11. Kapitel

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Heilige Scheiße.

Wie sind wir bloß in diese abgefuckte Lage geraten?

Achja.. Nach meinem 2-wöchigen Selbstverteidigungstraining mit Joel hat er wieder einen Auftrag bekommen..

,,Wir werden Munition schmuggeln. Von drinnen nach draußen. Es ist eigentlich eine sichere Sache", sagte er vor zwei Tagen nach unserem Training.
,,Eigentlich?"
Er zuckte kurz mit den Schultern ,,Ein paar Meilen außerhalb ist eine kleine Gruppe, die Munition braucht. Sie sind gute Leute - kämpfen Tag für Tag gegen die Infizierten und versuchen, unsere Gebiete zurückzuerobern."
,,Klingt zu gut, um wahr zu sein", murmelte ich.
,,Kann gut sein. Aber dieses Risiko geht man ein, wenn man schmuggelt. Man weiß nie, was einen wirklich erwartet." Joel musterte mich kurz. ,,Denkst du, du bist dafür bereit?"
Ich rang meine Unsicherheit und Angst nieder und atmete tief ein, ehe ich die Schultern straffte. ,,Ja."
Wir nahmen einen Schleichweg aus der Zone und schlüpften unbemerkt hinaus. Und dann marschierten wir zu dem Haus, in dem die Gruppe sich aufhielt und auf uns wartete.

Mit vor Schreck geweiteten Augen starre ich jetzt um die Ecke in ein kleines, unaufgeräumtes Zimmer.

An der gegenüberliegenden Wand stand bis eben gerade noch ein intaktes Regal, das jetzt völlig zerstört am Boden liegt, weil Joel von einen der Angreifer dagegen geschubst wurde.

Der Holztisch mitten im Raum ist entzwei gebrochen, weil Joel sich sofort gerächt hat und den Typen am Hals gepackt hat, um ihn dann auf dem Tisch zu werfen, als wäre er Abfall.

Was er auch ist, verdammte Scheiße.

Der Typ ist zwar durch den Aufprall ausgeknockt, aber er ist nicht alleine.
Zwei Kerle, die Joel weder in der Größe noch in der Breite nachstehen, haben ihn umzingelt.

Joel hält sich gut, er schafft es einige Schläge abzuwehren und selbst auszuteilen, aber er ist bereits außer Atem, hat eine Platzwunde auf der Stirn und noch immer den schweren Rucksack auf seinen Schultern.

Wir sind vor ein paar Minuten an dem Treffpunkt angekommen, um der Gruppe ihre Munition zu geben.

Joel sagte mir, er will das Haus kurz checken und ich solle draußen warten. Und das tat ich auch, bis ich lautes Gepolter hörte.

Die Leichen der Gruppenmitglieder liegen aufeinander gestapelt in einer Ecke des Zimmers. Sie scheinen noch nicht lange tot zu sein, weil der typisch süßliche Verwesungsgestank fehlt und sie noch recht.. frisch aussehen.

Ich zucke zusammen, als Joel einen heftigen Schlag in die Magengrube kassiert.

Die Bastarde haben ihn bereits entwaffnet und zücken dafür jetzt selbst ihre Messer.

,,Du bist keine Kugel wert", ruft einer der Männer und Joel schnaubt entrüstet.

Sein Blick streift kurz meinen und er schüttelt kaum merklich den Kopf; er bedeutet mir, nicht rauszukommen und mich zu verstecken. Ihn zurückzulassen.

Die Dämonen in mir erwachen, als hätten sie jahrelang auf diesen Moment gewartet. Sie bekämpfen jeden Fluchtinstinkt, lehnen sich gegen meine Panik auf, während meine Hände sich um meine Pistolen schließen und ich sie geräuschlos aus den Halterungen ziehe.

Ich werde Joel nicht zurücklassen.

Ich werde ihn auch nicht sterben lassen.

Und ich weiß, dass ich schnell sein muss.
Die Männer werden jeden Moment ihre Messer in Joels Fleisch stoßen.

,,Woher wusstet ihr von dem Auftrag?", hustet Joel leise und spuckt Blut auf den Boden. Er fixiert abwechselnd die beiden Männer und hält zwar noch die Arme abwehrend vor sich, aber er scheint selbst einzusehen, dass er als Unbewaffneter keine Chance hat.

Einer der Männer - der Rechte -, lacht spöttisch. ,,Die Idioten haben uns vor ein paar Tagen aufgenommen und uns davon erzählt. Sie dachten, wir könnten die Infizierten als eine große Armee angreifen."

Der andere Mann stimmt in sein dreckiges Lachen ein. ,,Diese leichtgläubigen Flachwichser. Kaum zu glauben, dass die so lange überlebt haben."

Ich entsichere die Pistolen so leise es geht und stelle mich in den Türrahmen. Da die Männer mit dem Rücken zu mir stehen, bemerken sie mich nicht.

,,Ihr seid illoyale Hurensöhne", stellt Joel völlig tonlos fest.

Er provoziert sie! Warum zur Hölle provoziert er sie auch noch?!

Ich habe keine Zeit mehr, über irgendetwas nachzudenken. Keine Zeit mehr, mir einen anderen Weg zu überlegen, ohne die beiden Männer zu töten.

Die Messer blitzen bedrohlich in ihren Händen und ich sehe schockiert, wie sich ihre Unterarme anspannen.

Plötzlich sehe ich alles in Zeitlupe, als wären die verstreichenden Sekunden Minuten.
Wie sich meine Arme heben, eine grade Linie bilden.
Wie sich die beiden Läufe meiner Pistolen auf jeweils einen Oberkörper der beiden richten.

Ich bilde mir ein, nicht einmal einen Widerstand zu spüren, als ich den Abzug drücke.
Und ich zucke auch nicht zusammen, als meine Schultern durch den Rückstoß erschüttert werden und mir fast mein Trommelfell platzt.

Die beiden Männer schreien und fallen auf die Knie, ihr Blut rinnt wie ein Fluss aus Leben aus den Löchern in ihren Körpern und sie versuchen, sich zu mir umzudrehen und ihre Knarren zu ziehen.

Doch Joel ist schneller.

Er zögert nicht und greift nach dem Handgelenk des rechten Mannes, der bereits seine Knarre gegriffen hat. Joel dreht ihm das Handgelenk so brutal rum, dass ich das Knacken und Knirschen der Knochen höre, als er ihm die Waffe abnimmt und gegen den Rücken tritt. Der Mann fällt wie ein Klotz auf den Bauch und krümmt sich vor Schmerzen, während seinem Freund eine Tirade an Beleidigungen über die aufgerissenen Lippen kommen.

,,Du scheiß Schlampe! Ihr werdet diesen Tag nicht überleben, ihr verfickten -"

Wie ein eiskalter Todesgott steht Joel über den beiden und lässt seinen Fuß unbarmherzig auf die Schusswunde des am Boden liegenden Mannes sausen.
Der markerschütternde Schrei verpasst mir eine Gänsehaut und übertönt die Beleidigungen des anderen Mannes und meine Aufmerksamkeit schwankt in dem Moment zu ihm, in dem er seine Waffe in die Hand nimmt.

Er kommt jedoch gar nicht erst dazu, sie auf mich zu richten, da schießt Joel ihm auch schon das Hirn aus dem Kopf.

,,Scheiße, Claire. Du hast mich wirklich gerettet", knurrt Joel leise und verlagert sein Gewicht noch mehr.

Das Jammern wird lauter, verwandelt sich in Flehen und Betteln, dass wir ihn verschonen sollen. Er liegt bereits in seiner eigenen Pfütze aus Blut und die Blutlache seines Freundes sickert langsam in seine Richtung.

Ich komme mir vor, als hätte ich meine Zunge verschluckt. Aber eine tiefe Zufriedenheit breitet sich in mir aus und in meinem Mund schmecke ich das köstliche Aroma der Rache.

Obwohl ich die Mörder meiner Eltern nicht umgebracht habe, fühle ich mich.. befreit von dieser Schuld.

Ich habe es geschafft, Joels Leben zu retten und es.. fühlt sich teuflisch gut an.

Und trotzdem scheint mein Gehirn noch nicht richtig zu arbeiten..

,,Mein Engel, stehst du unter Schock?", fragt er plötzlich und unsere Blicke begegnen sich.

Bevor ich ihm antworten kann, dass das nicht ganz abwegig ist, schießt er dem jammernden Etwas ebenfalls in den Kopf, lässt die Waffe auf seinen leblosen Körper fallen und überbrückt die paar Meter Distanz zwischen uns, um seine starken Arme beschützend um mich zu legen.

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