Kapitel 5 - Recherche

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Evin Archer

Der Geruch nach Leder und Schweiß stieg mir in die Nase, als ich die große Halle betrat. Julien hatte in dem Terminkalender von Elias Logan erfahren, dass dieser oft seine Zeit hier mit einem Frederic Alasca verbracht hatte.

In der Mitte der Halle befand sie ein Boxring, um den sich eine Menschenmenge versammelt hatte.
Am Rand der Halle standen verschiedene Glücksspielautomaten und eine Bar.

Ich bahnte mir einen Weg durch die Menge, dicht gefolgt von Julien, bis wir vor dem Boxring standen.
In der ersten Reihe der Zuschauer, saß ein älterer Mann mit langem weißem Haar, der gespannt den Boxkampf beobachtete. Das musste Frederic Alasca sein.

Zielstrebig steuerte ich auf ihn zu, doch ein Bodyguard stellte sich mir in den Weg. Ohne weiter darüber nachzudenken, rammte ich ihm mein Knie in die Magengrube und schlenderte an ihm vorbei.

Vor Frederic blieb ich stehen: "Frederic Alasca?" Frederic blickte mich verwundert an: "Ja, der bin ich."

"Ich habe Fragen zu Elias Logan."

Ein schiefes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus: "Was bekomme ich als Gegenleistung?"

"1.000 Euro", erwiederte ich, ohne mit der Wimper zu zucken.

Sein Blick wanderte zu dem Bodyguard, der sich immer noch vor Schmerzen auf dem Boden krümmte: "Geld brauche ich nicht, aber ein schöner Kampf wäre angebracht. Du kämpfst gegen meinen besten Mann. Wenn du gewinnst beantworte ich dir alle Fragen, wenn du verlierst bist du tot."

Ich dachte kurz nach. Meine Familie war ermordet worden durch meinen Ex-Freund und ich versuchte gerade mit einem dämlichen Bauern einen unmöglichen Fall zu Lösen. Was hatte ich schon zu verlieren?

Julien mischte sich in das Gespräch ein: "Das kannst du ni-"
"Ich mache es", unterbrach ich ihn.

"Gut, wie heißt du", fragte Frederic.
Ich wollte gerade meinen echten Namen nennen, da fiel mir ein besserer Name ein: "Die letzte Jägerin."

Frederic winkte den Schiedsrichter zu sich und teilte ihm alles mit, dann sprang dieser wieder in den Ring und verkündete: "Heute haben wir wieder einen besonderen Kampf. Unser unschlagbarer Retro gegen die letzte Jägerin. Gekämpft wird bis zum Tod. Alle Waffen sind erlaubt. Bitte kommt in den Ring"

Ich kletterte unter dem Absperrband hindurch in dem Boxring.
"Die kleine Zwergin will gegen Retro kämpfen", rief ein Zuschauer und vereinzelt war Gelächter zu hören, als ich meinem Gegner gegenüberstand. Er war riesig und muskulös. Über seinen nackten Oberkörper zogen sich Tattoos und die graue Ledershorts spannte über seiner verschwitzten Haut.

Sobald der Startschuss ertönte, stürzte sich Retro auf mich und schlug mit seiner Faust nach mir. Elegant wirbelte ich um meine Achse und versetzte ihm einen Tritt, ehe er mich erwischte. Einer der Zuschauer reichte Retro ein Messer, welches er dankend annahm. Er begann mit einem Kinnhaken und ließ dann das Messer hervor schnellen. Beiden Angriffen wich ich gekonnt aus.

Doch anstand zurück zu weichen zog er das Messer noch einmal nach vorne und streifte meinen Arm. Ich blendete den brennenden Schmerz aus und konzentrierte mich auf den Kampf.
Während wir uns lauernd umkreisten tastete ich in meiner Tasche nach meinen Messern.

Er stürmte auf mich zu und schwang sein Messer. Wenige Zentimeter vor meinem Hals blockte ich mit meinem Jagdmesser. Metall klirrte auf Metall und ein gequältes Stöhnen war zu hören.
Meine andere Hand hatte ein Messer tief in seinen Oberschenkel gerammt.

Keuchend ließ er von mir ab und entfernte sich einige Meter. Dann zog er aus dem Bund seiner Shorts eine Pistole und entsicherte sie. Doch bevor er abdrücken konnte, ließ ich ein Messer durch die Luft fliegen, das zielsicher in seiner Brust einschlug. Er ging zu Boden und sackte in sich zusammen.

Entspannt schlenderte ich zu ihm und zog meine Messer aus seinem leblosen Körper.

Es war nicht mein erster Mord, und würde auch nicht mekn letzter sein. Mit der Zeit hatte ich gelernt damit umzugehen.

Der Schiedsrichter betrat wieder den Ring ind verkündete: "Die letzte Jägerin ist unsere neue Nummer eins!" Begeisterter Applaus ertönte, als ich die Bühne verließ und auf Frederic zusteuerte: "Also, was wissen sie über Logan?"

"Elias kam vor vielen Jahren das erste Mal her. Zu dem Zeitpunkt hatte er noch einen Job in einem Labor und nur wenige Freunde. Darunter auch Aron Monment. Er erzählte mir, dass er Projekt Expiravit vorzeitig abbrechen musste, da einer seiner Partner ihn betrogen hatte. Daraufhin wurde er gekündigt und sein Freund Aron stellte ihn als Manager seines Clubs "Violett" ein. Ich weiß nicht genau, worum es in Projekt Expiravit ging, nur dass es von der Firma An-Invest geleitet wurde."

Während er von seinem Wissen berichetet hatte, hatte ich mir einen Stoffstreifen meines T-Shirts um die brennende Schnittwunde an meinem linken Oberarm gebunden.

Nachdem er seinen Bericht beendet hatte, wandte ich mich zum Gehen.
"Wir werden uns hoffentlich wiedersehen, Jägerin. Du bist hier immer willkommen."

Dann verschwandt ich mit dem stillen Julien nach draußen. Dort atmete er auf: "Ich mag diesen Teil Berlins nicht." Ich zuckte bloß mit einer Schulter und stieg auf mein Bike. Für heute hatte ich genug unternommen.

"Du solltest zu einem Arzt gehen", redete er weiter.
Ich schüttelte den Kopf und setzte meinen Helm auf.
"Dann lass wenigstens mich die Wunde untersuchen, sobald wir im Hotel sind." Ich brummte zustimmend und startete den Motor als er hinter mir Platz genommen hatte.

. . .

Ich zog die Schlüsselkarte durch den Sensor des Türschlosses. Dann betrat ich mit Julien unser Hotelzimmer. Gegenüber einem breiten Doppelbett stand ein hartes Sofa. Der Raum roch nach blumigen Waschmittel und Seife. Neben einem hohen Fenster hing ein Fernseher an der Wand.

Sofort zog mich Julien ins Bad und öffnete meinen improvisierten Verband. Er holte Desinfizionsmittel und ein Verband aus seinem Koffer, während ich anfing auf meinem Smartphone zu recherchieren.

Zuerst tippte ich Projekt Expiravit in die Suchleiste ein, bekam jedoch die Meldung, dass kein Eintrag gefunden werden konnte.
Also tippte ich An-Invest ein. Dazu fand ich einen einige Artikel. An-Invest steht für anima investigationis, was aus dem Lateinischen stammt und soviel wie Seelen Forschung bedeutet.

Das Unternehmen soll verschiedene Verschwörungstheorien entwickelt haben. Unter anderem auch über das Verhältniss der Seele zum Körper. Laut ihnen soll es sogar möglich sein eine Seele in einen fremden Körper zu pflanzen.

Belustig schloss ich die Webside und suchte stattdessen nach Aron Monment. Er wohnte ebenfalls in Berlin und besaß das "Violett".

Als ich die Bilder sah, musste ich schmunzeln. Der Mann im Anzug, der sich in Elias Wohnung aufgehalten hatte, war Aron gewesen.

Die goldblonden Haare hatte er zurück gegeelt und die dunkelblauen fast violetten Augen sahen mich kalt an. Seine Gesichtszüge waren aalglatt und sorgten für eine unbehagliche Gänsehaut. Ich wollte definitiv nicht mehr Zeit als nötig bei ihm verbringen.

"Was ist das denn", unterbrach Julien meine Gedanken. Nervös rutschte ich auf dem Boden hin und her. Ich wusste worauf er starrte.

Es war eine unnatürliche Wölbung an der Innenseite meines Unterarms. Die Narben darauf ließen schließen, dass mir ein Fremdkörper in den ersten Wochen meines Lebens implantiert wurde. Allerdings saß er gerade so tief, dass ich meinen Arm verlieren könnte, bei dem Versuch ihn raus zu holen.

Deshalb hatte ich ihn mit einem Tattoo bedeckt, welches sich in Form von Ranken meinen linken Unterarm bis zu meinem Schulterblatt hinauf schlängelte.

"Das geht dich gar nichts an", fuhr ich Julien an und entzog ihm meinen Arm. Den neuen Verband hatte er mir schon angelegt und nun fiel sein Blick ebenfalls auf mein Smartphone.
"Das ist also Aron Monment. Unser neues Ziel."

Projekt: ExpiravitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt