Night talk

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Ich überlege kurz, entscheide mich aber dafür, zu ihr zu gehen. Alles andere wäre zu auffällig. Ich hole also meine Zimmerkarte, schließe die Tür und gehe runter zum Pool. Frau Hofer sitzt mit ihrem Handtuch auf einer Bank. Ich setze mich zu ihr.

Sie: "Na, wie gehts dir?"
Ich: "Gut... und Ihnen?"
Sie: "Mir auch. Was hast du bis eben gemacht?"
Ich: "Äh nichts... ich war nur am Handy und habe dann schon meine Zähne geputzt bis ich gesehen habe, dass jemand verbotenerweise im Pool ist."
Sie: "Ups, naja manche Regeln kann man ja brechen oder?"
Ich: "Denk schon..." Ich stocke bei dem Gedanken, welche Regeln sie gerade noch meint.
Mich wundert es, wie offen sie mit mir redet. Sie kennt mich doch gar nicht. Weiß sie etwas?
Sie: "Du, ich weiß, wir sind jetzt auf Klassenfahrt und sollten nicht nur Schule im Kopf haben, aber ich würde gerne mal mit dir reden."
Ich zögere.
Ich: "Okay... um was gehts denn?"
Sie: "Ich weiß ja, du bist neu und kennst die Klasse noch nicht so gut und so... aber wenn das so weitergeht mache ich mir etwas Sorgen um deine mündliche Note."

Um ehrlich zu sein, wundert mich das nicht. Bis jetzt habe ich immer versucht, ihr aus dem Weg zu gehen und unauffällig zu sein. Ich schweige und schaue in den Sternenhimmel. Jetzt muss ich an meinen Opa denken. Er war der einzige, der mir als Kind Liebe geschenkt hat. Wir waren oft campen und haben immer Sternenbilder angeschaut. Er ist zwar jetzt schon fast vier Jahre tot, aber ich vermisse ihn immer noch so sehr wie am Anfang. Seit vier Jahren werde ich jetzt schon nicht mehr richtig geliebt. Eine Träne kullert mir über die Wange. Zum Glück ist es dunkel.

Ich: "Ähm, ja genau, ist nicht so leicht sich so schnell an so viele neue Menschen zu gewöhnen."
Sie: "Verstehe. Wenn etwas anderes der Grund ist, kannst du aber auch immer mit mir reden. Ich möchte ja, dass sich jede Person in meinem Unterricht wohlfühlt... geht es dir denn sonst gut?"
Ich: "Ja, denke schon. Also ich meine, jeder hat ja irgendwelche Kleinigkeiten, die besser laufen könnten, oder?"
Sie: "Das stimmt. Solange es nur Kleinigkeiten sind, kommt man aber ja meistens damit zurecht oder? Was ist es denn bei dir?"
Ich: "...naja... verschiedene Dinge... paar Sachen in der Familie und so... und bei Ihnen?" Ich versuche von mir abzulenken.
Sie: "Mein Ex ist gerade bei mir ausgezogen. Das ist zwar eine große Veränderung, aber auch eine Erleichterung für mich. Was ist denn in deiner Familie so?
Ich: "Ach.. nur so Elternzeug und so. Kennen Sie ja bestimmt auch noch von früher." Ich versuche lächeln.
Sie lächelt auch.

Wir schweigen und schauen beide in den Himmel. Man hört aus ein paar Hotelzimmern Stimmen, aber es ist schon fast überall ruhig. "Kennst du irgendwelche Sternenbilder?", fragt Frau Hofer. Ich zeige ihr ein paar und kann meine den leichten Schmerz in meiner Brust dabei sogar unterdrücken. Durch sie fühle ich mich sofort besser.

Forest EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt