Kapitel 1

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Er kniete sich hin, griff in seine Jackentasche und holte eine kleine schwarze Box heraus. Dann schaute er ihr wieder in die mit Tränen gefüllten Augen und sagte, dass er sie über alles liebte und sein Leben mit ihr verbringen wollte. Schließlich fragte er sie, ob sie ihn heiraten wolle und überglücklich fiel sie ihm um den Hals. In ihrem glücklich weinenden Schluchzen hörte er ein überzeugtes Ja, welches sie immer wieder wiederholte. Ein innig leidenschaftlicher Kuss machte den Antrag perfekt.

Augenrollend klappte sie ihr Buch zu. Das war ja schon wieder typisch vorhersehbar. Das hätte sie sich denken können. In Büchern endete alles in einem Happy End, wobei dies überhaupt nicht der Realität und dem echten Leben entsprach. Sie stand auf, schmiss ihr Buch auf die Couch und begab sich in die kleine Küche ihrer zwei-Zimmer Wohnung. Es war mucksmäuschenstill und nicht zum ersten Mal ärgerte sie sich über das perfekte Leben der Protagonisten in ihren Büchern. So viel Glück, Liebe und Leidenschaft, das ist einfach nur unrealistisch und lächerlich. Denn wenn sie sich ihr eigenes Leben anschaute, dann wusste sie, dass keine dieser romantischen Geschichten, seien sie aus den Lynn Austin oder sonstigen Büchern, der Wahrheit entsprachen. Das wirkliche Leben sah komplett anders aus und das musste sie immer und immer wieder aufs Neue erfahren. Mitten in ihre Gedanken hinein klingelte ihr Telefon und sie ließ vor Schreck ihre Tasse zurück ins heiße Abwaschwasser fallen. Hektisch schaute sie sich um. Wo war nur dieses verdammte Telefon?! Sie versuchte dem Klingeln zu folgen und fand es schließlich unter ihrem Kopfkissen. Wie auch immer es dorthin gekommen war. Verwirrt ging sie ran. Am anderen Ende war ihre Mutter. Eigentlich hatte sie gerade keine Lust mit ihr zu sprechen, aber ihrer Mutter zur Liebe ließ sie sich dann doch darauf ein. Liv rollte mit ihren Augen und legte sich auf ihre Couch. Der Abwasch musste warten. Wenn ihre Mutter anrief, dauerten die Gespräche erfahrungsgemäß länger.

„Hörst du mir überhaupt zu?" Liv zuckte zusammen. Sie hatte mal wieder nicht zugehört. Kopfschüttelnd richtete sie sich auf.

„Ich brauche dir nicht zu zuhören, weil ich weiß was du zu sagen hast. Es ist jede Woche das Gleiche wenn du anrufst. Es nervt und ich habe darauf keine Lust. Willst du noch etwas anderes von mir?"

Sie war schroffer als sie beabsichtigte und sofort, als die Worte ihren Mund verlassen hatten, fühlte sie sich schlecht. Sie wusste, dass ihre Mutter ihr nur helfen und das Beste für sie wollte. Aber wenn sie ehrlich zu sich selbst war dann wusste sie einfach nicht wie sie mit so viel Fürsorge umgehen sollte.

„Es tut mir leid, Schatz. Es kommt nicht wieder vor. Möchtest du in deinem Urlaub zu Weihnachten vorbeikommen? Dein Bruder und deine Schwestern kommen auch und wir wären nach langer Zeit mal wieder als ganze Familie zusammen."

Liv seufzte in den Hörer hinein und schloss ihre Augen. Zurück in ihre Heimat? Sie war sich so sicher, dass sie das nicht mehr tun wollte, doch sie vermisste ihre Familie und hier hielt sie auch nichts. In ihrem Urlaub hatte sie bisher sowieso nichts geplant, Weihnachten wollte sie nicht alleine sein und Freunde hatte sie hier auch so gut wie keine. Traurig, aber leider wahr...

„Ich denke darüber nach und melde mich nochmal bei dir."

Nach einem weiteren kurzen Wortwechsel verabschiedeten sie sich voneinander und Liv ließ sich anschließend mit geschlossenen Augen zurück auf die Couch fallen. Sollte sie wirklich zurückfliegen?

LIVIAN - Riskante LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt