

Klaas schüttelte seinen Kopf.
Wieso dachte er über sowas nach, während er im Edeka zwischen Kühlregalen stand und nach einem Smoothie suchte?
Wieso dachte er überhaupt darüber nach, was es mit ihm machte, wenn Joko ihm Komplimente gab oder wenn er ihn lobte?

Wieso hätte Joko nicht einfach zu dem scheiß Konzert kommen können?
Dann wäre sich Klaas seiner Gefühle nicht so explizit bewusst geworden.

Aber nein, hier stand er nun, an der Kasse, sich nach seinem jahrelangen besten Freund sehnend. Und nicht auf die Art, auf die man sich nach seinem besten Freund normalerweise sehnen sollte.

Es war ein großer Fehler zu glauben, mit seinen Gedanken allein zu sein, wäre die bessere Alternative zu Jakob und Schmittis nervenden Kommentaren.
Also begab sich Klaas schnellstens auf den Rückweg.

Vor dem Edeka standen allerdings ein paar Menschen, die ihn erkannten und nach Fotos fragten. Das war nicht ganz die Ablenkung, die Klaas gerade im Sinn hatte, aber immerhin konnte er damit ein paar Leuten eine kleine Freude bereiten. So setzte er sein schönstes Lächeln auf, posierte für die Fotos und lief anschließend weiter zum Florida TV Gebäude.

Der Tag fühlte sich jetzt schon ewig lang an, dabei war es nicht einmal Mittag.

Klaas' lonely danceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt