Kapitel 51

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„Natürlich.", murmelte ich fassungslos. Harry hob die Hände in einer beschwichtigenden Geste. „Du verstehst das komplett falsch, Emma. Lass es mich bitte erklären." Ungläubig starrte ich ihn an. „Ich verstehe es falsch? Was gibt es denn da bitte falsch zu verstehen? Du hast Los Angeles kein einziges Mal erwähnt! Ich habe erst durch Niall erfahren, dass du dort überhaupt ein Haus hast. Du hast neulich gesagt ich sei eine gute Schauspielerin, aber offenbar bin ich dir um Längen unterlegen." - „Ich habe einfach auf den richtigen Zeitpunkt gewartet.", verteidigte Harry sich. „So etwas kann man nicht irgendwann mal in einem Nebensatz erwähnen. Ich wusste nicht, ob du schon soweit warst." - „Seit wann wusstest du es? Wann hast du dich endgültig entschieden, Harry?", fragte ich, obwohl ich förmlich Angst vor seiner Antwort hatte. Sein viel zu langes Schweigen beruhigte mich nicht. Ganz im Gegenteil. Schließlich zuckte er mit den Schultern. „Ungefähr eine Woche bevor wir uns kennengelernt haben." Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte. Aber das ganz sicher nicht. „Bevor wir uns kennengelernt haben?" Meine Stimme zitterte. Nur mit Mühe gelang es mir, die Frage überhaupt als Ganzes hervor zu bringen. Vielleicht hatte ich mich auch nur verhört. Doch Harry berichtigte meinen Satz nicht. Stattdessen schwieg er. Sah mich nicht an. „Das heißt... ich war von Anfang an nur ein Zeitvertreib? Du wolltest einfach nur noch einmal ein bisschen Spaß haben und dann verschwinden?" Jetzt sah Harry mich an. Entsetzt. Panisch. In nur wenigen Schritten war er bei mir, setzte sich neben mich und griff nach meinen Händen. „Nein, Emma. Du warst kein Zeitvertreib. Du bist einfach in mein Leben... gestolpert. Wortwörtlich. Ich war kurz davor, meine Sachen zu packen und nach LA zu fliegen. Und dann warst du auf einmal da. Du hast meinen eigentlich perfekt durchdachten Plan komplett durcheinander gebracht. Ich hab meine Abreise immer weiter vor mir her geschoben, weil ich noch mehr Zeit mit dir verbringen wollte. Dich kennenlernen. Ich hätte mich niemals in dich verlieben dürfen. Aber genau das ist passiert. Plötzlich wollte ich überhaupt nicht mehr wegziehen. Trotzdem wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte. Allein schon wegen Logan. Wenn ich-" - „Stopp.", unterbrach ich ihn irritiert. „Logan? Was hat der damit zutun?" Harry schnaubte verächtlich. „Er war von Anfang an dagegen. Aus dem einfachen Grund, dass er keinen Einfluss mehr auf mein Privatleben gehabt hätte. Deshalb wollte ich auch weg. Eins muss ich ihm lassen... die Idee mit dir war wirklich gut. Unmenschlich. Aber raffiniert." - „Wie meinst du das?", fragte ich mit pochendem Herzen. Hatte er gerade gesagt, dass... Nein. Niemals. Ich hatte Logan nach dem Grund für meine Einstellung gefragt. Ich wusste noch ganz genau, dass es ihm um Harrys Image gegangen war. Er hatte irgendwelche Gerüchte aus dem Weg schaffen wollen. „Logan wollte um jeden Preis verhindern, dass ich nach LA ziehe. Dich auf mich... anzusetzen, war quasi sein Masterplan. Fast wäre er aufgegangen. Fast wäre ich geblieben. Darüber nachgedacht habe ich definitiv." Als er meinen entgeisterten Gesichtsausdruck sah, schien Harry neugierig zu werden. „Was dachtest du denn weshalb er dich eingestellt hat?" Unsicher zuckte ich mit den Schultern. „Logan hat nur gesagt, dass dein Image verbessert werden müsste oder so etwas. Ich hatte keine Ahnung was sein wirklicher Plan war." - „Deswegen bin ich auch so ausgerastet, als ich davon erfahren hab.", murmelte Harry. „Und ich bin nach wie vor stolz auf den Schlag. Hoffentlich bleibt seine Nase krumm." Sein Grinsen wirkte halbherzig. „Ich dachte du hättest ihn geschlagen, weil er sich schon wieder in dein Liebesleben eingemischt hat." Harry hob überrascht die Augenbrauen. „Was? Nein... Deswegen war ich zwar auch sauer auf ihn, aber daran bin ich mittlerweile gewöhnt. Er hätte dich da niemals mit rein ziehen dürfen. Das war eine Angelegenheit zwischen ihm und mir." Ich war zu verblüfft, um irgendetwas zu erwidern. Niemals wäre mir diese Erklärung der Ereignisse in den Sinn gekommen. Harry seufzte. „Naja, danach wusste ich, dass ich auf keinen Fall in London bleiben konnte. Ich musste Logan zeigen, dass er verloren hat. Also bin ich buchstäblich in den nächsten Flieger gestiegen." - „Du bist gar nicht wegen mir abgehauen? Sondern wegen Logan?", fragte ich entgeistert. Das Ganze wurde immer interessanter. „Doch. Auch wegen dir. Du weißt gar nicht wie kurz ich davor war, zu dir zurück zu fahren und dich anzuflehen, dass du mir versicherst, dass deine Gefühle echt waren. Es hat sich alles so echt angefühlt, ich konnte einfach nicht glauben, dass das alles nur eine Lüge gewesen sein sollte. Aber ich hab einen halbwegs kühlen Kopf behalten und bin zum Flughafen gefahren, anstatt zu dir. Ich wollte dir so lange wie möglich aus dem Weg gehen und war froh, dass du nichts von meinem Haus in LA wusstest. Und dann hab ich erfahren, dass du nach Südamerika kommst. Zusammen mit all meinen Freunden, von denen niemand wusste, was zwischen uns passiert war. Aber den Rest der Geschichte kennst du ja schon." Noch immer hielt Harry meine Hände in einem festen, aber angenehmen Griff. Unter seinen Augen lagen tiefe Ringe. Vermutlich kein Wunder, immerhin hatte er zuletzt im Flugzeug geschlafen. Selbst mir kam das vor wie eine Ewigkeit. Seit dem war einfach schon viel zu viel passiert. „Warum hast du mir in den letzten Tagen nie die Wahrheit gesagt?" Erschöpft zuckte Harry mit den Schultern. „Wie denn? Und wann? Wir haben uns endlich wieder gut verstanden und ich wollte das nicht direkt wieder zerstören." Langsam schüttelte ich den Kopf. „Ich versteh das einfach nicht. Zum einen sagst du, dass du unsere Beziehung nicht zerstören willst. Und du verhältst dich auch so, als sähest du eine gemeinsame Zukunft für uns. Aber andererseits hast du weiterhin vor, in Los Angeles zu leben. Wie stellst du dir das vor? Willst du wirklich eine Fernbeziehung führen?" - „Ich muss das jetzt durchziehen, Emma! Wenn ich wieder zurück nach London gehe, war alles umsonst. Außerdem ertrag ich das ewige Regenwetter auf Dauer nicht mehr.", entgegnete Harry, ohne meine Frage dabei richtig zu beantworten. „Ich möchte keine Fernbeziehung führen.", teilte ich ihm mit. „Ich möchte es nicht und ich glaube auch nicht, dass ich es könnte." Harry nickte verständnisvoll. „Ich auch nicht. Eine Fernbeziehung ist echt das Letzte, was ich will." - „Also gehen wir in Zukunft getrennte Wege? Ist es das, was du willst?" Jetzt schüttelte er den Kopf, seine Augen zeigten Erschrecken. „Nein, Emma. Auf keinen Fall." - „Was dann? Was willst du, Harry?" Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen. Dann sagte Harry mit fester Stimme: „Ich will, dass du mit mir nach Los Angeles ziehst." 

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