Kapitel 20

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Vito
Escape the Fate - Something

Ich habe Alessa. Dieser Satz war alles was in meinem Kopf war. Sie ist bei Luca, bei meinem Bruder. In Sicherheit. Gott, meine Verzweiflung war schon fast greifbar. Sie waberte im Auto zwischen uns. Es fühlte sich an als würde dieses Gefühl direkt auf Alec übergehen. Wie zur Hölle kann das sein? Wie kann Alessa bei Luca sein? WAs hat er mit den Rosas zu schaffen?

Die Fragen wirbelten in meinem Kopf und ich konnte sie kaum sortieren. Mein oberstes Ziel war es einfach sie zu sehen. Zu sehen, dass es ihr gut geht. Alec murmelt neben mir vor sich hin. Stellt sich die selben Fragen, die unaufhörlich durch meinen Kopf schießen. „Wir sollten uns darauf einstellen Luca außer Landes zu schaffen wenn er wirklich bei den Rosas in der Schuld steht." wendete sich Alec mir zu. Meine Finger am Lenkrad verkrampften sich. Ja das sollten wir. Aber das wäre dann das Ende von dem was wir uns für Luca wünschen und aufgebaut haben. Dann hätten wir versagt. Der letzte Wille unserer Mam war es, dass wir uns gut um Luca, um einander kümmern. Auf ihn aufpassen und einander schützen.

Wütend biss ich meine Zähne zusammen. Wütend auf mich. Warum hab ich es von Beginn an nicht unterbunden. Selbst wenn wir eine Schlammschlacht mit diesem kleinen Bastard Gulian gehabt hätten, die kleine hätte nicht in seine Nähe gedurft. Dabei kann ich noch nicht mal benennen was das mit uns ist.

Ich kenne sie quasi nicht, sie ist ängstlich aber bei Gott sie ist auch stark. Wie sie ihr Kinn hebt um ihrem Gegenüber in die Augen zu blicken egal wie hart diese Begegnungen auch sind. Ihr Selbstwert fasziniert mich. Und sie. Ihre Ausstrahlung, sie ist einfach schön. Die helle Porzellan Haut, die grünen Katzenaugen und ihr Körper. Ich will sie einfach beschützen.

Sie sollte in ihrem Alter nicht Angst vor jedem Männlichen Wesen in ihrer Nähe haben. Sie sollte sowas nicht erfahren müssen, was ihr passiert ist. Und trotzdem habe ich sie und noch viel schlimmer meinen Bruder in Gefahr gebracht.

„Ich habe versprochen sie zu beschützen!" wiederhole ich mich. Ekel und Verzweiflung überrollen mich. Alec's Kopf ruckt zu mir. „Ich auch!" sagt er dann rau. „Und wir haben alles in unserer Macht stehende getan. Luca hat alles für sie gegeben!" Wut spricht aus seiner Stimme. „Ich bin nicht bereit Lucas leben für ihres zu geben!" sagt er und meine Hände verkrampfen sich um das Lenkrad. Würde ich das Leben von Luca für ihres geben. Nein. „Niemand hat das von Luca verlangt! Wir wissen nicht mal was das alles soll!" verteidige ich sie „Sie wurde geschlagen und gedemütigt und wir standen einfach nur dabei weil wir diesen beschissen Deal durchziehen wollten! Wen trifft also die meiste Schuld?" blaffe ich ihn an. Mein Bruder schaut stur nach vorne. Er antwortet ganz ruhig was seinen gefühlsmix aus Wut, Aggession, Schuldzuweisung und sorge nur noch greifbarer macht. „Dieser wie du ihn nennst „beschissener Deal" sorgt für unser Einkommen Vito! Wir hätten unser Gesicht verloren und hätten eine große Angriffsfläche für unsere Feinde geboten! Das würde Luca und alles was wir aufgebaut haben in Gefahr bringen! Ist es das was du willst? Für eine Frau, die du gerade mal 24 Stunden kennst?"

Ich antwortete darauf nicht. Ich weiß, dass ich zu übersprungshandlung neige. Aber ich habe nicht mit Lucas Handlung gerechnet. Ich habe es ihm weder befohlen noch von ihm verlangt! Und verflucht, wer weiß was ohne ihn passiert wäre. Wie es ausgegangen wäre. Also schweige ich und drücke das Gaspedal durch. Alec ist klug genug nichts mehr zu erwidern.

Keine 5 Minuten später biege ich endlich durch das große Tor auf unserer Zuhause ab. Der große Vorhof ist leer, kein einziges Auto steht hier. Das Tor hinter uns schließt automatisch.
Ich liebe dieses Haus in dem wir aufgewachsen sind, die roten Kacheln wirken einladend, die zwei weißen Säulen vor dem Haus verleihen dem ganzen einen edelen Touch. Heute habe ich keinen einzigen Blick für die Schönheit, spure kein vertrautes Ziehen des vermissens wie sonst immer. Alles in mir sehnt sich nur danach Alessa zu sehen.

Die Tür wird in dem Moment geöffnet als ich die zwei Stufen vor dem Haus betrete. Ich stürme durch die Tür ohne Ani zu beachten. Alec folgt mir auf dem Fuß. Im Foyer vor der breiten Treppe bleibe ich stehen. „Wo ist sie?!" brülle ich und suche Luca mit meinen Blicken. „Oben im grauen Zimmer." kommt es von Ani, die irgendwo hinter uns stehen muss.

Ich stürme die Treppe nach oben. Unser Haus hat viele Zimmer. Wir haben welche für das Personal, jedem von uns und Mums Atelier. Und dann gibt es noch die Gästezimmer. Auch davon eine Menge. Um sie besser auseinander halten zu können hat Mum damals vorgeschlagen sie alle in anderen Farben zu streichen um sie sowohl für die Gäste als auch für uns besser auseinander halten zu können. Dad war damals zwar nicht begeistert aber er hat Mum jeden Wunsch von den Lippen abgelesen.

Damals waren sie regelmäßig für Besucher vorbereitet gewesen und unser Haus immer mit leben gefüllt. Heute erinnert nur noch Ani, Mums liebevoll arrangierte Deko von damals und das Haus an sich an die einst mit Leben und Freude gefüllten Räume.

Ich reiße die Tür mit so viel Kraft auf, dass sie fast aus den Angeln fliegt. In dem großen Bett liegt sie. Ihre Haut von Schmutzübersäht aber fast so hell wie das weiße Kissen, ihre Haare ergießen sich wie rotes Blut über das Kissen. Ihre Augen sind geschlossen. Luca und Doc stehen an ihrem Bett. „Wie geht es ihr?" frage ich panisch an Cara gewandt. Sie ist Ärztin, jünger als ich aber seit Alec sie kennen gelernt hat, arbeitet sie für uns. Bis heute ist mir nicht ganz klar wo er sie eigentlich aufgegabelt hat.

Cara wirft mir einen Blick zu, der mich streng daran erinnert hier nicht so einen Lärm zu veranstalten. „Es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Sie hat bis auf die Prellmarken, einige abschürfungen und eine Brand Verletzung am Oberkörper." „Wo?" Falle ich ihr ins Wort. Für Höflichkeit habe ich weder Zeit noch Nerven. Cara scheint dies zu bemerken und tut zum Glück was ich will. Sie schlägt die Decke zurück. Alessa trägt noch immer mein weißes Tshirt. Cara schlägt es hoch und entblößt eine Kompresse. Als sie diese mit einer Pinzette anhebt entdecke ich, das Brandmal der Zigarette. Es sitzt direkt unter der linken Brust direkt auf einer ihrer Rippen. Die Haut rund um das Mal ich rot, dick und geschwollen während das Brandmal selbst an den äußeren Rändern tief rot und innen weißbelegt ist. Neben dem Mal sieht man links und rechts viele weitere ähnlich große Narben. Mit den Finger spitzen berühre ich die Narben außerhalb ihrer Wunde.

Wut verteilt sich in meinem Körper wie Lava die alles tötet was ihr in den Weg kommt. Es sind unzählige Narben. Wie oft hat er sie dieser Folter schon ausgesetzt? „Das war nicht das erste mal." stellt jetzt auch Alec fest. Seiner Stimme ist keine Emotion anzumerken aber auch seine Augen haben sich merklich verdunkelt. Cara tunkt die Kompresse in eine Flüssigkeit, legt sie wieder auf die Wunde, und deckt Alessa wieder zu. „Ich habe ihr ein starkes Beruhigungs- und Schlafmittel gegeben. Sie wird noch mindestens 24 Stunden nicht aufwachen. Ich werde morgen früh wieder kommen. Bis dahin muss alle 4 Stunden die Kompresse gewechselt werden." Luca reagiert als erster. Er nickt, bedankt sich bei Cara und verspricht die Verbandswechsel zu übernehmen. Cara blickt Alec und mir noch einmal in die Augen bevor sie geht.

Als endlich hinter ihr die Tür ins Schloss gefallen ist trete ich näher ans Bett, beuge mich über Alessa und streiche ihr Haare aus dem Gesicht. Auch ihr Gesicht ist geschwollen und der Faustabdruck dieses Bastards zeigt einen tiefblauen Abdruck, der sich bis zu ihrem linken Ohr hochzieht. Ich schlage die Decke etwas zurück, betrachte die blauen Flecken an ihrem Oberarmen wo er sie gepackt hat. Die Würgemale am Hals. Und wieder überrollt mich eine Welle an Schuldgefühle . Vorsichtig decke ich sie wieder zu, dabei streift meine Hand vorsichtig ihre Schulter und meine Fingerspitzen fahren wie von selbst mal von ihrem Kinn, über die Wange bis zu ihrer Schläfe.

Alec hinter mir räuspert sich und als hätte ich mich verbrannt, lasse ich ruckartig von ihr ab. Ich habe meine Brüder für einen Moment komplett ausgeblendet.

„Nun zu dir!" sagt Alec an Luca gerichtet. „Was hat das alles hier zu bedeuteten?"

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