Kapitel 20

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Ich konnte nur hoffen, dass Harry keine Antwort auf seine Frage erwartete. Denn ich war komplett unfähig, irgendetwas zu erwidern. Stattdessen kämpfte ich mit all meiner Kraft gegen die Tränen an, die einfach nicht weniger werden wollten. Ich hörte wie Harry leise seufzte und kurz darauf schlossen sich seine Arme um meinen Körper. Beruhigend strich er über meine Haare und wartete schweigend, bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte. Tatsächlich dauerte es nicht sehr lange, bis die Tränen verebbten und mein Atem wieder gleichmäßig wurde. Dennoch dauerte es eine Weile, bis ich mich dazu in der Lage fühlte, Harry meinen plötzlichen Gefühlsausbruch zu erklären.  Und selbst dann brachte ich kein Wort heraus. Natürlich wusste ich, was ich eigentlich sagen müsste. Die Wahrheit. Doch ich wusste auch, dass ich die Wahrheit nicht über meine Lippen kriegen würde.

„Ich kann das nicht.“, flüsterte ich, eher an mich selbst als an Harry gerichtet. Trotzdem hörte er meine Worte. „Was kannst du nicht?“ Er sprach kaum lauter als ich, doch das war auch nicht nötig. Noch immer hielt er mich fest an sich gedrückt und ich verspürte nicht den leisesten Wunsch, etwas an dieser Position zu verändern. „Was kannst du nicht, Emma?“, wiederholte Harry seine Frage, nachdem ich keine Anstalten gemacht hatte, ihm zu antworten. Schließlich entschied ich mich für einen Teil der Wahrheit. „Ich kann dich nicht glücklich machen.“ Obwohl ich jetzt noch leiser sprach, wusste ich, dass er mich gehört hatte. Denn das Geräusch seines gleichmäßigen Atems stoppte für einen Moment. „Das kann ich vermutlich besser beurteilen als du.“, entgegnete er, doch ich meinte etwas Unsicherheit in seiner Stimme hören zu können. Ich schüttelte den Kopf. „Es gibt zu viele Dinge die du nicht über mich weißt.“ – „Aber genau darum geht es doch, oder nicht?“, fragte Harry. Etwas verdutzt richtete ich mich auf, um ihn anzusehen. „Wie meinst du das?“ Er runzelte die Stirn. „Naja… wenn man jemanden kennenlernt, ist es doch nur natürlich, dass man nicht viel über denjenigen weiß. Aber mit der Zeit erfährt man immer mehr. Manches weil der andere es einem erzählt, manches weil man es selbst herausfindet. Es wäre doch total… langweilig, wenn man sofort alles übereinander wüsste.“ Langsam nickte ich. „Stimmt. Aber was wenn… was wenn ich nicht diejenige bin, für die du mich hältst? Was wenn ich… böse bin?“ Ich wusste, dass böse nicht das richtige Wort war, doch gleichzeitig fiel mir kein besseres ein. Harry sah mich ungläubig an. „Böse? Wohl kaum.“ – „Vielleicht ja doch.“, murmelte ich und wich seinem Blick aus. „Nein.“ Dieses Mal antwortete ich ihm nicht. Auch Harry schwieg für eine Weile, dann seufzte er. „Bitte sieh mich an und hör mir zu.“ Etwas widerwillig wandte ich den Kopf in seine Richtung. Er griff nach meinen Händen und sah mir direkt in die Augen. Jetzt war es ohnehin unmöglich, den Blick wieder abzuwenden.

„Emma. Ja, du hast Recht. Ich weiß im Prinzip nicht viel über dich. Und glaub mir, es gibt auch einiges, was du nicht über mich weißt. Aber all das heißt nicht, dass wir uns nicht kennen. Und ich weiß, dass du nicht böse bist. Im Ernst, du bist einer der nettesten, freundlichsten Menschen, die ich je getroffen habe. Aber ich möchte auch wissen, was dahinter steckt. Ich möchte die wirkliche Emma kennenlernen, mit all ihren Ecken und Kanten. Denn ich bin mir sicher, dass sie genauso liebenswert ist wie die Emma, die gerade vor mir sitzt.“ Ohne unseren Blickkontakt zu unterbrechen, strich er mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „Ich weiß nicht, was passiert ist. Weshalb du auf einmal solche Zweifel hast. Oder wie du auf den Gedanken kommst, dass du mich nicht glücklich machen kannst. Denn das kannst du, glaub mir. Du tust es jetzt schon. Also was auch immer gerade in deinem Kopf vor sich geht, vergiss es einfach. Vergiss es und sieh mich einfach nur an. Wenn du mir dann sagen kannst, dass du nichts spürst… dann hast du vielleicht wirklich Recht und ich habe mich getäuscht.“

Ohne lange darüber nachzudenken, tat ich genau das, worum er mich gebeten hatte. All die Gedanken an das Gespräch mit Gemma und meinen Vertrag drängte ich in die hinterste Ecke meines Kopfes. Ich konzentrierte mich nur auf Harrys tiefgrüne Augen, in denen sich meine eigenen spiegelten.

Und dann wusste ich auf einmal, was Harry meinte. Von ihm schien eine Art Wärme auszugehen und gleichzeitig ein Kribbeln, welches über unsere weiterhin verschränkten Hände an mich weitergeleitet wurde und in kürzester Zeit meinen gesamten Körper durchflutete. Doch es war kein unangenehmes Kribbeln. Es hatte fast etwas Magisches an sich.

Mit einmal Mal schien alles einen Sinn zu ergeben. Der Vertrag spielte keine Rolle. Er existierte nur. Inwieweit er Harry und mich beeinflusste, lag ganz in meiner Hand. Das hier war richtig. Es konnte überhaupt nicht falsch sein. Zwischen uns gab es eine Verbindung, wie ich sie noch nie gespürt hatte. Wie unsichtbare Fäden, die uns aneinander fesselten. Je länger ich ihn ansah, desto mehr Fäden wurden es. Und ich wusste, dass diese Fäden schon immer da gewesen waren. Ich hatte sie nur nie wahrgenommen. Offenbar ganz im Gegensatz zu Harry.

„Und?“, fragte er nach einer gefühlten Ewigkeit. Ich brachte kein einziges Wort heraus. Es gab tausend Dinge, die ihm in diesem Moment sagen wollte. Doch diese Dinge, diese Gefühle waren nicht in Worte zu fassen. Ich musste Handlungen sprechen lassen. Leidenschaftlich und gleichzeitig voller Zärtlichkeit, presste ich meine Lippen auf seine. Ich konnte nur hoffen, dass Harry das als Antwort genügte.

Als wir uns voneinander lösten, prangte ein breites Lächeln auf seinem Gesicht. „Hab ich es dir nicht gesagt?“, fragte er und legte seine Lippen flüchtig auf meine Stirn. Dann sprang er mit plötzlicher Energie auf und hielt mir eine Hand hin. „Komm mit, ich möchte dir etwas zeigen.“ Etwas misstrauisch griff ich nach seiner Hand und ließ mich von ihm hochziehen. „Noch ein Hausdach?“ Grinsend schüttelte Harry den Kopf. Seine plötzliche gute Laune war wieder einmal ansteckend. „Den Fehler mach ich nicht noch einmal.“, versicherte er mir. Dann runzelte er die Stirn. „Hattest du eine Jacke dabei?“ Ich nickte und sah zu Boden. „Ja.. aber die ist noch da drinnen.“ Harry schien genau zu wissen, dass ich nicht allzu viel Wert darauf legte, jetzt wieder rein zu gehen. Meine Augen waren vermutlich noch immer rot und angeschwollen. „Ich hol sie dir.“ Er wandte sich um und ging zurück in Richtung Hintertür, durch die wir beide raus gegangen waren. Kurz bevor er die Tür erreichte, hielt er inne. „Emma?“, fragte er und drehte sich wieder zu mir um. Aufmerksam sah ich ihn an. Ein etwas unsicheres Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Versprichst du mir, dass du noch hier bist wenn ich wieder komme?“

Ich erwiderte sein Lächeln und nickte. „Versprochen.“

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hallooo :)

Ich habe ein paar Dinge zu sagen. Zuerst tut er mir wirklich leid, dass momentan so selten neue Kapitel kommen. Es ist nicht so, dass ich keine Zeit hätte, aber wenn ich dann anfange zu schreiben, komm ich irgendwie überhaupt nicht voran. Ich weiß selbst nicht wieso, aber vielleicht liegt es daran, dass ich manchmal ziemlich perfektionistisch bin und jeden Satz dreimal umformulieren muss, bis er mir gefällt, keine Ahnung. Hinzu kommt, dass ich mir selbst ein Minimum gesetzt habe, wie lang ein Kapitel mindestens sein sollte und das verlängert das ganze dann natürlich auch nochmal. Dieses Kapitel ist jetzt nicht ganz so lang. Ich werde versuchen, in Zukunft wieder öfter zu schreiben, dafür dann vielleicht nicht immer so lange Kapitel wie bisher... je nachdem wie es gerade läuft. Außerdem ziehe ich in Ungefähr zwei Wochen um und habe danach definitiv nur noch sehr wenig Zeit zum schreiben, weil ich anfange zu studieren. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, 'Secrets' bis dahin zu beenden, aber ich bin mir momentan nicht sicher, ob ich das schaffe. Wenn nicht, seid mir bitte nicht böse wenn dann nur noch wirklich selten neue Kapitel kommen.

Ansonsten hoffe ich, dass es euch allen gut geht und ihr einen schönen Start ins neue Schuljahr hattet, solltet ihr noch zur Schule gehen :)

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