Joels POV
Nikita hat soeben sein Todesurteil unterschrieben.
In dem Moment, in dem sich der Gedanke in seinen Gedanken formte, sie zu küssen, hat er sein Schicksal besiegelt.
Ich bin mir sicher, dass selbst der kürzeste Kuss von ihr einen Tod wert ist, aber ich bin der Einzige, der dieses Risiko tragen darf.
Meine Lippen werden die einzigen Lippen sein, die ihre Haut berühren dürfen.
Claire.
Allein ihr Name lässt mein Herz rasen und mein Blut in andere Regionen wandern.
Sie wird mich schon bald anflehen, ihre Sehnsucht zu stillen. Ich habe es in ihren giftgrünen Augen gesehen. Sie ist genauso von mir fasziniert, wie ich von ihr.
Wie ein Granitsplitter sitzt dieses Bild von Nikitas Lippen, die ihre engelsgleiche Haut berühren, in meinem Gehirn fest. Ich werde es nicht mehr los, und dafür wird er bezahlen.
Claire scheint hilfsbereit zu sein, ein großes Herz zu besitzen. Sie kann nichts dafür, dass sie seine Lüge nicht durchschaut hat. Nikita hat gar keine Schwester. Er geht einfach zu verschwenderisch mit seinen Marken um. Gibt sie für die jüngeren Frauen in der Zone aus, um sich bei ihnen einzuschleimen und sie ins Bett zu kriegen, weil sie ihm dafür etwas schuldig sind.
Nikita wird wirklich kein Verlust für die Soldaten sein.
Ich bin mir bewusst, dass ich Claires gute Seite womöglich zerstören werde, wenn ich ihr näher komme.
Aber wenn ihre Seele in Stücken vor mir liegt, werde ich sie wieder zusammensetzen. So, wie es mir passt. Wie es uns am besten passt.
Ich folge Claire und Nikita wie ein Geist. Obwohl Claire sich regelmäßig aufmerksam nach mir umschaut, bleibe ich vor ihr verborgen.
Nikita berührt sie hin und wieder flüchtig am Arm oder dem Rücken. Ich kann das Gelächter der beiden hören, wenn einer von ihnen einen Witz reißt.
Aber ich sehe auch einen gehetzten Ausdruck in Claires Augen, jedes Mal, wenn Nikita sich ihr möglichst unauffällig nähert. Ich sehe den Widerspruch in ihren Augen, auch wenn er nur für den Bruchteil einer Sekunde auftaucht: Sie langweilt sich. Sie fühlt sich unwohl in seiner Nähe.
Aber warum?
_____
Es ist bereits dunkel, als ich mich auf den Weg mache.
Ich habe die Dienstpläne der Wachtposten sorgfältig studiert. Ich weiß, wo Nikita in welcher Minute ist. Wann er die sichere Zone verlässt.
Und als meine Zeit gekommen ist, zögere ich nicht.
Von hinten nähere ich mich ihm.
Meine Schritte machen kein Geräusch.
Als ich genau hinter ihm stehe und er meinen Atem schon fast im Nacken spüren kann, schlage ich ihn mit meiner Glock bewusstlos.
Ich schleife ihn in eine Seitenstraße, von der ich weiß, dass sie sicher und vor Blicken geschützt ist.
Dann fessle ich ihn und warte, bis er wieder wach wird.
Mein Herz raucht vor Zorn, als ich seine Finger mustere, die Claire so oft berührt haben.
Und dann weiß ich, dass ich ihn nicht einfach nur töten werde.
Als er langsam wieder wach wird, versteht er nicht, was er falsch gemacht hat.
Ich erkläre es ihm auch nicht, weil er es sowieso nicht verstehen wird.
Stattdessen handle ich.
Für jeden Fehler - von ihr oder von ihm -, bestrafe ich ihn.
Er verliert einen Finger nach dem nächsten und seine Schreie hallen an den Häusern wider. Aber niemand außer ich kann ihn hören.
,,Du hast mit ihr geflirtet." Der erste Finger.
,,Sie hat zugelassen, dass du sie berührst und obwohl sie sich schnell unwohl fühlte, hast du weitergemacht." Der zweite Finger.
,,Sie hat dir eine Marke gegeben, wegen deiner Lüge. Und das, obwohl sie ihre schönen Kurven behalten soll und gesund sein muss für unsere Zukunft." Der dritte Finger.
,,Du hast sie geküsst." Der vierte Finger.
,,Du hast zugelassen, dass sie sich unwohl fühlt - obwohl doch schon klar ist, wem ihr Herz gehören wird." Der fünfte Finger.
Mit einer Engelsgeduld schaue ich auf den heulenden und schreienden Mann runter. Sein Gesicht ist ganz verzerrt voller Schmerz und Unglauben und er hat nur Augen für seine abgetrennten Finger in seinem Schoß, als für mich.
,,Irgendwelche letzten Worte?", frage ich ihn und richte meine Glock auf seinen Kopf.
Er bibbert ganz armselig, schluchzt und sieht durch das ganze Zittern aus, als hätte er einen epileptischen Anfall.
,,Ich..", beginnt er, aber ich entsichere meine Knarre und drücke noch im selben Moment ab.
,,Interessiert mich eigentlich gar nicht", knurre ich und atme den verbrannten Geruch tief ein.
DU LIEST GERADE
wicked game
FanfictionJoel Miller hat nichts mehr. Sarah ist tot, Tommy ist fort gegangen und der Cordyceps-Pilz hat die ganze Welt überwuchert. Er ist nicht mehr der Joel, der er vor 10 Jahren war. Er hat Menschen kaltblütig getötet, all seine Moralvorstellungen gebroch...