Die Spielplatzbank

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Es ist Samstag Abend und ich hole Nala aus ihrem Körbchen. Ausnahmsweise ziehe ich ihr ihr Halsband und die Leine an und dann gehen wir raus. Zum Spielplatz sind es ungefähr fünf Minuten zu Fuß. Man kann schon die Sterne sehen und die kalte Herbstluft legt sich über mein Gesicht. Es ist friedlich. Obwohl es noch nicht spät ist, ist kaum jemand draußen unterwegs. Gleich treffe ich Frau Hofer. Meine Deutschlehrerin. Der Gedanke fühlt sich illegal an und das sollte er wahrscheinlich auch, aber irgendwas daran gefällt mir viel zu gut. Nur was soll daraus werden? Kann sie mich jemals zurückmögen? Also so wie ich sie mag? Sie ist doch bestimmt hetero. Und selbst wenn nicht... sie dürfte es nicht. Es wäre eine verbotene Liebe. Naja, wenn es überhaupt Liebe wäre.

Ich komme am Spielpaltz an und sehe sie schon auf der Bank sitzen. Sie ist am Handy sieht mich erst gar nicht kommen. Als sie aufblickt und Nala sieht, freut sie sich. Frau Hofer so glücklich zu sehen, lässt mein Herz ein bisschen schneller schlagen. Ich setze mich zu ihr auf die Bank und habe meine Katze auf dem Schoß. Zum Glück lässt sie sich gerne streicheln. Während sie mit Nala redet und sie krault, muss ich Frau Hofer einfach beobachten. Wie süß sie mit ihr umgeht und wie sehr sich die beiden mögen, ist so schön anzuschauen. Naja, Frau Hofer an sich ist auch schön anzuschauen. "Was ist denn los, Lynn?", ihr Blick trifft meinen. "Nichts, ich finde es nur so süß wie ihr euch direkt versteht", antworte ich schnell. "Sicher? Du schaust in letzter Zeit öfters so...", stellt sie fest. Fuck, hat sie etwas bemerkt? Ich sage nur: "Wie? Ich schaue ganz normal... wie immer." Ich starre auf den Boden. Was denkt sie jetzt? Merkt sie etwas, was sie niemals merken sollte? Jetzt traue ich mich nicht mehr, sie anzuschauen. Da rutscht sie etwas näher zu mir. Naja, wahrscheinlich eher zu Nala. Ich hebe Nala hoch und setze ihr sie auf ihren Schoß. "Sie mag Sie", bemerke ich. Jetzt schaut sie aber mich an. Dann schauen wir beide wieder zu Nala und beginnen im gleichen Moment, sie zu streicheln. Das bedeutet, meine Hand liegt auf Nalas Kopf und Frau Hofers Hand liegt auf meiner. Es kribbelt. Ihre Hand ist viel wärmer als meine. Schon wieder wärmt sie mich in einer Weise. Ich halte meine Hand ruhig und warte, bis Frau Hofer ihre weiter über Nalas Fell führt. Ohje, das sollte nicht nochmal passieren. Erst schaue ich sie zu sehr an und dann berühren sich unsere Hände auch noch... was passiert hier? Kann ich mich nicht zusammenreißen? Nala wird langsam unruhig und wahrscheinlich auch hungrig, also nehme ich ihre Leine ab und lasse sie loslaufen. Meistens ist sie eh nicht lange unterwegs.

Frau Hofer macht allerdings noch keine Anzeichen zu gehen, also bleibe ich auch noch auf der Bank sitzen. Ich versuche, nicht zu sehr zu ihr zu schauen. Dafür schaut sie aber zu mir. "Was ist los?", frage jetzt ich, um die Stille zu brechen. "Nichts, ich überlege nur, was durch deinen Kopf geht", antwortet sie.

Ich: "Oh, nicht so viel... ich denke nur darüber nach, wo Nala hingegangen sein könnte."
Sie: "Also liegt es nicht an mir, dass du nur noch den Boden anschaust?"
Ich: "An Ihnen?" Meine Stimme überschlägt sich. "Ne, warum sollte es?" Ich werde etwas nervös.
Sie: "Ich will ja nur sichergehen, dass ich nichts falsch gemacht habe oder so..." Sie lächelt.
Ich: "Nein, sie haben nichts falsch gemacht."
Sie: "Was geht sonst so bei dir ab? Habe ich das richtig erkannt, dass du dich mit Merle angefreundet hast?"
Ich: "Ja, wir haben uns auf der Klassenfahrt etwas kennengelernt."
Sie: "Ist sie nett?"
Ich: "Ja, sie ist ganz cool. Sie hat nur sehr viele Gedanken in mir ausgelöst, wenn man das so sagen kann."
Sie: "Was für Gedanken? Magst du sie mehr als nur als Freundin?"
Ich: (muss lachen) "Nein, sie nicht." Diese Worte rutschen mir raus. "Also, ich meine nein, aber es ist echt lustig mit ihr."
Sie: "Aha, aber du magst also jemanden." Sie grinst.
Ich: "Ich weiß nicht. Ja? Irgendwie schon ein bisschen, das sind ehrlich gesagt genau die Gedanken, mit denen ich mich beschäftige. Naja, ist ja auch egal."
Sie: "Nein, erzähl doch. Was für Gedanken?"
Ich: "Ich weiß nicht... also... es geht um meine Sexualität und so."
Sie: "Also bist du in ein Mädchen verliebt?"
Ich: "Ja, sozusagen. Ein bisschen."
Sie: "Süß. Kenne ich sie?"
Ich: "Weiß ich nicht genau." Was soll ich denn jetzt antworten? Nicht, dass sie es noch herausfindet.

Wir unterhalten uns noch eine Weile, bis keine Autos mehr auf den Straßen fahren und die ersten Lichter in den umliegenden Häusern ausgehen.

Forest EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt