Kapitel 12

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Alex' POV

Ich konnte es nicht fassen, dass dieser Scheißkerl von Lehrer, tatsächlich Pädagogik studiert hatet und minderjährige Schüler unterrichten durfte. Ich sagte eigentlich schon immer was ich dachte, auch wenn es respektlos gegenüber einem Lehrer war. Es war gerechtfertigt, und mir dazu auch noch scheißegal.

Ich hatte gerade mit Keat das Klassenzimmer verlassen, als dieser plötzlich stehen blieb. "Warte..." murmelte er.

Ich sah ihn mit einem besorgten Blick an. "Alles gut? Was ist los?" fragte ich direkt. Ich konnte sehen, wie er immer noch am ganzen Körper zitterte. Ich stellte unsere Schultaschen kurz auf den Boden und ohne weiter darüber nachzudenken schloss ich ihn in meine Arme.

Er schlang seine Arme um meinen Brustkorb und drückte sich fest an mich, als wäre ich eine der wichtigsten Personen für ihn.

Sanft strich ich mit meinen Händen über seinen Rücken. Er stand immer noch unter Schock und ich konnte mir nur vorstellen, wie er sich fühlte.

"Du musst da nicht wieder reingehen. Ich bleib für den Rest der Stunde bei dir, ok?" Es war keine Frage, mehr ein Versprechen. Ich würde Keat nicht alleine lassen, das war im Moment wohl das letzte, was er brauchte.

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"Bis auf eine kleine Beule ist gottseidank nichts weiter passiert. Soll ich jemandem Bescheid geben? Deinem Bruder vielleicht?" Die Krankenschwester hatte sich Keat's Verletzung angesehen.

Bei der Erwähnung von Maverick schüttelte Keat den Kopf.  "Nein, schon in Ordnung," sagte er und hielt sich das Kühlkissen noch eine Weile an die schmerzende Stelle, ehe er es zur Seite legte.

"Na schön, dann eine gute Besserung, Keaton," verabschiedete sich die Krankenschwester und ließ uns alleine im Krankenzimmer.

"Wie gehts dir?" fragte ich vorsichtig.

Keaton ließ ein tiefes Seufzen aus seiner Kehle. "Naja... Ich möchte nicht zurück in den Unterricht," murmelte er, während er auf der recht schmalen Liege saß und die Beine baumeln ließ. Kurzerhand setzte ich mich daneben und tat das gleiche; die Beine ein bisschen hin und her schwingen.

"Das musst du auch nicht. Wenn es sein muss, werde ich den ganzen Tag hier mit dir sitzen," sagte ich. Weder er, noch ich, wollten diesen Loughty wiedersehen.

"Danke... wirklich..." sagte Keat und lächelte mich an. Weil er lächelte musste ich es auch.

"Ich hab noch nie geschwänzt," sagte er nach ein paar Sekunden der Stille. Auf eine gewisse Art war Keat die Unschuld in Person, es überraschte mich nicht, so etwas von ihm zu hören.

"Dann machen wir heute das, was du schon immer mal machen wolltest. Was steht auf deiner Bucket List?" fragte ich neugierig.

"Auf meiner Bucket List? Ich..." Er stoppte und schien zu überlegen. "Es klingt komisch, aber ich denke ich hab keine Bucket List."

Meine Kinnlade klappte runter. "Unmöglich!" scherzte ich. "Jeder hat eine Bucket List. Was wolltest du schon immer mal machen?"

"Ich weiß es nicht... Vielleicht mal an einem Lagerfeuer sitzen, Marshmallows über den Flammen halten und irgendwelche bescheuerten Lieder singen," antwortete er schließlich und klang dabei, als würde er in irgendwelchen Erinnerungen schwelgen. Es klang schön, diese Vorstellung. "Ich denke, da kann ich dir sogar helfen."

Keat legte seinen Kopf leicht schief, was mich – zusammen mit seinem fragenden Gesichtsausdruck – irgendwie an einen Golden Retriever erinnerte.

"Was meinst du damit?" fragte er.

Aus anderen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt