Stahl blaue Augen funkeln mich erfreut an und ein ungläubiges Lächeln liegt auf ihren gespritzten roten Lippen. Ihre Haut ist glatt wie Anfang zwanzig. Einzig allein ihr Hals verrät sie, dass sie bereits älter ist. Das schwarze Haar fällt ihr wie teure Seide über die Schultern. Sie sieht genauso aus wie in meinen Erinnerungen.
,, Tante Kairi? ", frage ich verwirrt, schockiert und fassungslos zur selben Zeit. Es ist Jahre her, daß ich sie das letzte Mal sah.
Kairis Blick gleitet zu Choso. Ihre Augenbrauen wandern zur Stirn und sie hebt das perfekte Kinn. Ein Zeichen der Abneigung.
,, Wirst du wohl die Klinge weglegen du ungehobelter Bengel "Einen Moment stockt Choso und wirft mir einen Blick zu, ob er gerade richtig gehört hat. Aber vermutlich fragt er da gerade die falsche. Alles fühlt sich im Moment wie ein schlechter Traum an oder ein Scherz. Also lege ich meine Hand auf seine, damit schlimmeres verhindert wird und leite die Klinge Richtung Boden. Meine Hände zittern dabei. Ab da an bricht mein Kreislauf zusammen. Mein Körper gibt auf und sackt zusammen. Dann umfängt mich Stille.
*
Kairis Wohnung ist noch immer wie damals. Alles auf alt gemacht. Die ganze Bude voller Pflanzen und die Decken und Kissen selbst gehäkelt. In irgendwelchen Räumen quistern Räucherstäbchen und erschweren einen das atmen. Genau die selbe esoterik schiene wie damals, denke ich mir.
Ich nehme einen verkrampften schluck von meinem Holunder Birnen Tee, der mir mit gefühlten 200 grad die Zunge verbrennt und starre auf den Teesatz anschließend in meiner Tasse. Ich muss erstmal richtig klar werden nach meiner Ohnmacht und verstehen was absolut nicht zu verstehen ist.
Stille erfüllt den Raum, bis Kairi spricht,, Warum zur Hölle hast du einen Fluchgeist bei dir? "
,, Todes Gemälde wenn ich bitten darf.", blafft Choso energisch dazwischen ,, Ich bin weit aus mehr als solch ein nideres Geschöpf "
,, Oh vergib mir. Ich wusste nicht das du eine Reinkarnation bist. Solch abartigen Geschöpfe werden eigentlich gleich versiegelt" ihr gefälschte Freundlichkeit kann ich bis hier hin hören. Sie scheint Choso nicht zu mögen.
,, entschuldigen sie mal?!",Choso plustert sich neben mir auf und ich bekomme Kopfschmerzen.
,, Und ich wusste nicht das sie eine Fluchmagierin sind. Dabei sind wir fast vom gleichen Schlag "
,, Du bist was?!", unterbreche ich krächzent, bevor jemand etwas erwidern kann und starre in das perfekte Gesicht einer Frau die wie ein Geist auf mich wirkt. Auf ihren Lippen liegt ein stolzes Lächeln. Dieser Tag steckt voller Überraschungen und ich weiß nicht ob sie gut oder schlecht sind.,, Du hast es nie gemerkt, trotz deiner Fähigkeiten?", fragt sie mich, ignorierend das mein Kinn fast den Tisch berührt. In ihrer Stimme erkenne ich Enttäuschung.
,, Wie hätte ich das merken sollen?" Frage ich atemlos.
Kairi fährt sich mit dem Finger über die Lippe,, Vermutlich wärst du noch zu jung. "Erneute Wut flammt in mir auf. In letzter Zeit empfinde ich viel Wut. Viel zu viel.
,, Was zum Geier läuft hier? "
Ein leises knacken läßt mich runter sehen. Die gelbe porzellan Tasse hat einen Sprung bekommen. Ich sehe auf. Das war dann wohl ich.,, Deine Kraft ist stark. Ich kann sie spüren."
,, Und ich will sie nicht", sage ich energisch. Die Bitterkeit in meiner Stimme kann ich nicht verbergen. Denn es stimmt. Ich will sie nicht. Ich kann sie nicht kontrollieren.Kairis Blick wird sanft und wehmütig,, Aber sie ist ein Geschenk, yua. "
,, Ein Geschenk was nutzlos ist. Ich kann sie nicht kontrollieren. Wie kann ich mich da Jujuzist nennen?! Ich wäre vor gut 20 Minuten beinahe gestorben "Die Luft knistert vor Anspannung. Kairi und ich sehen uns still an, bis Kairi letztendlich den Blick senkt.
,, Aber deine Kraft hat dich her gebracht"Ein bitteres Lachen füllt die unangenehme Stille. Mein Lachen.
,, Ja, genau dort wo das Böse seinen Ursprung hat. "
,, Yua -"
,, Nein! " unterbreche ich sie scharf, reiße den Stuhl beinahe um, als ich aufspringe. Es reicht.,, Wir gehen Choso. Tut mir leid Tante Kairi. Du kommst 10 Jahre zu spät um mich zu behelligen. "Ohne ein weiteres Wort zu sagen wende ich mich um und gehe Richtung Tür. Mein kopf hämmert als würde jemand darauf einschlagen. An der Einganstür bleibe ich stehen und sehe nach rechts. Dort wo Fotos von Kairi und mir hängen. Wo meine Mutter noch unter den lebenden weilte. Sie erinnern an eine Zeit wo die Welt mich noch nicht versucht hat zu töten und zu foltern. Eine Welt die Inordnung war.
*
Der Wind peischt mir eiskalt entgegen auf den Straßen shibuyas. Der Regen sticht wie winzige Nadeln auf meiner Haut. Ich vergrabe die Hände tiefer in den Taschen meiner Jacke. Ich brauch nicht einmal Aufsehen, denn ich weiß wo ich lang muss. Ich kenne die Gegend wie meine Westentasche. Weiß wo hin ich treten muss um nicht zu stolpern. Weiß wann ich den Kopf einziehen muss, um nicht gegen eines der schilder zu laufen, die viel zu tief hängen. Jedoch weiß ich nicht wie ich aus diesem Sumpf entkommen kann.
Ich schlage den Weg nach rechts ein, in eine Gasse die kaum beleuchtet ist. Hier muss man nichts fürchten. Außer Ratten und Obdachlosen, die in den vollgepissten Ecken zugedröhnt liegen, gibt es hier nichts was einem gefährlich werden kann. Choso folgt mir ruhig. Seine Schritte sind fünf Meter hinter mir ganz entspannt. Fast bin ich versucht mich umzudrehen und zu warten, dass er aufholen kann. Doch ich tue es nicht. Laufe stur weiter die Gasse entlang, bis ich an der nächsten Abzweigung nach links gehe.
Die Gasse runter steht ein Gebäudekomplex. Herunter gekommen, mit Müll an der Seite der sich ins unermessliche stapelt. Die schwere Metalltür ist wieder ausgehangen. Vermutlich weil einer wieder seine Schulden nicht bezahlt hat und die Kredithaie rein gekommen sind. Sowas passiert hier öfter. Hin und wieder findet man auch abgeschnittene Körperteile im Flur liegen, wenn die Schuldner die summen nicht auftreiben können. Eine Art letzte warnung.
Ich quetschte mich durch die Tür und steige die Treppe nach oben. Es riecht hier wie immer. Nach schimmel, Fäkalien und sex. Auch hier folgt mir choso. Meine Beine tragen mich weiter.
Zu einigen Wohnungen stehen die Haustüren offen. Das sind meist die Huren die auf ihre nächsten Freier warten oder eine bereits aufgebrochene Wohnung, wo der Bewohner verstorben ist und die anderen denken dort gibt es etwas zu holen.
Im dritten Stock an der Wohnung 2 1 5 B bleibe ich stehen. Mal sehen ob er noch da ist wo ich ihn zuletzt hingelegt habe. Ich greife unter die Fußmatte mit dem Aufdruck " Herzlich willkommen wäre übertrieben".
Meine Nachbarin die sich mit spirituellen Dingen beschäftigt bekommt jedes mal Schweißausbrüche, wenn sie die Matte sieht. Sie sagt es ist eine persönliche Einladung für Dämonen und Geister und ich solle sie so schnell wie möglich entfernen. Ich muss jedes mal darüber lachen, denn sind wir mal ehrlich, es ist nicht die Fußmatte die sie anlockt, sondern ich bin es selbst.
Ich hebe den silbernen Schlüssel auf und stecke ihn ins Schloss. Einmal nach links eine halbe Drehung und dann mit Kraft zweimal nach rechts und dann schwingt die Tür auch schon auf.
Bevor ich eintrete sehe ich nocheinmal mir über die Schulter. Choso hält sich am Geländer fest und sieht mich wartend an. Ein Fuß steht bereits auf der letzten Stufe. Bereit mir ins ungewisse zu folgen. Misstrauen fehlt völlig in seinem Blick. Wie sonst auch ist da nichts. Nicht eine einzige Regung.
,, Wenn ich du wäre, würde ich das Geländer nicht anfassen. Wer weiß was da alles drauf klebt"
Schlagartig zieht er seine Hand weg und ich kann nicht anders als zu grinsen. Dann trete ich ein.
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Blood is thicker than Water
FanfictionWas macht einen zum Menschen und was zu einem Fluch? Ist es der Schmerz, die Liebe oder doch der Hass. Fluch und Menschsein liegt nah bei einander. Doch manchmal scheint das offensichtliche nicht das zu sein, was man glaubt zu kennen.