Die Lebkuchen schmeckten so richtig nach Weihnachten und erinnerten Martina wieder an zu Hause. Ihre Mama machte immer selbst welche, die dann wundervoll schmeckten. Da kam ihr die Idee, daheim anzurufen und zu fragen, ob ihre Mama ihr nicht welche schicken könnte. Die würde sie dann natürlich mit Katharina und Daniela teilen. Schon läutete es zum Ende der Pause und die Schülerinnen machten sich auf den Weg in ihre Klassenzimmer. Nun hatten sie Englisch bei Frau Obermüller, die die geschriebene Stegreifaufgabe zurück gab. In umgekehrter alphabetischer Reihenfolge, sodass Martina bis zum Schluss warten musste. Sie war schon so gespannt, was sie für eine Note haben würde. Endlich war sie an der Reihe. Verdeckt legte Frau Obermüller das Blatt auf den Tisch. Martina war so aufgeregt, als sie es umdrehte. Eine eins mit nur einem Fehler! Sie freute sich so, dass sie am liebsten Daniela und Katharina um den Hals gefallen wäre, aber damit musste sie bis zum Ende der Stunde warten. So grinste sie nur den Rest der Stunde und Katharina und Daniela freuten sich mit ihr. Nach der Stunde sprang Martina auf und fiel Katharina und Daniela um den Hals. Wenn sie heute Nachmittag zu Hause anrief, würden sich ihre Eltern ganz sicher auf freuen. Noch zwei Stunden Sport, dann war dieser Schultag fast wieder geschafft. Am Nachmittag fand wieder eine Theaterprobe, diesmal mit Kostümen statt. Gerade heute wollte Frau Meierl auch Noten machen, und zwar auf Geräteturnen. Das gefiel Martina ganz und gar nicht. Geräte turnen hatte sie schon immer gehasst, weil sie es nicht konnte und sich dann auch immer unmöglich anstellte, sodass sie schon manches Mal von ihren Mitschülerinnen ausgelacht worden war. Heute versuchte sie immer irgendwie am Ende der Schlange vor den Geräten zu bleiben, damit sie vielleicht vergessen wurde. Doch Frau Meierl hatte Adleraugen und kannte keine Gnade. Daniela und Katharina sprachen ihr Mut zu: "Los! Das schaffst du! Trau dich!" Um nicht wieder ausgelacht zu werden, strengte sich Martina besonders an. Tatsächlich schaffte sie es auch besser als sie erwartet hatte. Auch Frau Meierl war zufrieden und gab ihr schließlich eine drei. Damit konnte auch Martina leben. Erleichtert zog sie sich nach der Sportstunde mit den anderen um und ging zum Mittagessen. Heute hatte sich die Köchin zur Jahreszeit passend etwas einfallen lassen. Es gab einen deftigen Eintopf, Soljanka genannt, in dem war fast alles drin, was die letzten Tage übrig geblieben war. Danach gab es noch Eis mit heißen Himbeeren. Martina kannte das Gericht und ihr lief schon bei dem Duft das Wasser im Mund zusammen. Manche anderen rümpften die Nase, da sie es noch nie gegessen hatte. Auch Daniela und Katharina waren zunächst etwas skeptisch, aber dann schmeckte es ih-nen doch ganz gut. Nach dem Mittagessen gingen sie auf ihr Zimmer um noch Hausaufgaben zu machen, bevor die Thea-terprobe anfing. Martina ging noch schnell bei der Telefonzelle vorbei, um daheim anzurufen. Ihre Mama versprach ihr, gleich heute noch ein paar Lebkuchen und Plätzchen einzupacken und ihr ins Internat zu schicken. So würde Martina das Paket in zwei Tagen bekommen. Nun musste sie sich beeilen um die Hausaufgaben noch vor der Probe zu schaffen.
Zum Glück war es doch nicht so viel, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hatte, und so wurde Martina noch vor der Theaterprobe fertig. Fast alle hatten sich schon in der Turnhalle vor dem großen Kleiderständer versammelt, den Frau Pletz bereits vorbereitet hatte. Darauf hingen gelbe und braune Kutten für die Engelchen und Dornenbüsche und noch ein Gewand für die Maria. Die anderen Requisiten lagen daneben in einer Kiste. Zuerst musste noch festgestellt werden, welche Größe zu den Mädchen passte, nicht dass bei der Aufführung die Gewänder wie Kartoffelsäcke an ihnen hingen. Aber Frau Pletz hatte ein gutes Augenmaß und teilte jeder Schülerin das passende Kostüm zu. "Ein wenig müsst ihr die Gewänder noch ändern, das werdet ihr im Handarbeitsunterricht bei Frau Steindl machen, dann lernt ihr gleich, mit der Nähmaschine umzugehen", meinte die Lehrerin zu den Mädchen und sah entsetze Gesichter von denjenigen, die sich nichts aus Handarbeiten machten. Es war schwierig mit den Papierrosen in den Ärmeln die Treppen zur Bühne hinauf zu steigen, ohne dabei hinzufallen, da man die Kleider nicht hochhalten konnte. Schließlich klappte es und die Probe konnte beginnen. Mittlerweile konnten alle das Lied und den Text auswendig, sodass es nur noch wenige Verbesserungsvorschläge von Frau Pletz kamen. "Gut so! Wenn ihr es genauso bei der Vorstellung aufführt, werden alle begeistert sein! Jetzt genug für heute, genießt noch die freie Zeit bis zum Abendessen", lobte die Lehrerin ihre Schülerinnen am Ende der Probe. Die meisten machten sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum, um bis zum Abendessen zu lesen oder den Schal aus dem Handarbeitsunterricht eifrig weiter zu häkeln, da er bei vielen ein Weihnachtsgeschenk werden sollte. Martina war schon fast fertig und unterstützte Daniela und Katharina, die froh waren, dass Martina ihnen half. Draußen dämmerte es bereits und im Radio spielten Weihnachtslieder. Auf einmal schaltete jemand das Radio aus, nahm die Gitarre zur Hand und begann selbst zu singen und zu spielen. Es war Bianca, sie konnte wundervoll Gitarre spielen und singen. Bald stimmten alle mit ein und Katharina holte ihr Akkordeon hervor und übernahm die zweite Stimme. Schnell war ein ganzes Konzert im Gange und die Schülerinnen und Lehrer die am Gemeinschaftsraum vorbeigingen machten neugierig die Türe auf und schauten herein. Auch Frau Pletz war dabei, am Ende der spontan Aufführung meinte diese: "Wenn ihr Lust und auch noch so viel Zeit aufbringen könnt, dürft ihr dieses Jahr, bevor wir unser Theaterstück aufführen, noch zwei oder drei Lieder singen und spielen." Das traf bei allen auf große Zustimmung, jede war bereit, an den freien Nachmittagen noch ein wenig dafür zu proben, obwohl sie ja auch schon das Theaterstück aufführten. Natürlich mussten sie die Lehrer bitten, gnädig mit den Hausaufgaben und Arbeiten zu sein, damit genug Zeit zum Proben blieb. Aber das würde kurz vor Weihnachten sicher kein allzu großes Problem sein. Gleich am nächsten Morgen baten sie die Lehrer darum, in der Zeit bis zu den Ferien etwas sparsam mit Hausaufgaben und Arbeiten umzugehen. "Ich habe nichts dagegen, aber nach den Ferien müsst ihr dann umso fleißiger arbeiten." willigte Frau Obermül-ler in den Vorschlag der Mädchen ein. Auch die anderen Lehrer sagten ähnliches und waren einverstanden. Martina war richtig begeistert, dass einmal nicht die Schule sondern Theater und Musik Vorrang hatten, so etwas hatte sie an ihrer alten Schule nicht erlebt. Hier erlebte man auch den Teamgeist wenn alle zusammen probten, spielten, aßen oder was auch immer. Keiner war allein, alle waren wie eine große Familie. Natürlich gab es immer wieder kleine Streitereien zwischen einzelnen, die meist aber schnell beigelegt wurden. Nach zwei Tagen bekam Martina auch das ersehnte Paket mit den Lebkuchen und Plätzchen. Ihre Mama hatte auch einen kleinen Brief beigelegt:

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Martina im Internat
Teen FictionMartina kommt in ein Internat am Bodensee, weit weg von Zuhause, zuerst weiß sie nicht, ob sie sich darüber freuen soll. Doch bald findet sie neue Freunde und erlebt mit ihnen kleine und große Abenteuer.