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»Wir sind vom gleichen Stoff, aus dem die Träume sind und unser kurzes Leben ist eingebettet in einen langen Schlaf.«
~ William Shakespeare in »Der Sturm« (The Tempest), IV. Akt, 1. Szene
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Ich träumte.
Wusste es und dann wieder nicht.
Ich träumte, wachte auf in einen Traum. Ich stand da, neben meinem Bett, ohne Erinnerungen an ein Davor. Ein Kribbeln erfasste meinen Körper und dann sah ich, wie meine Füße vom Boden abhoben. Bemerkte, dass ich durch den Raum schweben konnte. Ein Blick hinunter zum Bett. Ich sah, dass da jemand schlief, wusste im hintersten Winkel meines Bewusstsein, dass ich dieser Jemand war. Doch es hätte jeder andere sein können.
Etwas lenkte mich von der schlafenden Gestalt ab und mein Blick glitt zum Fenster. Etwas war dort, dort draußen. Es leuchtete in einem dunklen Blauton und übte eine berührende Faszination auf mich aus. Ich schwebte darauf zu. Da war das Fenster. Das Glas war weder hart noch kalt. Es war ein eigenartiges Gefühl einfach hindurch zu gleiten, vollkommen ohne Widerstand.
Vor mir erstreckte sich ein endloses Feld, überwachsen mit Ranken und hellen Lichtpunkten. Als ich näher heranflog, erkannte ich, dass es Blütenkelche waren, die so weiß waren, das es wirkte, als leuchteten sie von innen heraus. Wobei, vielleicht leuchteten sie tatsächlich.
Auf einmal drangen sanfte Klänge zu mir hinüber. Ich sah mich um und sah eine Gruppe hellblauer Schmetterlinge an mir vorbeifliegen. Es war eine verspielte Melodie. Sie kam mir vertraut vor. Ich versuchte zu ergründen, aus welcher Richtung die Töne kamen und bewegte mich vorsichtig in diese Richtung. Die Schmetterlinge schienen mich zu begleiten. Sie flogen neben mir her, kleine hellblaue Punkte.
Und dann war da ein Schmetterling mit reinweißen Flügeln. Er war etwas größer als die anderen und hob sich von ihnen ab. Er flog voran und ich entschied mich, ihm zu folgen. Rein intuitiv wusste ich, dass er mich zur Quelle dieser so vertrauten Klängen führen würde.
Wir flogen. Höher und höher stiegen wir hinauf. Unter mir schrumpften die leuchtenden Blüten zu kleinen Lichtpunkte. Einem Sternenteppich gleich. Über mir, die ungreifbare Weite eines Kosmos. Ein Firmament in einem dunklen Lila. Die Milchstraße, ein funkelndes Sternenband.
Ich merkte erst, als ich mitten unter ihnen war, als eine Lichtkugel neben mir auftauchte. Die Sterne waren so nah, dass ich sie berühren konnte. Staunend betrachtete ich die pulsierende Lichtkugel neben mir. Sie war so komplex, eine kleine Lichtfabrik. Einer der Schmetterlinge setzte sich auf sie. Augenblicklich begann der Falter aufzuleuchten. Es war, als kommunizierten sie miteinander.
Die Melodie war lauter geworden. Ich drehte mich um und erblickte eine Lichtkugel, die viel größer war, als diese von eben. Sie war groß genug, dass ein Baum auf ihr gewachsen war. Seine Wurzeln drangen in das Licht ein, was zwar hell war, jedoch nicht blendete. Auch der Baum schien aus dem Inneren heraus zu leuchten. In seinen ausladenden Ästen hang ein einfaches Windspiel.
Das Windspiel, erkannte ich. Das Windspiel, dessen Klängen ich gefolgt bin. Das Windspiel, von dem meine Mutter mir abends so oft erzählt hatte.
Das Windspiel gibt es wirklich.
Es war ganz genau so, wie sie gesagt hatte. Und als ich das begriff, verwandelte sich der weiße Schmetterling. Er drehte sich, dehnte sich aus und dann stand Mama vor mir. Sie lächelte mich an, ich rannte zu ihr, sie fing mich in ihren Armen auf. Zusammen standen wir unter dem Baum, hielten uns ganz fest. Über uns spielte das Windspiel die so vertraute Melodie der Freiheit.
Genau hier war ich zuhause. Wusste es, hatte es immer gewusst.
Am Ende schloss ich die Augen und das Bild um mich herum verschwand. Was blieb war das Gefühl von Geborgenheit, Dankbarkeit und Glück.
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𝐻𝑜𝒻 𝒹𝑒𝓈 𝐹𝓇𝒾𝑒𝒹𝑒𝓃𝓈
Spiritual»Fühle dich nicht einsam. Das gesamte Universum befindet sich in dir.« ~ Rumi 🙞 ⋆ 🙜 Wie fühlt es sich an, einen geliebten Menschen zu verlieren, wenn die eigene Welt plötzlich stehen bleibt, während sich die um einem herum einfach weiterdreht...