August - Valuz, Spanien
Surfen ist möglicherweise das Schwerste, was ich bisher in meinem Leben gelernt habe.
Mein gesamter Körper schmerzt und ich habe das Gefühl, dass ich mir einen üblen Sonnenbrand eingeholt habe. Spaß gemacht hat es trotzdem, obwohl Ale uns heute erstmal nur die Grundlagen auf dem Trockenen beigebracht hat.
Momentan liege ich in meinem Bett und kippe mir literweise kaltes Wasser rein, während ich die anderen beim Brettspielen beobachte.
"Ihr betrügt doch alle!" ruft Ale, als er bei 'Mensch ärgere dich nicht' schon wieder Letzter wird. Empört verschränkt er die Arme vor der Brust und lässt sich nach hinten gegen sein Bett fallen.
"Dude, der Sinn des ganzen Spiels ist es, dass du dich nicht aufregst." entgegnet Diego.
"Sagt der, der letztes Mal das ganze Spielbrett umgeworfen hat, nur weil er fünfmal hintereinander eine Eins gewürfelt hat." grummelt Ale zurück und wischt sich seine blonden Haare aus dem Gesicht.
Mit Schwung öffnet sich die Tür zu unserer Unterkunft und Jasmine schließt sich unserer Gruppe an.
"Ratet mal, wer für zwei Stunden am Strand eingeschlafen ist." begrüßt sie uns und lässt sich neben meinem Bett auf dem Boden fallen.
Grinsend schaue ich zu ihr herüber, sage aber nichts.
"Jas, du siehst aus wie ein Krebs." bemerkt ihr Bruder und runzelt die Stirn. "Hast du dich nicht eingecremt?"
Sie stöhnt und nickt. "Doch. Aber zwei Stunden in der prallen Sonne hält nicht einmal die beste Sonnencreme aus. Hat jemand von euch gerade After-Sun da?"
"Ich." melde ich mich zu Wort und krame sofort in dem Rucksack herum, der auf meinem Bett liegt.
Als meine Finger die kühle Tube umschließen, ziehe ich sie triumphierend heraus und halte sie Jasmine entgegen, welche sie dankend entgegennimmt. Sofort schmiert sie sich den Inhalt über das Gesicht und ihre Schultern, die jetzt schon knallrot sind.
Genau so wie ihr Gesicht heute Morgen, als ich sie beim Gaffen erwischt hab. Als ich mich wieder daran erinnere, muss ich mir ein Lachen verkneifen. Wer hätte gedacht, dass Jasmine Gonzalez, das nette Mädchen von nebenan, eine skrupellose Stalkerin ist?
Spaß beiseite- ich fand es ehrlich gesagt nicht schlimm. Im Gegenteil, irgendwie hat es mich gefreut. Keine Ahnung warum, aber es war so.
Dankend gibt sie mir die Tube zurück und ich lasse sie wieder in meinem Rucksack verschwinden. Genau in diesem Moment ertönt von draußen die laute Glocke, die sich direkt neben der Küche befindet.
"Schätze mal, Richard ist mit den Vorbereitungen fertig." freut sich Viviana und springt vom Boden auf. "Ich bin gespannt, was er sich dieses Jahr überlegt hat."
Bei ihren Worten muss ich die Stirn runzeln. "Helft ihr ihm nicht dabei? Bei dem ganzen anderen Zeug wusstet ihr doch auch schon vorher Bescheid, was passiert."
Jasmine guckt zu mir hoch und beantwortet meine Frage. "Die Schnitzeljagd ist wie etwas Heiliges für Richard. Jedes Jahr wollen wir ihm dabei helfen, aber er lässt uns nicht. Er hat viel zu viel Spaß dabei zu sehen, wie wir mit den Ferienkindern durch die Gegend rennen und keine Ahnung haben, was überhaupt passiert. Er meinte, dass uns wenigstens das erhalten bleiben soll, auch wenn wir Betreuer sind."
"Wow." kann ich nur sagen. Je mehr Zeit ich mit der Gruppe verbringe, desto mehr merke ich, wie familiär das Verhältnis zwischen allen ist. Jeder kümmert sich um den anderen und sie halten an Traditionen fest, die sie anscheinend schon vor Jahren begonnen haben.
"Sollen wir?" fragt Ale und steht ebenfalls auf. Auch ich rappele mich von meinem Bett auf und schlüpfe in meine Sneaker.
Als Gruppe verlassen wir den Bungalow und steuern auf die Mitte des Camps zu, wo bereits eine Menschenmenge um Richard herumsteht, welcher seinen Platz stehend auf einer Bank eingenommen hat.
Neben ihm steht Sofía und wirft ihm beunruhigte Blicke zu, als hätte sie Angst, dass er jeden Moment von der Bank fallen könnte. Wahrscheinlich ist diese Angst sogar berechtigt.
"Wie die meisten von euch schon wissen, steht heute die Schnitzeljagd an. Ihr werdet in kleine Gruppen eingeteilt, in denen ihr Rätsel und Aufgaben lösen müsst, um möglichst schnell ans Ziel zu gelangen."
Ein überspieltes Raunen kommt von Ale, Jasmine und den anderen. Ich grinse ihnen zu und sie nicken nur zu den kleinen Kindern, die jetzt noch aufgeregter aussehen. Für sie ist dieser Preis wahrscheinlich das Wichtigste, was es gibt.
"In diesem Glas sind Zettel, auf denen jeweils eine Zahl zwischen Eins und Zehn steht. Jeder von euch zieht jetzt einen Zettel und sucht die Leute, die die gleiche Nummer wie ihr haben."
Richard stellt ein großes Glas auf den Tisch vor sich und steigt gerade rechtzeitig von der Bank, um nicht von den kleinen Kindern umgerannt zu werden.
Sobald die größte Menge ihren Zettel hat, stelle auch ich mich in die Schlange und ziehe schließlich einen der kleinen Zettel. Ich falte ihn auf und lese die Zahl Drei. Suchend schaue ich mich um und sehe einen kleinen Jungen, der seine Hand mit drei ausgestreckten Fingern in die Höhe hält.
Grinsend steuere ich auf ihn zu. "Na du? Ich schätze mal, wir sind ein Team." begrüße ich ihn und gebe mein Bestes, nett zu klingen. Egal wie oft ich es in New York versucht habe, die Kinder hatten immer Angst vor mir.
Dieser Junge scheint jedoch nicht von mir beeindruckt zu sein, sondern lässt seinen Arm fallen und scannt mich von oben bis unten ab.
"Kannst du wenigstens rennen?" seufzt er schließlich und schaut mir fest in die Augen. Verdutzt runzele ich die Stirn und nicke. "Klar. Ich bin auch gut im Rätsel lösen."
Ohne eine Sekunde zu verschwenden, schießt der Junge zurück. "Das bezweifle ich."
"Collin, sei nett zu ihm." mischt sich Ale ein und tritt neben uns. Der kleine Junge, Collin, sieht augenblicklich genervt aus.
Theatralisch seufzt er und fährt sich mit seinen Händen über das Gesicht. "Wir werden sowas von verlieren. Warum kann ich keine guten Teammitglieder bekommen, sondern nur trainierte Muskelpakete ohne Gehirn?"
Neben mir prustet jemand los, während ich entsetzt auf Collin starre. "Macht euch darauf gefasst, ab jetzt jeden Tag von mir trainierte Muskelpakete ohne Gehirn genannt zu werden." lacht Jasmine und reiht sich bei der Gruppe neben uns ein.
"Mach du dich lieber darauf gefasst, zu verlieren." schieße ich zurück und gehe einen Schritt von Collin weg, da ich Angst habe, jeden Moment von ihm getreten zu werden. Man weiß ja nie.
"Verlieren? Nie im Leben, Miles. Ich habe bisher jedes Jahr gewonnen. Aber dieses Jahr wird es anders-ich werde zum ersten Mal gegen ein trainiertes Muskelpaket ohne Gehirn gewinnen." meint sie und prustet wieder los.
"Haha." antworte ich tonlos. "Wenn du verlierst, musst du morgen früh mit mir joggen gehen."
Siegessicher zieht sie die Augenbrauen hoch. "Deal. Wenn du verlierst, darf ich dir jeden Morgen eine Flasche kaltes Wasser über den Kopf schütten."
Grinsend nicke ich. "Deal."
Richard ruft uns zu sich und ich werfe Jasmine einen letzten Blick zu. "Wir sehen uns im Ziel."
updates kommen ab jetzt jeden montag :))
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Summer of Changes
ChickLitMiles Ford, ein erfolgreicher Jugendlicher mit einer strahlenden Zukunft will sich diesen Sommer nur auf eine Sache konzentrieren- seine Karriere weiter ausbauen, damit er nach seinem letzten Schuljahr endlich seinen Traum leben kann. Jasmine Gonza...