-26- Schlank dank Schlucht

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Anders als seine aus Bauern- und Handwerkerfamilien entstammenden Soldaten verschmähte Ralond von Eichenborn die unedlen Teile der Beute, zu denen da zählte: alles, außer das Muskelfleisch.

Torrelius Thieck verstand es, aus dem Wenigen an Gemüse, das sie hatten, bezirzt von einer Handvoll Wildkräutern, eine Gaumenfreude von einem Eintopf zu zaubern. Bald erfüllte der Duft das ganze Lager.

Der Mann, den sie Maaann nannten, fragte: „Welches Tier dreht sich nach seinem Tod noch fünfzigmal um die eigene Achse?"

„Deine Mutter im Grabe, wenn sie hört, was aus dir geworden ist.", stichelte jemand. Alle lachten.

Maaann schnaubte und kurbelte weiter am Spießbraten, der eigentlich gemeint war. Fett tropfte ins Feuer und verflüchtigte sich mit einem Zischen.

„Sollte langsam durch sein, meinste nicht?", fragte Zander, sein Kamerad, den er bereits intimer kannte, als ihm lieb war. Maaann riss einen Schenkel von einem der beiden Kaninchen ab, die sie am Nachmittag gefangen hatten, und begutachtete das Stück...

WUSCH.

... welches sich im nächsten Augenblick nicht mehr in seiner Hand befand. Der faule Hannes sah ihn entrüstet an. „He! Hat irgendwer gesagt, du sollst das Vieh aufessen? Wir haben alle Hunger, Maaann!"

Maaann sah hinüber zum Baum. Dort hing der Kaninchenschenkel – an einem Bolzen.

Ein sehr dicker Mann trat in den Feuerschein des Lagers. Ein sehr dicker Mann mit einem sehr entschlossenen Blick. Ein sehr dicker Mann mit einem sehr entschlossenen Blick und einer sehr großen Armbrust.

„Herr Mroth!", riefen alle im Chor.

„Maul halt'n" (Vannicks Schweinsäuglein huschten zu den Kaninchen) „gebt mer lieber was zu Ess'n!"

„Der Eintopf ist gleich fertig. Wir müssen nur noch..."

- „Den Spieß da will'ch."

„Aber, Herr! Es ist kaum genug für..."

Eiskalt drückte Vannick ab. Mit verdrehten Augen und einer gefiederten Vogelstange auf der Stirn sackte der Soldat, der zu widersprechen gewagt hatte, zusammen. Nach einer Sekunde griffen alle zu den Waffen.

Vier Sekunden später hatte der Schattenlenkerjäger bereits nachgeladen. Die Meute näherte sich im Halbkreis.

„Den Ersten, der's wissen will, mach'ch kalt.", drohte Vannick.

Ralond trat hinter seine Männer. „Ihr wisst schon, dass Ihr danach keine Gelegenheit für einen zweiten Schuss bekommen werdet – geschweige denn für Reue."

Der beste Armbrustschütze des Reiches schnaubte: „Dann traut euch!"

Die Männer taxierten ihn feindselig. Niemand traute sich.

„War eenfach, uns nach getaner Arbeet z'rückzulassen, hm? Was seid'er doch für'n ehrloser Haufen!" Vannick kämpfte gegen die Bitterkeit in seiner Stimme, wenn er daran dachte, dass Elinente vielleicht noch hätte gerettet werden können.

Ralond hielt es für das Beste, einfach den Mund zu halten. Manchmal halfen Worte nichts, sondern machten es nur noch schlimmer. Zu seiner Überraschung ergriff Thieck das Wort, der es sich obendrein nicht nehmen ließ, sich in aller Seelenruhe eine Pfeife anzustecken.

„Ihr wollt uns alle töten?", fragte er mit einer Stimme wie aus einem Nadelöhr, „Und was dann? Die Jagd allein fortsetzen? Zum König zurückkehren und die Niederlage eingestehen, die Ihr auf eigene Faust herbeiführtet? Nun, worauf wartet Ihr?"

Die Armbrust schwenkte in seine Richtung. Vannicks Finger zuckte. Die Umstehenden lauerten auf den Startschuss. Thieck exhalierte Rauch.

Und sagte: „Lasst mich einen besseren Vorschlag unterbreiten, Herr Mroth: Wir vergessen, was geschehen ist und erlangen gemeinsam unsere Reputation zurück. Wie klingt das?"

Im Zirkel der SchattenlenkerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt