Kapitel 8 - Wahrheit

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Aron Monment

Ungläubig starrte ich auf Trewings Hand, die er  der Prinzessin ausstreckte. Trewing war ein bekannter Schneider, von dem ich bereits viel gehört hatte. Leider hatte ich keinen Termin erhalten, da er immer gut ausgebucht gewesen war.

Und nun stand er vor mir mit seinem charmanten Lächeln und verschwendete nicht einmal einen Blick an mich. Doch das Schlimmste war, dass er die Prinzessin zum Tanz aufforderte.

Sie musterte Trewing abschätzig. Dann hob sie ihre Hand und ich schloss frustriert meine Augen. Sie würde mir nie eine Chance geben, uns eine Chance geben.

Ich spürte warme Finger in meinen, die ich immer noch zur Begrüßung ausgestreckt hatte. Überrascht riss ich meine Augen auf und sah direkt in ihre wunderschönen grau-grünen Augen. Mein Herz raste und mein Atem beschleunigte sich.

Dann drehte sie sich zu Trewing und sagte kühl: "Suchen sie sich jemanden ohne Partner."
Ich zog sie von Trewing fort auf die Tanzfläche.
Eine langsame Melodie erklang und wir bewegten uns im Takt der Musik. Ich konnte gut tanzen, dafür hatte mein Vater gesorgt, aber auch die Prinzessin bewegte sich geschmeidig über die Fläche. Ich beugte mich runter zu ihrem Ohr: "Verrätst du mir deinen richtigen Namen?"
Ein freches Grinsen breitete sich in ihrem Gesicht aus: "Nein."

. . .

Wir verließen die Halle und die Prinzessin setzte sich auf ihr Motorrad, während Julien und ich in meinen Mercedes stiegen.
Ich startete den Wagen und bog auf eine verlassene Landstraße.

"Gib ihr Zeit, Aron", meldete sich Julien zur Wort: "Ich weiß nicht was sie durchgemacht hat, jedoch bringt es sie dazu, jedem zu misstrauen."

Neugierig fragte ich: "Was weißt du über sie?"

"Nicht viel, ich lebe nördlich der deutschen Grenze. Dort bin ich ihr vor vier Tagen zum ersten Mal begegnet. Sie bot mir viel Geld, wenn ich sie übernachten lasse und nach Berlin bringe."

"Kennst du ihren richtigen Namen", fragte ich direkt weiter.

"Was meinst du mit richtiger Name? Eve ist do-"

Ich unterbrach ihn: "Nein, ist er nicht. Ich weiß nur nicht wie sie wirklich heißt. Hat sie einen Geliebten?"

"Ich weiß nicht, sie spricht so gut wie gar nicht mit mir und wenn ich Fragen stelle, antwortet sie mir nicht."

Ich seufzte niedergeschlagen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich an nützliche Informationen über sie kommen könnte.

. . .

Wir hielten vor dem "Violett" und meiner privaten Wohnung. Die Prinzessin schwang sich von ihrem Motorrad und warf mir einen kleinen silbernen Datenstick zu: "Den müssen wir uns angucken, kannst du die Dateien hier öffnen?"

Ich nickte und führte beide in das Wohnzimmer meiner Wohnung. Dort schloss ich den Stick an meinen Laptop und rief die einzige Datei auf, die auf dem Stick gespeichert wurde.

Ein kurzes Video begann. Drei junge Männer standen nebeneinander in einem Labor. Ganz links der achtzehnjährige Elias, daneben zwei Männer in den dreizigern. Auf dem Namenschild des einen stand Luka Angon. Sein helles blondes Haar, war von grauen Stähnen durchzogen und die grauen Augen glitzerten freudig.

Der Mann daneben hieß Will Anders . Sein Gesicht war zu einer gleichgültigen Miene verzogen und seine braunen Augen versteckten jede Gefühlsregung.

Als das Video startete, begann Luka zu sprechen: "Es ist der fünfte März, 14:28 Uhr. Uns ist der erste Durchbruch bei Projekt Expiravit gelungen. Wir haben es geschafft, die erste Seele in einer etwa zwei Zentimeter großen Metallkugel zu fangen. Kommunikation mit der Außenwelt negativ. Die Seele ist die, der im Sterben liegenden Elizabeth Jones, vierundachtzig Jahre alt. Wir haben das Gerät "Venator" genannt."

Das Bild wurde unscharf und zeigte nun die drei Forscher vor einem Tisch mit einer Glasvitrine: "Es ist der vierundzwanzigste Juni, 20:08 Uhr. Dank eines Lesegeräts konnten wir mit Elizabeth Jones kommunizieren. Allerdings scheint der Aufenthalt im "Venator" schmerzvoll zu sein."

Wieder wechelte die Szene. Nun standen die drei Wissenschaftler vor einem hohen Gebäude und erklärten: "Wir haben nach langen Überlegen zugestimmt, den ersten Menschenversuch zu unternehmen. Die wichtigste Frage ist jedoch, ob der Mensch mit Elizabeth kommunizieren kann. Morgen werden wir beginnen."

Dann war das Video beendet. Ich sah Julien und die Prinzessin an.

"Will Anders. Meint ihr, dass er der Absender der Drohbriefe war", fragte Julien.

"Elias wurde von einem von ihnen hintergangen. Entweder Luka oder Will", meldete sich auch die Prinzessin.

"Ich versuche Kontakte zu Will Anders, Luka Angon oder ihren Chef Johannes Borken herzustellen", rief ich beiden zu, während ich mich an meinen Schreibtisch setzte und anfing zu Telefonieren.

Zuerst suchte ich nach Johannes Borkens Nummer und wurde auch schnell fündig. Doch als ich anrief, teilte mir Luisa Borken, seine Tochter mit, dass Johannes vor zehn Jahren ums Leben gekommen sei.

Also rief ich als nächstes Will an. Ein junger Mann ging ans Telefon: "Johnson Anders, was kann ich für sie tun?"

"Hier ist Aron Monment, ich würde gerne mit Will Anders sprechen."

"Will ist gerade im Labor bei seiner Arbeit und wird frühstens morgen Abend wieder erreichbar sein."

Ich bedankte mich und verabschiedete mich von Johnson. Dann rief ich Luka Angon an, den ich jedoch nicht erreichen konnte. Dafür fand ich aber eine Adresse im Internet.

Wir beschlossen gemeinsam morgen dort hin zu fahren.
Inzwischen war es schon nach Mitternacht und die Dunkelheit hatte sich über die Straßen Berlins gelegt.

"Wollt ihr hier übernachten? Einer kann auf dem Sofa schlafen und der andere im Gästezimmer", bot ich an. Ich wollte auf keinen Fall beide in einem Zimmer wissen. Zögerlich stimmte die Prinzessin zu und Julien überließ ihr das Gästezimmer.

Nachdem ich mir nur eine lockere graue Joggingshose übergestreift hatte, legte ich mich in mein Bett und sank in einen unruhigen Schlaf.

Projekt: ExpiravitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt