Turn back time (Joko)

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Für einen Moment dachte Joko, dass Klaas ihm die Tür vor der Nase zuschlagen würde.
Überlegte schon, wie er reagieren sollte oder eher gesagt, ob er das jemals verarbeiten könnte...
Klaas stand aber bloß da und guckte ihn regungslos an – als wäre er versteinert.

Dann, nach einer langen, unangenehmen Stille (was nur sehr, sehr, sehr selten zwischen den beiden vorkam), fragte er schließlich: „Was machst du hier?"

Joko setzte sich sofort in Bewegung, aus Angst davor, doch noch eine Tür in seinem Gesicht zu verspüren.
Mit beschwichtigenden Handbewegungen näherte er sich Klaas.
„Klaas, es tut mir leid."
Dieser wich allerdings ein paar Schritte zurück, nicht ungewöhnlich für ihn – trotzdem merkte Joko wie sein Herz ein wenig in seine Hose rutschte.

Also blieb er stehen, nicht so nah, wie er gerne bei Klaas gewesen wäre, aber auch nicht zu weit weg.
„Ich weiß wirklich nicht, was da gestern in meinem Gehirn abging..."
Er kam kurz ins Stottern, als er wieder in Klaas' Gesicht schaute.

Wieso konnte er nicht erkennen, was sein Gegenüber fühlte?
Normalerweise waren sie doch ein Herz und eine Seele.
Erst, seitdem Joko's Gefühle verrücktspielten, schien es nicht mehr so einfach zu sein, wie es einmal war.

„Ich- kann mich nur entschuldigen bei dir, Klaas. Die Sache ist nicht schön zu reden. Ich hätte da sein sollen. Bei dir. Nicht bei Matthias in irgendeiner Kneipe. Es tut mir einfach unglaublich leid. "

Nicht mal in die Augen gucken konnte er ihm dabei. Die Entschuldigung hätte auch ein zweijähriges Kind besser hinbekommen.
Joko wollte nichts lieber, als im Erdboden zu versinken, so sehr schämte er sich für sein Verhalten.

Die Augen nun wieder auf den Boden gerichtet, erwartete er Klaas' Reaktion.
Als ein paar Sekunden vergangen waren – die sich anfühlten wie eine Ewigkeit – und
immernoch nichts passierte, hob er wieder seinen Kopf.

„Jetzt sag doch bitte was, Klausi."

Es verstrichen noch weitere schweigsame Momente - Joko könnte schwören, wenn jetzt jemand nachmessen würde, würde man einen 180er Puls bei ihm feststellen – dann, endlich, gestikulierte Klaas ihm, ins Haus zu folgen.

Joko tat dies natürlich auf der Stelle, erleichtert und ein wenig ermutigter.

Sie liefen zusammen - hintereinander, ins Wohnzimmer, dass seltsamerweise viel zu sauber und ordentlich war, als er es von Klaas gewohnt war.
Auch die Wäsche war in einer Ecke des Raums frisch zusammengefaltet, wie es schien.
Ein freiwillig putzender Klaas war auf keinen Fall ein beruhigendes Zeichen.

„Ich hab' dir doch geschrieben, dass alles in Ordnung ist. Ich bin nicht sauer auf dich."

Joko zuckte zusammen, als er Klaas sprechen hörte.
Seine Stimme besänftige aber auch gleichzeitig sein wild schlagendes Herz und seine
Nervosität, die seit ein paar Stunden nun schon ein stetiger Begleiter war.

„Klaas. Ich bitte dich. Ich kenn dich doch."
Die Tatsache, dass er weiterhin nicht den geringsten Plan hatte, was der andere wirklich von der ganzen Situation dachte, machte diesen Satz auszusprechen nur ein ganz kleines bisschen komplizierter.

„Gut. Ich- war vielleicht anfangs verwundert, oder verärgert -keine Ahnung, dass du nicht da warst. Ist doch aber kein großes Ding, lass uns die Sache vergessen."
Klaas schaute überall hin, nur nicht in seine Augen. Das konnte Joko dann doch deuten.
Ihm wurde gerade eindeutig nicht die ganze Wahrheit erzählt.

„Klausi, bitte-"

„Joko. Es lässt sich jetzt auch nichts mehr an der Situation verändern.
Du hast dich entschuldigt, ich verzeihe dir und fertig."
Ungläubig starrte Joko Klaas an. Das konnte doch nicht alles gewesen sein?

Ihm fiel zwar auch ein Stein vom Herzen bei den Worten ‚Ich verzeihe dir', trotzdem lief
gerade irgendwas gewaltig aus dem Ruder. Oder war Klaas etwa wirklich nicht sauer? Hatte Joko einfach mehr in die Situation reininterpretiert als sie zu bedeuten hatte?
Wieso verdammt noch mal fühlte es sich so an, als würden die beiden die ganze Zeit aneinander vorbeireden?

„Hast du Hunger? Du hast doch bestimmt noch nichts gegessen, oder?"

Das Gespräch war für Klaas also beendet. Perfekt. So viel zu ihrer ausgewogenen Kommunikation.

Joko schüttelte langsam seinen Kopf. Es war zum Verzweifeln, das Ganze. Alles. Seine Gefühle ließen ihn jämmerlich verzweifeln. Allein.

Er hatte noch mit niemanden darüber gesprochen – über Klaas.
Nicht einmal Matthias wusste davon.
Solange nämlich diese Gedanken und Gefühle nur in Joko's Kopf – in Joko's Herz herumschwirrten, solange war es noch keine Realität, mit der er sich befassen musste.

Obwohl, wen wollte er hier verarschen? Es war längst an der Zeit, längst überfällig, sich in irgendeiner Weise mit seinen Gefühlen zu beschäftigen.
Joko brauchte ganz dringend Klarheit.
Sonst würde er noch verrückt werden.

Klaas' lonely danceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt