Meine Frage schwebt schwer wie Blei im Raum. Alles ist um uns herum ruhig. Selbst Choso Brustkorb hebt und senkt sich gelassen. Kein Wort verlässt seine Lippen. Einzig allein mein Atem und mein Herzschlag ist ohrenbetäubend laut. Viel zu laut.
Mein Magen verkrampft sich als mir bewusst wird, dass ich ihm offensichtlich mein Geheimnis auf einem Silbertablett serviert habe. Wenn er nicht gänzlich auf den Kopf gefallen ist kann er eins und eins zusammen zählen. Er wird wissen das ich nicht spüre was er ist und wird es zu seinem Vorteil nutzen. Dabei hatte ich am ersten Tag mir noch eingeredet ich könnte es wissen, obwohl ich nie dazu in der Lage war.
Ich denke an Satoru. Er war immer der, der mir am meisten ans Herz legte stets das Geheimnis zu wahren, dass ich Flüche nicht spüren kann. Er wusste das ich dadurch ein leichtes Ziel werde und jetzt habe ich die goldenen Regel naiverweise gebrochen, die ich mir selbst auferlegt habe. Einfach weil meine Neugier zu groß war. Vergib mir Satoru.
Choso macht einen Schritt nach vorne und dann noch einen. Ruhig und wortlos kommt er auf mich die weniger Meter zu und ich bin zur Salzsäule erstarrt. Ich fühle mich als wäre ich das Beutetier was in den schlickigen Boden gedrückt wird und die krallen des Predators sich langsam und geduldig in meine Kehle bohren. Selbst Mein Spiegelbild kann ich klar und deutlich in seinen Augen erkennen. Er steht so unfassbar nah, dass sich mir die Nackenhaaren aufstellen.
,, Du kannst es nicht spüren oder ", seine Antwort lähmt für einen kurzen Moment mein Herz. Er weiß es...
Mein Mund öffnet und schließt sich wieder. Unfähig auch nur einen Ton heraus zu bringen. Ich bin mir nicht einmal bewusst ob es sinnvoll wäre zu lügen. Ob eine Antwort überhaupt sinnvoll wäre.
Ein ersticktes keuchen dringt stattdessen aus meiner Kehle. Etwas spitzes borhrt sich ganz ganz leicht in die Seite meines Halses. Es ist nicht kalt, sondern warm. Ohne auch nur einen falschen Muskel zu rühren wandern meine Augen zu der Stelle wo ich das was auch immer es ist vermute und bin gelinde gesagt alles andere als erfreut. Die Spitze eines Dolches bohrt sich in die erste Hautschicht meines Halses und mir wird auch schnell klar wieso die Klinge nicht kalt ist. Es ist kein Metall, sondern Blut. Verhärtetes Blut.
,, Fuck ", entweicht es mir leise und Choso nickt mir zustimmend zu, drückt die Klinge ein klein wenig tiefer, das meine Haut darunter fein reißt und sich eine feine rote Linie bildet.
,, Was denkst du was ich bin?", fragt er mich. Meine Augen suchen die seinen und finden sie. Ich weiß nicht ob das eine Fangfrage ist oder sein ernst, also antworte ich:
,, Ich vermute mal das du nicht gänzlich Mensch bist, denn ich glaube kaum das die Kamo Familie jemanden wie dich in seinen Reihen hat. Jedenfalls ist mir darüber nichts bekannt. "Chosos Miene bleibt verschlossen. Sein Blick löst sich einen Moment und geht zu dem Blut was in einem feinen rinnsal mir langsam die Kehle herab rinnt.
,, Du bist gut informiert , das muss man dir lassen. Jedoch ist mir nicht ganz klar wieso ein ausgebildeter Jujuzist keine Flüche oder Fluchkraft spüren kann. ",, Ich verrate dir einen scheiß", grolle ich und spucke ihm in meinem Übermut an. Vielleicht macht es meine Situation nicht besser, aber es ist alle mal besser nicht zu heulen. Und das Bedürfnis habe ich gerade, als ich sehe das mein Speichel nicht einmal seine makellose Haut berührt. Ein dicker Blutstropfen der aus dem nichts erschienen ist fing es einfach ab. Einfach so.
Der Braunhaarige atmet tief durch -vermutlich um nicht die Beherrschung zu verlieren - und drückt mir seine Klinge stärker an den Hals,, Vorsichtig mit dem was du tust. Ich bin zwar nicht vollständig ein Mensch, aber ich schlage keine Frauen. Und du solltest mich nicht auf die Probe stellen. "
,, Ach aber drohen ist okay?! Oh und was ist als du mich bewusstlos geschlagen hast?!" schieße ich drauf los, weil seine Worte ein Widerspruch durch und durch sind. Und dieser Wichser mich wirklich wütend macht. Alles an ihm macht mich wütend. Seine kalte Mimik, seine Art wie er spricht, als wäre ihm alles egal, seine abweisende Haltung und vorallem diese unnatürlich wirkenden braunen leblosen Augen.,, Du hast mir keine andere Wahl gelassen. " das Messer an meiner Kehle verschwindet genauso schnell wie es auftauchte und Choso macht einen Schritt zurück.
,, Geh dich jetzt waschen. Ich habe auch noch andere Dinge zu tun."
Völlig perplex über diesen Wechsel starre ich ihn an. Ich habe weder eine Antwort noch eine Rechtfertigung für seine Brutalität.
,, Bist du taub?! Wenn du nicht sofort unter das Wasser steigst spritz ich dich draußen im Schnee mit einem Schlauch ab", schnauzt er und kräuselt dabei eigenartig seine Nase. Als würde ein bissiger Hund knurren.
,, Das würdest du nicht tun"
,, Willst du es herausfinden? ", seine Drohung ist definitiv kein Bluff und alles sträubt sich in mir ihm zu gehorchen. Nur leider habe ich keine Wahl. Zumindest nicht jetzt und ich brauch wirklich dringend eine Dusche.,, Dann Dreh dich wenigstens um", verlange ich.
,, Wozu an dir Streichholz ist nichts dran. Da gibt es nichts zu sehen. "
Empört schnappe ich nach Luft. Vielleicht liegt das auch einfach nur daran das ich so dünn bin, weil er ein wirklich beschissener Koch ist?! Und was bildet er sich überhaupt ein mich so respektlos zu beleidigen?,, Schön", schnappe ich giftig und zerre mir unter Schmerzen meine Hose zu den Knien. Mit erhobenem Haupt sehe ich ihm entgegen. Meine Wangen fangen Feuer. Das ist mit Abstand das peinlichste und demütigstenste was ich in den letzten 2 Jahren erlebt habe.
Als ich mit zitternden Händen an mein Oberteil fasse wendet Choso den Blick ab.
,, Beeil dich", knurrt er und geht an mir vorbei. Ich muss gestehen das es mich doch verwundert das er mir die ganze zeit über in die Augen gesehen hat. Ich hätte erwartet das er Frauen nur als Objekt sieht. Doch er besaß den Anstand wegzusehen.Ich schüttel den Kopf. Wer weiß ob er nicht doch so ist und nur auf den richtigen Moment wartet. Meine Gedanken schüttel ich so gut es geht für einen Moment ab und verdränge das beklemmende Gefühl der Scham und streife meine Sachen ab. Das erste mal habe ich das Gefühl das meine Haut richtig atmen kann. Es ist zwar eiskalt aber es fühlt sich gut an. Nichts was kratzt oder piekst.
Vorsichtig wickel ich die Verbände von meinen Wunden und betrachte diese. Sie sind gerötet und verkrustet, aber sie sind gut vernäht. Wenn ich Glück habe bleiben nicht einmal dunkle Narben zurück. Aber es werden Narben bleiben. Leider.
Ich steige aus meiner Unterwäsche und tapse über den Boden. Die vertrockneten Blätter knirschen und knacken unter meinem nackten Füßen wenn ich auf diese trete und steige in die leicht abgesackte Dusche unter den rostigen Duschkopf.
Meine Hände umschließen den Regler und zögern. Er sagte es gäbe Warmwasser . Kann ich darauf vertrauen?
Ich drehe den Regler auf und eiskaltes Wasser flutet meinen Körper.
,, Scheiße ist das kalt! ", schreie ich und halte die Hände schützend über mir, als könnten sie etwas ausrichten.,, Oh ja ganz vergessen du musst kurz warten bis es warm wird." ruft Choso mir aus irgendeiner Ecke und ich verfluche ihn. Na klar einfach vergessen...
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Blood is thicker than Water
FanfictionWas macht einen zum Menschen und was zu einem Fluch? Ist es der Schmerz, die Liebe oder doch der Hass. Fluch und Menschsein liegt nah bei einander. Doch manchmal scheint das offensichtliche nicht das zu sein, was man glaubt zu kennen.