Kapitel 13 ~ Ein meisterlicher Duellant

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„Reparo."
Die teils durch- oder angebrochenen Holzbretter, die die Rückwand des Schrankes gewesen waren, fügten sich ohne Weiteres wieder zusammen, als Bellatrix ihren Zauberstab auf sie richtete. Auch die aus den Angeln gerissene Tür hängte sich problemlos zurück in die nun wieder heilen Scharniere und die Fächer richteten sich an ihren Schrauben auf, sodass die junge Frau sofort beginnen konnte, ihre Wäsche erneut zu falten und einzuordnen. Der Schreck steckte ihr noch immer in den Knochen, wurde aber von einem anderen Gefühl ganz gut verdrängt: Wut.

Vor ihrer Poudreuse - einem kleinen antiken Frisiertisch mit einem großen angelaufenen Spiegel daran - besah Rodolphus sich im Schein der angezündeten Öllampe am Bett gerade seine Verletzung: sein Kiefer war offensichtlich ausgerenkt und lief dort, wo Bellas Faust ihn getroffen hatte, violett an. Er zückte wenig erfreut den Zauberstab und richtete ihn, den Blick auf sein Spiegelbild geheftet, auf sein eigenes Gesicht. „Episkey...Ah!-"
Als Rod's Unterkiefer sich unter einem lauten Knacken wieder in die gewohnte Position unter seine Zähne schob, entfuhr dem jungen Zauberer ein jäher Schmerzensschrei..., oder zumindest der Anflug dessen. Denn kaum hatte er die Stimme erhoben, war diese ihm bereits von Bellatrix geraubt worden, die sich blitzschnell umgewandt und ihn mit einem stummen „Silencio" zum Schweigen gebracht hatte. Tonlos und offenbar in Rage bewegte Rodolphus nun den Mund, als wollte er ihr eine ganze Hasstirade an Beschimpfungen und Entrüstungen entgegenbrüllen, die sich zu seinem Groll jedoch lediglich in den Windungen seines Kopfes verloren und nie die Chance bekamen, geboren zu werden.
Bellatrix beachtete sein wildes Gebärden kaum und ging unbeeindruckt an ihm vorbei zu ihrer Zimmertür, an welches sie ihr Ohr drückte, um zu horchen. Wie durch ein Wunder schienen ihre Eltern, den Lärm des zerstörten Kleiderschranks oder den angedeuteten Schrei nicht registriert zu haben. Das Licht im Flur war zwar erloschen, doch die Stimmen, die sich vorhin noch angeregt unterhalten hatten, hatten sich zu einem Streit entwickelt, der scheinbar heftig, aber durch die vielen Wände und Gänge, unmöglich zu belauschen, war. Und das war gerade auch wirklich nicht Bellatrix Vorhaben. Sie wandte sich an Rodolphus hinter ihr und funkelte ihn an wie eine angriffslustige Berglöwin.

„Jetzt zu dir...", ihre Hand war so fest um ihren Zauberstab geschlossen, dass dieser vereinzelt rote Funken auf den Teppich versprühte.
„Wie kannst du es wagen, nachts bei mir einzusteigen und mich beim Schlafen zu beobachten? Wie geisteskrank und gestört bist du eigentlich? Ist dein verletztes Ego wirklich so mickrig und degeneriert, dass dich die Zurückweisung einer Frau direkt zu einem Psychopathen werden lässt? Ich habe wirklich versucht, mich wieder auf dich einzulassen. Ich wollte nicht der Grund sein, den Verlust deines Vaters noch schwerer zu machen. Und jetzt das?!", während sie sprach, drängte die kleinere Bellatrix Rodolphus vor sich her, der mit gerunzelter Stirn und offen fragendem Blick auf sie hinab sah, rückwärts von ihr weichend, bis er gegen den Schreibtisch stieß. Auch er umklammerte seinen Zauberstab, haderte offenbar jedoch, ihn gegen sie zu richten.
„Du kannst froh sein, dass ich nicht meinen Dolch bei mir hatte..., dann hätte ich dir deine Maske samt Gesicht vom Schädel geschält. Finite!", und mit einer ausladenden Bewegung, als lüftete sie einen Schleier, nahm sie den Schweige-Zauber von Rod und wandte sich, noch immer zornig, von ihm ab.

Es brauchte ein paar Sekunden, eh Rodolphus' Stimme hinter ihr in die Dunkelheit sprach. Er war ruhig und Bellatrix hörte einen kleinen Hauch von Rührung oder Verletzung darin. Oder vielleicht bildete sie es sich nur ein.
„Es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe.", sagte er in nüchternem Ton. „Und danke für deine Ehrlichkeit. Ich wusste nicht, dass du so von mir denkst..., aber jetzt...ich...", er schien, den Faden zu verlieren und brach dann mitten im Satz ab, bevor er sich räusperte und dann mit festerer und lauterer Stimme fortfuhr.
„Wie dem auch sei: Ich bin aus einem Grund hier und nein..., es ist nicht, wie du es so schön formuliert hast, mein ‚verletztes Ego' - auch wenn ich die Psychopathen-Sache nicht ganz bei mir ausschließen würde."
Bellatrix wandte sich um und verschränkte die Arme vor der Brust. Es tat ihr nicht leid, was sie gesagt hatte. Aber der Zorn in ihr hatte sich ein wenig gelegt, begleitet von wachsendem Interesse, während sie ihm zuhörte.
„Der Dunkle Lord will dich sehen."
Skeptisch legte Bellatrix die Stirn in Falten.
„Er fragte mich, ob ich wisse, wo du dich aufhältst. Also sagte ich ihm, ich könnte dich zu ihm bringen. Oder ist dein Interesse an diesem lustigen neuen Club, in dem du so gern mitspielen wolltest, schon weg? Falls ja, werde ich ihm das sehr gern von dir ausrichten."

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