Kapitel 15

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Heute wollte Liv zum ersten Mal nach langer Zeit den Jugendkreis besuchen. Seit dem Vorfall auf der Verlobungsfeier war sie Fabio aus dem Weg gegangen und hatte seine Anrufe und Nachrichten weitestgehend ignoriert. In der Jugendsprache ausgedrückt ghostete sie ihn, aber Liv war durcheinander und wusste nicht was ich sie ihm sagen sollte und vermied somit die Konfrontation. Leni freute sich, dass Liv mit in den Jugendkreis kam und hakte sich freudestrahlend bei ihr ein.

„Es ist schon so lange her, dass wir beide etwas gemeinsam gemacht haben. Ich freue mich richtig, dass du dabei ist. Imani wird dir gefallen, sie leitet den Kreis wirklich sehr gut."

Liv lächelte ihre jüngere Schwester an. Sie war gespannt und aufgeregt. Der Jugendkreis fand in den unteren Räumlichkeiten der Gemeinde statt und Liv stellte fest, dass sich seit ihrem letzten Besuch nicht viel verändert hatte. Sie gingen die Treppe hinunter, kamen in einen Flur mit großem Spiegel, von dem die Toiletten abgingen und eine weitere Tür die die anderen Räume miteinander verband. Liv öffnete die Tür und sah den ihr alt bekannten Billardtisch, auf dem sie so viele Runden mit ihren Geschwistern und Kindheitsfreunden gespielt hatte. Liv hatte seit Ewigkeiten nicht mehr gespielt, aber sie mochte es noch immer. Sie ging an dem Billardtisch vorbei in die linke Tür und betrat den Jugendraum. Bunte Lichter an den Wänden erhellten den Raum und die gemütliche Sofaecke stand noch immer dort, wo Liv sie in Erinnerung hatte, rechts an der Wand. Das alte Klavier stand geradeaus unter dem Fenster und es roch wie damals nach Keller und muffigen Möbeln. Sie lächelte. Diese Räume hatten ihren ganz eigenen Charme und enthielten wirklich schöne Erinnerungen. An den Geruch hatte sie sich schnell wieder gewöhnt und als die paar Jugendlichen, die bereits anwesend waren, die beiden Schwestern erblickten, wurden sie herzlich mit Umarmungen begrüßt. Bisher hatte Liv noch kein bekanntes Gesicht entdeckt und war weiterhin gespannt, ob einer ihrer Kindheitsfreunde kommen würde. Auch Imani, die den Jugendkreis leitete, betrat den Raum.

„Ah, ich freue mich euch zu sehen. Herzlich willkommen!"

Liv lächelte ihr nickend zu und ließ sich auf der Ledercouch in der Ecke fallen. Leni tauschte sich mit zwei Mädchen aus, die sie kannte. Liv beobachtete das Treiben um sich herum und sie freute sich auf die kommenden Gespräche. Sie wollte gerade aufstehen und sich an der Bar, die sich links hinten in der Ecke befand, etwas zu trinken holen, als sie eine ihr sehr bekannte Stimme hinter sich hörte und sie sich grinsend umdrehte.

„Ich glaub es ja nicht! Das verlorene Schaf ist zurückgekehrt!" 

Alois kam freudestrahlend auf sie zu und zog Liv in eine feste Umarmung. Sie drückte ihn fest an sich. Alois und Liv waren damals beste Freunde, erzählten sich so gut wie alles und verstanden sich wirklich gut. Doch durch ihren Umzug nach Hamburg wurde der Kontakt Monat für Monat immer weniger, bis sie gar keinen Austausch mehr hatten. Alois stammte ursprünglich aus Frankreich, aber als er drei Jahre alt war musste sein Vater beruflich umziehen und er landete mit seiner Familie in Österreich. Alois war dunkelhäutig und trug noch immer dieselben Rastazöpfe, so wie Liv sie in Erinnerung hatte. Er hatte mittlerweile einen Bart und war fast einen Kopf größer als sie.

„Du bist ja riesig geworden! Zu viele Fruchtzwerge gegessen?"

Die Beiden lachten. Sie hatten schon damals den gleichen Humor gehabt, weshalb sie sich sofort wieder gut verstanden. Er trug ein buntes T-Shirt und eine lockere Jeans mit Löchern. Dazu weiße Jordans. Erst jetzt viel Liv auf, dass er keine Zahnspange mehr trug, was ihm sehr gut stand.

„Hey, du bist ja endlich deine Kaumaschine losgeworden. Herzlichen Glückwunsch, sieht echt gut aus."

Liv boxte ihn freundschaftlich in den Oberarm und Alois zeigte stolz seine Zähne.

„Du siehst auch gut aus. So erwachsen und reif."

Alois lachte sein herzliches Lachen und zog sie erneut in eine Umarmung. Er murmelte in ihren Hals wie sehr er sie vermisst hatte und Liv konnte nur nicken, so fest drückte er sie an sich. Alois war damals für Liv ein Stück Familie gewesen und vermutlich war auch er einer der Gründe gewesen, warum sie in Hamburg eine solche Leere verspürt hatte. Mittlerweile waren bereits mehr als fünfzehn Jugendliche vor Ort und unterhielten sich, tranken etwas an der Bar oder chillten auf den Couches. Es war eine angenehme und harmonische Atmosphäre und Liv fühlte sich sehr wohl.

LIVIAN - Riskante LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt