Noch auf dem Weg nach oben dachte Martina: "Ich glaube hier lässt es sich schon aushalten." Im Sekretariat angekommen wurden sie von der Schulleiterin, die gleichzeitig Oberin des Klosters war, empfangen. Groß, ernst und ehrwürdig saß sie hinter einem Eichenholzschreibtisch aus dem letzten Jahrhundert. Bei diesem Anblick wurde Martina etwas mulmig zumute, aber die freundliche Redensart von Schwester Barbara ließ Martina alle Angst vergessen. "Gleich wird die Hausmutter da sein, sie zeigt dir dann dein Zimmer, dass du mit zwei anderen Mädchen teilen wirst. Abendessen gibt es um sieben im Speisesaal, bis dahin hast du noch Zeit zum Auspacken und kannst dich ein wenig umsehen" Kurze Zeit später klopfte es und die Hausmutter trat ein. Nun hieß es für Martina Abschied nehmen. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Einerseits freute sie sich darauf, immer mit anderen Mädchen zusammen zu sein, andererseits vermisste sie ihr Zuhause jetzt schon. Das apricotfarbene Haus, den Garten, ihr Zimmer, den Kater Max und ihre Familie. Ein wenig später stand Martina am Fenster und sah dem davonfahrenden Auto nach.
"Komm, ich zeige dir jetzt dein Zimmer. Es liegt wie alle anderen ganz oben unterm Dach", die Hausmutter war hinter Martina getreten, um sie von ihren trübe Gedanken loszureißen, die alle bekamen, die zum ersten Mal hierher kamen, im ersten Moment ganz allein ohne Familie. Das Gepäck mussten sie noch von der Pforte holen, was aber kein Problem war, da es einen Aufzug bis hinauf unters Dach gab, um solche Dinge zu erleichtern. Oben angekommen, hatte man durch ein Fenster einen wundervollen Blick über den Bodensee, der in der Abendsonne glitzerte. Links ging es in einen scheinbar unendlich langen Gang hinein, von dem links und rechts Türen abzweigten, die in die Zimmer führten. Hier oben herrschte schon reges Treiben, denn Martina war nicht die einzige, die heute schon angekommen war. Türen schlugen, Mädchen riefen, Schränke wurden auf- und zugemacht. Mädchen vollgepackt mit Bettwäsche und Handtüchern oder leeren Koffern liefen die Gänge auf und ab. Vor dem Zimmer mit der Nummer D 06 blieb die Hausmutter stehen:" Das ist dein Zimmer, Martina. Du wirst des mit Katharina und Daniela teilen, die beiden gehen in die gleiche Klasse wie du. Ihr werde euch sicher schnell anfreunden", nachdem sie das gesagt hatte, ging die Hausmutter weiter, um in den anderen Zimmern nach dem Rechten zu sehen. Unschlüssig blieb Martina vor der geschlossenen Tür stehen. Sollte sie klopfen oder einfach nur hineingehen? Schließlich entschied sie sich für klopfen, das sie dies höflicher empfand. Sogleich wurde die Tür von einem relativ großen, dünnen Mädchen geöffnet, dessen Haare glatt bis über die Schultern fiel. "Hallo! Du musst die Neue sein, komm rein. Ich bin Daniela. Und das da hinten ist Katharina" , sie zeigte auf ein Mädchen, dass auf einem Bett saß und gerade mit dem Inhalt ihres Koffers beschäftigt war. Jetzt stand auch Katharina auf, wobei Martina feststellte, dass diese noch etwas kleiner war als sie selbst. "Hallo! Du musst Martina sein. Das Bett über meinem ist noch frei. Ich hoffe es macht dir nichts aus oben zu schlafen", sagte Katharina mit freundlicher Stimme. "Nein, nein das macht mir nicht aus", antwortete Martina etwas überrumpelt von so einem freundlichen Empfang. Keiner hatte bemerkt, dass die Hausmutter bei ihrem Rundgang kurz an der offenen Tür stehen geblieben war, und dem Gespräch der Mädchen zugehört hatte. Diese drei werden gut zusammenpassen und mir wenig Sorgen bereiten, dachte sie befriedigt. Indessen hatte Martina begonnen ihre Sachen auszupacken und ihren Plüschelefanten auf ihr Bett zu befördern. Zuerst hatte sie gedacht, dass die anderen sie deswegen vielleicht auslachen würden, aber zu ihrer Verwunderung entdeckte sie auf Katharinas Bett einen schon in die Jahre gekommenen Löwen und bei Daniela einen weißen Plüschhund.
Auch Katharina und Daniela machten sich daran, ihre Sachen weiter auszupacken. Dabei erfuhr Martina, dass sich die beiden schon von ihrer früheren Schule kannten und ihre Eltern angebettelt hatten, auch auf dasselbe Internat gehen zu dürfen. Ebenso kamen beide aus Bayern, genau wie Martina. Nach einiger Zeit, als alle Sachen einigermaßen verstaut und die Koffer im Dachboden gelagert waren, meinte Katharina: "Bis zum Abendessen haben wir noch eine halbe Stunde, da könnten wir uns mal ein wenig umschauen." Daniela und Martina stimmten ihr zu. Wie sie dann das ganze Schulgebäude erkundeten, dachte Martina, wie oft werde ich mich hier noch verlaufen, bis ich weiß wo alles ist. Sie besichtigten die Turnhalle, den Sportplatz, die Schulküche und schließlich noch den Pausenhof, der auch einen eigenen kleinen Springbrunnen hatte. Als es zum Abendessen läutete mussten sie erst einmal überlege, wo sich denn der Speisesaal befand. Schließlich liefen sie einfach den anderen Mädchen hinterher und fanden sogar noch einen guten Platz. Bevor es allerdings endlich Essen gab, begrüßte Schwester Barbara noch einmal alle Schülerinnen und stellte die schon anwesenden Lehrerinnen und Lehrer vor. Anschließend wurde endlich das Abendessen aufgetragen, wo ein Raunen durch die Reihen ging, denn so ein Festessen gab es nur am ersten Abend. Das heutige Festessen bestand aus Schweinebraten, Knödeln und grünen Bohnen und hinterher Vanillepudding mit Himbeeren. Fast alle Platten und Schüsseln gingen an diesem Abend leer in die Küche zurück, sehr zur Freude der Köchin. Nach dem Abendessen hatte die Mädchen noch Freizeit bis um neun, um sich noch etwas zusammenzusetzten und bei den Neuen um sich näher kennen zu lernen. An diesem Abend gingen die meisten schon früh zu Bett, um für den ersten Schultag ausgeschlafen zu sein und um sich noch von der Reise zu erholen. Vor dem Einschlafen dachte Martina noch an Zuhause und wurde nun doch etwas traurig, denn es würde einige Zeit vergehen, bevor sie ihre Familie wieder sah. Ganz fest an ihren Plüschelefanten gekuschelt, schlief sie ein und träumte von den letzten Ferientagen, die sie zuhause verbracht hatte.
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Martina im Internat
Teen FictionMartina kommt in ein Internat am Bodensee, weit weg von Zuhause, zuerst weiß sie nicht, ob sie sich darüber freuen soll. Doch bald findet sie neue Freunde und erlebt mit ihnen kleine und große Abenteuer.