6. Kapitel

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Ich bin ausgeruht und lächle leicht, als ich die ersten Sonnenstrahlen des Tages auf meiner Haut spüre.

Das T-Shirt von meinem Ex, das ich ihn geklaut habe, weil Schlafanzüge ein Luxusgut sind, das man sich heutzutage nicht leisten kann, geht mir bis knapp über den Hintern. Es bedeutet mir nichts, aber es ist sehr bequem.

Wie schon am vergangenen Morgen steige ich schnell aus meinem Bett, weil ich ein seltsames Kribbeln in mir spüre.
Irgendetwas ist.. anders.

Und als ich in mein Wohnzimmer gehe, stockt mir der Atem.

Auf dem Couchtisch sind zwei Äpfel und ein Zettel.

Jemand muss in meiner Wohnung gewesen sein, während ich geschlafen habe, weil das alles gestern definitiv noch nicht hier war.

Sofort schießen mir die dunklen Augen von dem Mann ins Gedächtnis..

Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen.

Groß, braune Haare und braune Augen. Und grumpy.

War das gestern Joel?

Ich bekomme eine Gänsehaut, als ich meinen Blick langsam sinke, einen Apfel in die eine Hand und den Zettel in die andere Hand nehme, um die wenigen Worte zu lesen.

'Du gibst süße Töne von dir, während du schläfst, Engel.'

Ich verschlucke mich fast an meinem eigenen Speichel und mein Herz droht, mir aus der Brust zu springen.

Oh mein Gott.

Einem Instinkt folgend, tragen meine Füße mich plötzlich zu meinem Fenster. Ich löse meinen Blick widerstrebend von dem Zettel in meiner Hand und schaue stattdessen raus.

Und da steht er.

Als er mich ansieht, huscht ein Grinsen über seine Züge und er nickt mir kaum merklich zu, als würde er mich begrüßen.

Sein graues Hemd schmiegt sich an ihn und er hat die Ärmel ein Stück hochgekrempelt, sodass mir das kaputte Display seiner Uhr in dem Sonnenlicht in den Augen brennt.

Joel.

Ich weiß, dass das nicht normal ist.
Welcher wildfremde Mann bricht nachts in die Wohnung einer Frau ein und beobachtet sie beim schlafen? Und hinterlässt dann auch noch Hinweise, dass er da war? Er macht gar kein Geheimnis daraus.

Stattdessen steht er draußen, lässig an eine Wand gelehnt, und grinst provokant zu mir rauf.

Er wartet auf eine Reaktion, wird mir bewusst.

In meiner Brust toben die Gefühle wie ein Sturm und ich kann sie nicht sofort zuordnen. Aber am meisten spüre ich.. Aufregung. Nervenkitzel.

Das ist es, weswegen ich abgehauen bin.
Irgendeine Kraft hat mich zu Joel gebracht, weil er mir genau das geben kann, was ich brauche. Er lässt mich fühlen, dass ich am Leben bin. Dass jeder Tag mehr bedeuten kann, als der pure Überlebenskampf.

,,Scheiß drauf", murmle ich und beiße in den Apfel.

Ich halte den Blickkontakt mit ihm, als mir der süße Saft in den Mund schießt und ein bisschen auf den Boden tropft.

Er grinst breiter. Ein Grinsen so bösartig, dass ich sofort noch einen Bissen nehme.

Wir werden dieses Spiel spielen, und nur einer von uns wird gewinnen.

Oh Joel, ich werde dich zügeln oder mit dir ins Chaos stürzen.

Plötzlich stößt er sich von der Wand ab, unterbricht unseren Blickkontakt und läuft geradewegs auf das Haus zu.

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