LIVIAN - Riskante Liebe

Kapitel 6

vor 5 Jahren in Österreich

Heute war es soweit: Abitur, ihr Abschluss. 

In ihren Träumen und Vorstellungen sollte dieser Abend der Beste ihres Lebens werden und sie freute sich ganz besonders auf den abendlichen Ball. Sie würde hinreißend aussehen in ihrem königsblauen langen Kleid und Liv musste bei diesem Gedanken lächeln. Sie hatte mit ihrer besten Freundin Tamara beschlossen, dass sie gemeinsam auf den Ball gehen würden, da sie beide Single waren und sich unterstützen wollten. Es war geplant, dass Marlon sie zur Location fuhr, da weder Liv noch Tamara einen Führerschein hatten. Ungeduldig warteten sie beide im Flur und schauten nervös auf die Uhr. In nur zwanzig Minuten sollte bereits die Zeugnisvergabe beginnen und von Marlon war weit und breit nichts zu sehen. Liv holte ihr Handy heraus und riss erschrocken die Augen auf. Das durfte nicht wahr sein! Nicht jetzt...

„Tara, Marlon ist im Krankenhaus. Amanda hat Wehen!"

„Und jetzt? Wie sollen wir zur Feier kommen?"

Livs Eltern waren kurzfristig zu ihren Großeltern gefahren, da es ihrem Opa nicht gut ging und die Ärzte nicht wussten wie lange er noch leben würde. Also hatten Tamara und Liv all ihre Hoffnungen in Marlon gesetzt, doch dieser musste sich nun um seine Frau kümmern.

„Marlon meinte, dass er jemanden geschickt hat der uns abholen soll."

„Und wer soll das sein? Dieser jemand ist schon zwanzig Minuten zu spät. Wenn wir Glück haben kommen wir gerade noch rechtzeitig für unsere Zeugnisse. Dabei wollte ich von Anfang an dabei sein!" 

Tamara quengelte und Liv nahm freundschaftlich ihre Hand. Auch sie hatte sich diesen Tag und Abend anders vorgestellt, aber jetzt konnten sie nichts mehr daran ändern. Also versuchte sie das Beste daraus zu machen. Gerade als Liv ihrer Freundin aufmunternde Worte zuflüstern wollte hörten sie ein Auto in der Auffahrt vorfahren. Freudestrahlend sprangen sie auf, rannten zur Tür und verließen kichernd das Haus. Es ging los!!

In der Einfahrt parkte ein nobler Audi und Liv machte große Augen. Auch Tamara war hin und weg und quiekte albern vor Aufregung. Die Person die aus dem Auto stieg war Marlons bester Freund Lian Steiner. Lian war ein Jahr jünger als Marlon und eine Legende auf ihrer Schule. Er war der beste Fußballspieler, gehörte dem internationalen Snowboardverband an und ging regelmäßig ins Fitnessstudio. Alle Mädchen wollten mit ihm reden, essen oder Snowboard fahren, aber Lian interessierte sich für niemand anderen als sich selbst. Liv konnte nicht verstehen warum ihr Bruder so gut mit ihm befreundet war. Liv gehörte jedenfalls nicht zu dieser Art Mädchen die ihm hinterher liefen. Sie fand das Verhalten dieser dummen Kichertanten lächerlich und wollte nichts mit ihm zu tun haben. Doch da Lian öfter bei Marlon zu Besuch war kannte sie ihn besser als ihr lieb war. Liv mochte Lian nicht und ging ihm weitestgehend aus dem Weg, deswegen passte es ihr überhaupt nicht, dass er sie nun fahren sollte.

„Hallo Ladys."

Lian strahlte sein Zahnpastalächeln. Liv verdrehte die Augen, aber Tamara ging auf seinen Flirt ein und wurde ein wenig rot. Sie nahm seinen Arm an, den er gentlemanlike entgegenstreckte. Liv jedoch schüttelte nur den Kopf und schritt alleine und triumphierend die Stufen herunter. Sie fühlte sich elegant, schön und unglaublich sexy. Daran konnte auch der blöde eingebildete Lian nichts ändern. Freundlich wie sie nun mal war überließ sie ihrer besten Freundin den Platz vorne neben dem Angeber. Auf der Rückbank saß sie super, vor allem weil Lians Auto und ja, das musste sie leider zugeben, einfach der Wahnsinn war. Vermutlich saß man hier überall gut. Liv war noch nie mit einem solchen Auto gefahren und das sie gerade heute an ihrem Abschluss aus einer Luxuskarre aussteigen würde glich dann doch irgendwie einer typischen Filmszene. Zwar hasste Liv normalerweise solche kitschigen Klischees, aber heute wollte sie sich einfach darauf einlassen, vor allem weil sie sowieso nichts ändern konnte. Während der Fahrt hatte sie das Gefühl, dass Tara Quasselwasser getrunken hatte, denn sie redete ununterbrochen. So gesprächig hatte Liv ihre beste Freundin lange nicht erlebt. Sie war sich sicher, dass es an Lian lag, aber ihr war es recht, dann musste sie wenigstens nichts sagen. Zufrieden schaute sie aus dem Fenster und schloss für einen kurzen Augenblick ihre Augen. Heute endete ein langes Kapitel in ihrem Leben. Die Schulzeit war endlich vorbei! Doch was geschah danach? Liv hatte sich vor dieser Frage bisher gedrückt und ihre Eltern ließen ihr die Freiheiten. Aber sie wusste noch immer nicht wie es nach dem Abitur weitergehen sollte. Schnell schüttelte sie den Kopf und damit ihre Gedanken fort. Liv wollte sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, schließlich machte sie nur einmal im Leben Abitur und ging auf einen Abschlussball.