Kapitel 17 ~ Eintausend Galleonen

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Die Tür fiel unten schwer ins Schloss. Bellatrix atmete tief durch. Das Treffen hatte sie aufgewühlt und verwirrt. Noch immer ungläubig, hatte sie Rodolphus bei seinem Gang nach draußen vom obersten Treppenabsatz aus nachgesehen, und war damit nicht allein: Ihre Mutter huschte, kaum war der breitschultrige, dunkelhaarige Zauberer aus dem Haus, direkt zum Fenster im Foyer des Erdgeschosses, um einen letzten Blick auf ihn zu werfen.
Bellatrix kehrte zurück in ihr Schlafzimmer. Weit kam sie allerdings nicht. Denn sie hörte bereits, wie Druella Black ihr nach oben hin nachstieg und hinterherlief.
„Warte, Liebling.", gebot sie und Bellatrix atmete hörbar durch die Nase aus, tat jedoch nicht, was sie von ihr verlangte, sondern fuhr unbeirrt weiter über die Türschwelle ihres Zimmers. „Was denn, Maman...?", seufzte sie entnervt und rollte etwa in die Raummitte, eh sie sich zu ihr umwandte und sie mit mattem Blick ansah.
„Warum...geht er denn schon?", Druella's Verwunderung paarte sich mit einem seltsamen Lächeln, als versuche sie, ihren Worten nicht viel Bedeutung beizumessen, doch ihre Augen verrieten ihre Neugier.
„...Dieser adrette, junge Ma-"
„Er musste zurück ins Ministerium.", log Bellatrix rasch und unterbrach ihre Mutter unwirsch. Ihre Fassade war kühl und emotionslos. Sie wusste nicht genau, was es war, doch nach ihrem Unfall hatte sich etwas in ihr verändert. Etwas war...aufgewacht, während etwas Anderes gestorben war.
„Oh, verstehe.", Druella nickte hastig und begann, ihre Hände zu kneten. „Vielleicht sollten wir ihn mal zum Essen einladen. Er scheint mir,...nett zu sein."
„Wirklich? Ich glaube, dich hat nur seine geschäftsmäßige Aufmachung beeindruckt."
„Bellatrix!", schimpfte Druella vorwurfsvoll.
„Überhaupt nicht. Er hat sich sehr nett mit mir unterhalten und er hat über dich sehr angetan gesprochen. Anscheinend bist du ihm nach eurem Abschluss auf Hogwarts nicht mehr aus dem Kopf gegangen."
„Ist das so...?", fragte Bellatrix gelangweilt.
„In der Tat."
„Ich habe das Gefühl, er will nur eine alte Rechnung begleichen."
„Was meinst du damit?"
„Ach nichts...", Bella lenkte den Rollstuhl an die Bettkante und tat ihr Bestes, von selbst ins Bett zurückzusteigen. Das allerdings gelang ihr nicht. Druella eilte zur Hilfe und bugsierte sie zurück in die Kissen. Dort ließ sich die junge Frau in die Laken sinken und seufzte vernehmlich. Ihr Magen knurrte und ihr Kopf war voll trübem, grauem Nebel, der nicht verfliegen wollte.

„Du kannst jetzt gehen, Mutter. Ich werde Doaty bitten, mir etwas von ihrem Eintopf zu kochen und dann schlafen. Je länger ich schlafe, desto eher wird dieser verfluchte Zustand ein Ende finden.", sie schlug sich untervermittelt gegen die tauben Oberschenkel.
„Nun, ich kann Rookie oder Buckle gern etwas für dich kochen lassen.", murmelte Druella und wandte sich schon halb zum Gehen.
„Halt!", schnarrte Bellatrix und setzte sich etwas aufrechter hin.
„Warum nicht Doaty? Du weichst mir ständig aus, wenn ich über sie rede. Was ist mit ihr?"
Ihre Mutter drehte sich zögerlich um. Sie schien auf etwas Unausgesprochenem herum zu kauen. „Die Elfe... nun es ist so,..."
Bellatrix wurde hellhörig, ihr Herz schlug etwas hastiger als es normal gewesen wäre.
„Dein Vater... Cygnus musste sie... verkaufen."
„WAS?!". Bellatrix starrte sie fassungslos an.
„So ist es.", Druella straffte die Schultern und setzte einen standhaften Blick auf, wenngleich sich ihre Hände auch schwitzig an ihren Rockschößen festkrallten. „Sie war ungehorsam und muss mit den Konsequenzen leben."
„Ihr habt sie weggegeben?!", Bella's Stimme zitterte. Ihr ganzer Körper zitterte... vor Wut, Trauer und Ungläubigkeit.
„Wann wolltest du mir das sagen, hm?"
„Mach bitte nicht so einen Aufriss, Kind. Sie ist nur eine Hauselfe."
„Sie hat mich aufgezogen!"
„Du übertreibst maßlos, Bellatrix. Wir haben euch aufgezogen - Dein Vater und ich."
„Und wer hat mich gepflegt, wenn ich krank war? Wer hat mich angezogen, mir die Haare gekämmt und mir vorgelesen? Das war Doaty! Ihr wart zu beschäftigt damit, euch auf irgendwelchen Parties bei irgendwelchen Verlegern oder Sponsoren von Vaters Bücher einzuschleimen." Bellatrix' Augen blinzelten eine Träne weg. Sie wollte nicht weinen, sie wollte eine Erklärung.
Druella hingegen kam aus ihrer Deckung heraus: „In dem Ton wirst du nicht mit mir sprechen!", ihre Stimmte peitschte respektheischend durch die Luft. Bellatrix funkelte ihr kühn entgegen. Dann schlug sie die Augen nieder.
„Wohin habt ihr sie verkauft?", knurrte sie.
„An Cygnus' Schwester - Deiner Tante Walburga.", gab Druella zurück und reckte das Kinn, wie es sonst nur ihre Tochter konnte. „Dort hat sie es gut,... kann gemeinsam mit ihrer Brut dienen; diesem... Kreacher... oder wie Walburga ihn doch gleich genannt hat."
„Tante Walburga schlägt Hauselfen die Köpfe ab, wenn sie ihrer Meinung nach zu alt werden!", keuchte Bellatrix entrüstet. Sie konnte es nicht fassen, dass man ihr der einzigen Gesellschaft im Haus beraubt hatte. Jetzt war sie wahrlich allein. Aber natürlich hatte es so kommen müssen: Cygnus Black hatte sich ganz sicher sein müssen, dass Druella und auch sonst niemand je davon erfuhr, dass er beinah seine Tochter getötet hatte, und stellte somit auch sicher, dass Bella's treue Hauselfe, ihr nie wieder zur Seite würde stehen können. Ein schlauer Schachzug. Effizienter wäre es nur gewesen, er selbst wäre es, der die Axt über Doaty's Haupt geschwungen hätte, anstatt diese Aufgabe seiner grausamen Schwester zu überlassen. So käme er allerdings auch nicht in Erklärungsnot.

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