Kapitel 11

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Seit einer gefühlten Ewigkeit starrte ich schon auf das Glas vor mir auf dem Tisch. Und eine gefühlte Ewigkeit geschah nichts.
Kurz hatte ich das Gefühl, dass sich das Glas bewegte, aber das war dann doch nur eine Einbildung.
Ich versuchte mich stärker auf das Glas zu konzentrieren, scheitertete allerdings da mich jedes umliegende Geräusch ablenkte.
Scheiss drauf.
Ich stand auf und sah aus dem Fenster. Dicke Schneeflocken wirbelten durch die Luft.
Ich ließ mich erneut auf mein Sofa fallen und starrte diesmal auf die Akte.
Das ergibt alles keinen Sinn.
Das denken viel mir schwer, da ständig etwas anderes in meinem Kopf herum wirbelte wie der Schnee draussen vor meinem Fenster.
Erschöpft atmete ich aus.
Ich bin eine Schachfigur. Ein Teil seines Plans und er schiebt mich herum.
Und auf einmal stieg eine Wut in mir auf. Das war doch alles ein abgekartetes Spiel gewesen! Wütend drehte ich mich um und...
das Glas, dass auf dem Tisch herum stand, flog gegen die Wand und zerbarst in tausend funkelnde Scherben.
Einige Minuten schaute ich verwirrt auf die Scherben, bis es mir klar wurde.
Das war ich?
Paymon und Nathara hatten mir erzählt es werde sich einiges ändern, da nun Kräfte in mir wach seien. Blödsinn, wie ich gedacht habe, bis jetzt.
Ein wohliges Gefühl der Zufriedenheit und Macht breitete sich in mir aus.
Was kann ich noch tun? Was kann ich anrichten?
Die Welt liegt mir nun doch zu Füssen.

Am Telefon war Nathara wenig begeistert von meinen Fortschritten.
" Das wurde auch langsam mal Zeit!"
Aber so sehr ich mich auch anstrengte, ein zweites mal bekam ich es nicht hin ein Glas zu bewegen ohne es zu berühren.
"Was war beim ersten mal anders?" Fragte Nathara, die sich gelangweilt auf das Sofa gesetzt hatte.
Ich dachte nach.
"Ich war wütend"
"Wütend worauf?"
"Auf Lucifer oder wie auch immer ich ihn nennen soll verdammt!" Das sagte ich lauter als erwartet.
Aber Nathara schien sich nicht angegriffen zu fühlen im Gegenteil.
"Weshalb? Weil er deine Schwester umgebracht hat? Die einzige Person die dir je was bedeutet hat? Oder weil er deine Mutter umgebracht hat, weil sie sich ihm wiedersetzt hatte? Hast du dich je gefragt warum? Warum du keine Bindung zu Menschen aufbauen kannst? Warum sie dich anwiedern? Weil du kein Mensch bist, du bist nicht wie sie"
Ein kribbeln kroch in mir hoch und die Wut die sich anstaute sprudelte mit einem lauten Schrei aus meinem Mund, befreiend.
"Halt doch die Klappe!"
Und mit einem lautem Krach fiel das Bücher Regal um und hätte um ein Haar Nathara getroffen.

Ich sprang auf. "Das tut mir leid!"
Doch sie grinste nur. "Wieso? Du hast es doch offensichtlich geschafft. Hör auf dich für Wut zu schämen sie ist dein Motor"
Ich stockte.
"Mein was?"
"Wut lässt dich an dich selbst glauben"
Ich runzelte die Stirn. "Ach ja?"
Nathara stand auf und legte mir ihre Hände auf meine Schultern.
"Ja"

Die nächsten Tage übte ich jede frei Minute und die restliche Zeit grübelte ich über die Akte meiner Mutter nach, doch kam bei beidem nur schleppend voran.
Am dritten Tag viel mir die Decke auf den Kopf und ich musste meine Wohnung verlassen. Es war zwar schon dunkel draussen, aber das machte es mir einfacher möglichst wenig Menschen über den Weg zu laufen.
Die Luft war immernich eisig und der Schnee lag inzwischen mehr als zehn Zentimeter Hoch. Ich zog meinen Kragen Hoch und lief ohne Ziel durch die Strassen.
Eine Weile lief mir auch niemand über den weg ausser vereinzelte Spaziergänger mit Hunden oder Jogger, doch als ich gerade in eine schmale Straße einbog kam mir eine Gruppe von jungen Männern entgegen. Ihre Kapuzen waren in ihr Gesicht gezogen.
Ich wollte auf dem Absatz kehrt machen, doch als ich mich umdrehte standen zwei weitere Männer hinter mir.
Ich knirschte mit den Zähnen.
" Ziemlich spät für einen Spaziergang" sagte einer lachte.
"Ach ich wollte grade nach Hause" sagte ich und versuchte an einem der Männer vorbei zu schlüpfen doch der stieß mich mit einem kräftigen Schlag gegen den Brustkorn zurück.
Ein kräftiger schmerz breitete sich in meiner Brust aus , ich keuchte.
"Los gib uns dein Geld" knurrte er.
"Ich hab keins dabei" zischte ich. Das war mich gelogen ich wollte nur spazieren und hatte gar nichts dabei.
"Dann dein Handy du Pisser!"
"Hab ich nicht dabei"
Der der mich zurück geschlagen hatte lachte humorlos. "Der kleine scheisser will uns verarschen!"
Sie bildeten einen Kreis um mich herum und kein Herz Beginn zu rasen, die Bilder fingen an zu verschwimmen.
"Fasst mich besser nicht an" fauchte ich.
Ein schrilles Lachen im Chor erschallt und ich versuchte um mich zu schlagen doch dann verschwammen die Bilder endgültig.

Was ist passiert?
Mein Kopf brummte als ich wieder zu mir kam. Mein Körper war steif und kalt. Ich rappelte mich auf aus dem Schnee und tastete mich ab. Alles gut. Bis auf die Kopfschmerzen.
Ich blickte um mich herum aber ich könnte noch nichts erkennen, alles war dunkel.
Nach und nach ordeneten sich die Bilder; die Typen waren weg. Gottseidank.
Ich erkannte Umrisse.
Die Strasse. Die Mauern. Eine Mülltonne.
Ich fasste mir an den Kopf und stellte zu meinem entsetzen fest,dass sich dort Blut befand. Ich tastete weiter um die Wunde zu entdecken, doch fand nichts. Ich tastete mich weiter nach wunden ab doch ich schien völlig unversehrt zu sein.
Langsam konnte ich mehr in der Dunkelheit erkennen, da lag etwas aus dem Boden. Als ich mich darauf zu bewegte schmatzte es unter meinen Füßen.
Als ich erkannte auf was ich da getreten war gefror mir das Blut in den Adern - es waren Eingeweide.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte davon bis mir die Kälte Luft in den Lungen brannte und es sich anfühlte als würde ich sie gleich ausspucken. Dann lehnte ich mich schnaufend gegen eine Mauer und ließ mich zu Boden sinken, ungeachtet des Schnees. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und versuchte die Geräusche um mich herum auszublenden.
Was habe ich nur getan ?

--

"Die Stadt ist weiterhin erschüttert über die jungesten Mordfälle. Ein kaltblütiger Mörder treibt sich herum und hat nun schon insgesamt 10 Opfer gefordert. Die Polizei weigert sich Informationen preiszugeben und das Muster bleibt weiterhin unklar. Handelt es sich hierbei um einen neuen Serienkiller?"

Mike Heußner schüttelte den Kopf als er den Fernseher ausschaltete und einen Blick auf die Akten warf. Seine gutgläubigkeit würde ihn noch irgendwann seinen Job kosten. Die Morde wurden von Medien freudig aufgenommen und verbreitet und es wurde immer schwieriger nichts der Presse zu erzählen.
Nach dem letzten Vorfall hatten die Ermittler tatsächlich etwas gefunden, dass zum Täter führen konnte; eine Gruppe junger Leute war in einer Seitenstraße Tod aufgefunden worden. Tod war wohl nicht einmal der richtige Ausdruck. Ausgeweidet hatte man sie ihm Schnee steifhefroren gefunden.
Allerdings hatte die Spurensicherung einen Fußabdruck im Schnee direkt in dem Massaker finden können. Langsam wurde er zu alt für diesen kram. Erst der Mord an diesen zierlichen blonden Mädchen in ihrer Wohnung - und ihrem eindeutig gestörten Bruder und nun dieses Massaker...
Er musste das aufklären.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 25, 2016 ⏰

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