Eine Prise Regen

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In anbetracht dessen vermag die Welt, die uns umgibt perfekt wirken. Wie ein Ort dem nie etwas schlechtes zustoßen kann. Doch das tut sie nicht. Sie ist verdorben und krank . Verdorben durch das Leid, den Hass und den Schmerz. Und wo Schmerz und Hass existiert, sind auch sie nicht weit. Die Flüche. Ein Virus den die Welt erschuf. Seit Anbeginn der Zeit taten sich die Menschen zusammen und bekämpften das Übel, welches durch die stärksten Emotionen hervor gerufen wird. Menschen mit einer besonderen Begabung. Die Gabe das verdorbene zu sehen, zu fühlen und gleichermaßen zu hassen. Um die Unschuldigen dieser Welt vor diesem Virus zu wahren. Sie nicht ein Teil von ihnen werden zu lassen.
Jujuzisten.
Einige Anhänger der Jujuzisten nennen die Flüche sogar den Zorn Gottes.

Würde es jedoch einen Gott wirklich geben, dann hätte er so eine abscheulichkeit niemals zugelassen. Und dann wäre ich nicht in dieser zugegebenermaßen lächerlichen und peinlichen Situation, an die ich mich kaum erinnern kann....

Der Wind pfeift durch ein zerbrochenes Fenster den Flur runter. Die Krallen der Ratten geben ein klackerndes Geräusch von sich, wenn sie über den Betonboden wie kleine Pfeile schießen, um nicht erwischt zu werden. Hin und wieder quietschen sie, wenn sie nah genug sind. Vermutlich um totes Fleisch für sich zu beanspruchen. Sie können riechen, wenn etwas schwer verwundet und dabei ist zu sterben. Gewitzte kleine Viecher.

Irgendwo, ein paar Räume weiter, tropft Wasser in ein verrostetes Waschbecken und gibt dabei ein blechernes Geräusch von sich. Der Tropfen schlägt bei seinem Aufprall vermutlich Wellen und schwemmt kleine Rostpartikel mit an den Rand, wo er sich dann absetzt.

Die Luft ist klamm und stinkt modrig. Beinahe so als würde man einen bereits verscharrten Sarg zurück an die Oberfläche holen und ihn aufbrechen. Doch was man vorfindet gleicht nicht dem Geruch, nach alter Erde. Der Tod riecht nicht nach Erde und doch irgendwie schon. Immerhin wird jedes Wesen einst bald zu dieser Erde. Sie wird eins mit dem Kreislauf.

Die Hand des apokalyptischen Reiters schließt sich bereits um meine Kehle und drückt langsam zu. Das atmen fällt mir schwer. Meine Lunge gibt ein blubberndes Geräusch von sich, bei jedem Zug den ich mache. Den ich so dringend brauche. Der Boden unter meiner Wange wärmt sich allmählich auf. Oder ist es doch das Blut, was mir unentwegt aus dem Mund läuft?
Ich weiß es nicht, aber es ist angenehm. Es fühlt sich beinahe so an, als würde ich bei Mutter auf dem schoß liegen, während sie mir durch das Haar streichelt und sie mir Geschichten erzählt. Ich kann ihre Stimme hören. Der Wunsch die Augen zu schließen ist so mächtig, daß mir vereinzelte Tränen in den Augen brennen.

Ich atme schwer aus, was sich mehr nach einem wimmern anhört, als wirklich nach atmen. Der Staub wirbelt vor meinen Augen auf und senkt sich in dem Blut nieder, was bereits in die feinen rillen des Steines unter mir sickert.

Doch so verlockend es auch ist, darf ich nicht einschlafen. Ich darf nicht zur Erde werden. Die Zeit ist noch nicht gekommen.

Ich Krümme mit aller Kraft den Zeigefinger. Er bewegt sich kaum. Es ist wie ein zucken, denn dann verlässt mich meine Kraft und meine Muskeln verkrampfen in meinem Körper.

Das scharren von Schuhen über den Boden lässt mich den Atem anhalten. Da ist jemand... Nein zwei. Mein lädiertes Herz beginnt zu Rasen.

,, Scheiße die ist so gut wie Tod. Was ist passiert ? " die Stimme summt, beinahe so als würde sie meinen Anblick lustig finden. Ich wünschte ich könnte mitlachen.

Sein Gegenüber schweigt verhemmt, was mir die Chance nimmt seine Stimme zu erkennen. Mal Davon ab geht es mir so gut, wie ein überfahrener Dachs am Straßenrand, so daß meine Konzentration kaum bis garnicht mehr existent ist.

Erneut Schritte über dem Boden. Sie kommen auf mich zu. Jemand dreht meinen ausblutenden Körper auf den Rücken und vor meinen Augen setzt sich kein vernünftiges Bild zurecht. Ich kann den jenigen kaum erkennen. Nur Schwache Umrisse, als wäre ich unter Wasser.
,, Sie atmet noch" die Stimme angenehm tief. Fast schon sanft, als würde er darüber erstaunt sein, dass ich nach so etwas noch in der Lage bin zu leben.

Der andere, definitiv auch männlich, schnaubt:,, Fragt sich wie lange. Mach was du willst mit ihr. Töte sie, lass sie sterben, oder bei Gott nimm dir was du willst von ihr. Mit völlig egal. Ein toter Jujuzist ist immer was gutes. " daraufhin entfernen sich Schritte aus dem Raum. Doch der andere ist noch da. Ich spüre ihn direkt neben mir. Sein Schuh berührt ganz leicht meinen Oberschenkel.

Jetzt wo ich auf dem Rücken liege, fällt mir das atmen wieder leichter. Der metallische Geruch meines Blutes gemischt mit dem modrigem Geruch des Raumes, windet sich an den feinen Härchen in meiner Nase vorbei und dringt in mein Unterbewusstsein. Und darunter eine feine Brise. Es riecht frisch. Beinahe so als hätte es gerade geregnet und der Geruch würde noch in der Luft hängen. Aber es schien doch die Sonne oder?

Mein Besucher zischt. Eine angewiderte Reaktion. Ich kann es verstehen. Würde ich mich auch so schwach sehen, wäre ich auch enttäuscht und schon garnicht würde ich mich jujuzist nennen. Der andere hat recht. Bevor ich andere gefährde und sie nicht beschützen kann, ist es doch besser einfach zu sterben. Zu der Erde zu werden, die ich bin.

,, Du hast ganz schön was eingesteckt und ich muss ehrlich sein, es beeindruckt mich wie stark dein Überlebenswille ist. Vielleicht töte ich dich nicht... Naja, noch nicht. "
Stoff Raschelt als er sich von der hocke in den Stand begibt. Ich spüre deutlich wie er auf mich herab sieht und ich wünschte ich könnte ihm einen trotzigen Blick zuwerfen. Doch mein Körper ist wie erstarrt. Jegliche Kraft braucht er jetzt um mein Herz weiter schlagen zu lassen und meine Lunge mit sauerstoff zu füllen.

Und ja verdammt er hat recht. Meine Überlebenswille ist immer noch da. So lange ich atme, solange meine Seele nicht meinen Körper verlässt, so lange werde ich dafür kämpfen zu leben. Am liebsten möchte ich es ihm entgegen schreien, aber leider entfährt mir nur ein Gurgelndes Geräusch,als ich ausatme.

,, Mal sehen was ich retten kann. " überlegt mein Besucher laut und greift unter meinen ausgekühlten und schlaffen Körper.
Wozu retten, wenn er mich hinterher eh wieder tötet? Denke ich mir und lasse mich widerstandslos in seine Arme heben. Er hebt mich hoch, als wäre es keine große Anstrengung für ihn.

Sein Körper ist warm und seine Kleidung weich. Jetzt steigt mir der saubere Geruch nach frischen Regen intensiver in die Nase und ich bin mir sicher das er so riecht. Nach meinem verbliebenen Gefühl nach zu urteilen, würde ich behaupten, dass er ein Mensch ist. Denn Flüche haben keine warme Körpertemperatur. Das beruhigt mich minimal. Denn ein Mensch kann ganz ohne Fluchkraft sterben. Das heisst notfalls kann ich ihn mit letzter Kraft töten.

Mit jedem Schritt den er macht und umso mehr seine Wärme mich umhüllt, umso schwerer fühlen sich meine Augen an. Bis ich letztendlich den Kampf verliere und mich fallen lasse. Meine Schmerzen einfach nur einen Moment vergessen kann.

Blood is thicker than WaterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt