2. Kapitel

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Joels POV

Das Pfefferminzbonbon in meinem Mund übertüncht den Gestank nach Tod und Chaos, der in der Luft hängt.

Innerhalb der Zone ist es zwar nicht so schlimm wie außerhalb, aber auch hier bemerke ich den Geruch. Er folgt mir auf Schritt und Tritt. Hat sich auf der ganzen Welt verteilt und sich auf sie gelegt wie eine schwere Decke, die ein Feuer versucht zu löschen. Und in diesem Fall ist die Menschheit das Feuer, das durch den Pilz zugrunde geht.

Ich lehne mich an eine Hauswand und beobachte den Platz vor mir, auf dem die Menschen wie Ameisen ihren Geschäften nachgehen.

Vor ein paar Stunden bin ich von meiner Schmugglertour zurückgekehrt. Als Belohnung durfte ich mir eine Knarre aussuchen. Auf dem Operationstisch lagen mindestens zwei Dutzend Handfeuerwaffen und ich habe mir die neueste Glock 17 ausgesucht, die noch am gepflegtesten aussah.

Das schwere Gewicht der Waffe ist mir so vertraut wie nichts anderes auf der Welt.

Vor 16 Jahren hätte ich nie geahnt, dass mich eine Glock so erfüllt. Aber scheiße, so ist es.

Ich genieße es, den Schaft der Pistole zu streicheln. In den schwarzen Abzug zu blicken und darin ein Spiegelbild meiner Zukunft zu sehen.

Das Gefühl mit dem Finger am Abzug ist berauschend.

Die Angst in den Gesichtern meiner Ziele zu sehen ist aufregend.

Das Licht in den Augen meiner Opfer erlöschen zu sehen ist befreiend.

Es verschafft mir Frieden, wenn ich den leicht verbrannten Geruch rieche, der nach jeder verschossenen Kugel aus dem Lauf kommt.

Und nichts beruhigt mich so sehr, wie nach der Tat mein Baby auseinander zu nehmen und zu säubern.

Als ich zum ersten Mal diese Grenze bewusst überschritten habe, wusste ich, dass ich danach nicht mehr zurück kann. Denn ich habe mich nie mächtiger und stärker gefühlt, als ich mich damals von den Fesseln der Menschlichkeit befreit habe.

Ich bin versunken in meinen Tagträumereien, als ich ungewöhnliche Bewegungen auf dem Platz wahrnehme. Die Menschenmenge teilt sich, um zwei Personen Platz zu machen.

Nikita, ein junger Soldat, der meiner Meinung nach noch zu weich für die harte Realität ist, marschiert zielsicher auf die Zentrale zu.

Ihm folgt ein junges Ding.

Und dieses Ding lässt mich fast zu Boden gehen.

Ich schaffe es nicht, meinen Blick von ihr abzuwenden.

Mir entgleitet jeder Scheiß, den ich bis eben noch kristallklar in meinen Gedanken hatte; was ich von Nikita halte, was ich heute noch zu tun habe.. Worte, zusammenhängende Gedanken. Alles weg.

Stattdessen pocht mein Herz mir bis zum Hals, als ich mich fühle, als hätte ich endlich meinen Sinn im Leben gefunden.

Ich fühle die Besessenheit dunkel in meiner Brust aufsteigen. Bösartig und gefährlich formen sich endlich wieder die ersten Worte in meinem Kopf: Dieses Mädchen gehört mir. Und ich werde verdammt nochmal nicht eher ruhen, bis sie mich anfleht, sie nie wieder gehen zu lassen.

Die Frau sieht aus wie die reinste Unschuld.

Das lässt die schwarze Wolke in mir nur noch heftiger pochen, sich noch weiter in jede Ecke, jeden Winkel meines Seins ausbreiten.

Zierlich und klein und mit Kurven, die kein Künstler jemals nachzeichnen könnte und makellos elfenbeinfarbener Haut.

Ihre langen braunen Haare hat sie zu einem geflochtenen Zopf gebunden, der ihr mit jedem Schritt auf den Rücken peitscht.

Und diese stechend grünen Augen, die an nichts anderes als an Gift erinnern, heben sich von ihren rosa Lippen ab. Lippen, die ich mir augenblicklich um meinen Schwanz vorstelle.

Ich habe meinen Füßen nicht befohlen, sich zu bewegen, aber ich nähere mich den beiden langsam.

Noch hat sie mich nicht bemerkt, und das soll für's Erste auch so bleiben, daher verschmelze ich gekonnt mit meiner Umgebung, mit den anderen umher wuselnden Menschen, bis uns nur noch ein paar wenige Meter trennen.

Ich sehe, dass sie mit Nikita spricht. Ich sehe ihr strahlendes Lächeln und wie Nikita davon sofort verzaubert wird.

Schäumende Wut sammelt sich in meinem kalten Herz, als er ihr die Hand auf den Rücken legt und sie die Treppen der Zentrale hoch führt.

Meine Muskeln spannen sich an, als hätte er mir direkt ins Gesicht geschlagen und sein dämliches Grinsen, als sie sich widerstandslos von ihm führen lässt, versetzt plötzlich auch mein Herz in Aufruhr.

Sieht ganz so aus, als wenn wir bald einen Soldaten weniger in unseren Reihen haben werden.

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