Es war ein scheiß langweiliger Tag gewesen, fand Kevin, und Schule noch viel beschissener als sonst.
Als er nach Hause kam, war Marlene nicht da. Es gab auch nichts zu essen, also zockte er Playsi. War okay, aber wurde schnell langweilig, weil er seine Spiele alle schon kannte. Er hatte keines richtig durchgespielt, aber spannend waren sie nicht mehr. Wenn man in Rennspielen schon der Beste war, gaben die nicht mehr viel her.
Also ging er raus, um irgendwen zu suchen. Aber er fand keinen. Liridon hing in letzter Zeit ständig mit Idriss ab und dann wollten sie alleine sein. Shouta war auch nirgends zu sehen, weder draußen noch bei Ilya noch in der Videothek. Am Spielplatz waren nur irgendwelche dummen kleinen Babys. Es nieselte.
Doch wieder nachhause. Kevin öffnete die Wohnungstür, trat ein und wäre beinahe mit Marlene zusammengestoßen.
„Da bist du ja endlich!", brauste sie auf, bevor Kevin überhaupt Hallo sagen konnte. „Kannst du mir vielleicht sagen, was das da ist?"
Sie machte eine barsche Geste in Richtung seines Zeugs, das im Flur auf dem Boden lag. Eastpak-Rucksack, Mütze und Jacke.
„Meine Sachen", antwortete er also.
„Was bist du so frech?!"
„Aber das sind halt meine Sachen."
„Jetzt komm mir nicht dumm!"
„Du hast doch gefragt!"
Marlene fuhr sich durchs Haar und sagte etwas zu sich selbst, das Kevin nicht verstand. Er verschränkte die Arme vor der Brust.
„Warum liegt das da?", fragte sie dann.
„Weil ich es da hingelegt hab."
„Mitten in den Flur?"
„Siehste doch."
„Wofür haben wir dann eine Garderobe?"
Kevin zuckte nur mit den Schultern. Marlene fluchte.
„Ich hab dir schon tausend Mal gesagt, schmeiß deinen Scheiß nicht so durch die Gegend! Was soll das? Räum das weg, jetzt! Zieh dir die Schuhe aus!"
Sie machte auf den Absatz kehrt und ging in die Küche. Geschirr klapperte und schepperte, als sie anfing zu spülen. Kevin folgte ihr.
„Hast du gekocht?", fragte er. Sie schlug mit den Händen auf die Arbeitsfläche.
„Hör auf zu nerven!"
„Hör auf zu nerven", äffte er sie nach.
Marlene wirbelte herum und klatschte ihm den Spüllappen ins Gesicht. Er bekam Schaum in den Mund und spuckte aus.
„Hey!", protestierte er. Marlene ging nicht darauf ein.
„Hast du gekocht? Mach deinen Scheiß doch allein! Zu faul für die Schule? Dann werd erwachsen und tu mal was Nützliches! Koch, los jetzt!"
„Schmeckt eh wie Arsch, was du kochst."
„Dann koch selbst!" Marlenes langes Gesicht war vor Wut verzerrt, das dünne blonde Haar fiel ihr wirr über die Schultern. „Na, keine Antwort drauf, was?"
„Du bist so scheiße!" Er wollte weglaufen, doch sie war schneller, packte ihn am Oberarm und riss ihn zurück.
„Hiergeblieben!"
Kevin stemmte sich gegen ihren Griff.
„Ich hab die Schnauze voll! Ständig machst du Ärger und ich muss ihn ausbaden! Christian und Mattheo machen nie Ärger! Und sie gehen zur Schule!"
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Plattenleben
Kısa HikayeDas Leben ist nicht fair. Das ist die erste Lektion, die Shouta lernen musste. Die zweite ist, dass das Leben in einer Plattenbausiedlung nicht schlecht sein muss, wenn man die richtigen Leute kennt. Die dritte ist, dass es die Hölle sein kann, wenn...