Hühnersuppengift

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Teil8


Langsam aber stetig, kehrte Halloween ins Land der Lebenden zurück und begann seine Umgebung wieder wahr zu nehmen. Offensichtlich lag er in seinem Bett, denn es war warm und angenehm weich um ihn herum. Allerdings konnte er sich nicht erinnern, wie er dort hingelangt war.
Na ja, ihm sollte es egal sein. Behaglich kuschelte er sich tiefer in die Kissen und grummelte zufrieden vor sich hin. So wohl hatte er sich lange nicht mehr gefühlt....bis ein entsetzter Schrei ihn hochfahren ließ.

Auf das Gebrüll folgten wüste Beschimpfungen, die offensichtlich aus der Küche kamen und an seinen Herd gerichtet waren, denn dieser konnte für Außenstehende lebensgefährlich sein.
Hal stutzte. Diese Stimme, die sich einer so derben Ausdrucksweise bediente, gehörte eindeutig zu dem Mädchen, das tagelang durch seinen Kopf gegeistert war. Ria! War sie wieder da?
Er konnte es nicht glauben! War das nur ein Traum, ein Hirngespinst? Konnte es sein, dass er wegen des Fiebers fantasierte?
Doch da kam Davaria tatsächlich aus der Küchentüre in den Wohnraum gestolpert, einen Teller in den Händen balancierend.

"Ria," flüsterte Halloween fassungslos und seine Stimme versagte.
Sie sah ziemlich zerrupft aus. Wie nach einem harten Kampf, den sie wohl mit dem Herd auch ausgefochten hatte. Das Gesicht war hochrot, eine Haarsträhne angesengt, der Pullover hatte ein riesen Loch und Flecken. Die Bluse, die sie untergezogen hatte, hing halb aus der Jeans, die ebenfalls nicht mehr taufrisch aussah.
Aber das war Hal in dem Augenblick egal, für ihn hatte seine Nervensäge nie schöner ausgesehen.

Davaria sah hoch, als Halloween ihren Namen erneut raunte und für ein paar Sekunden schien die Zeit still zu stehen, als sich ihre Blicke trafen und in einander verfingen.
Dann faste sich Davaria als Erste. Sie unterbrach den Blickkontakt, räusperte sich und trat zum Bett.

"Ich habe Dich geweckt, dass tut mir leid. Weißt Du, dass deine Kochstelle versucht hat mich umzubringen als ich Dir eine Suppe kochen wollte?"
Sie grinste schief . "Na ja wie dem auch sei, ich habe Dir eine kräftige Hühnerbrühe gemacht, dann kommst Du schnell wieder auf die Beine. Wirst sehen, die wirkt Wunder. Möchtest Du im Bett essen, oder lieber am Tisch?"

"Bett." Er fühlte sich so kraftlos wie Wackelpudding.
"Ok. Moment! Ich hole etwas, wo wir den Teller draufstellen können."
Schnell kam sie mit einer Unterlage zurück und stellte vorsichtig den tiefen Teller darauf.

Hal beobachtete sie schweigend, aber dann stieg ihm der köstliche Geruch in die Nase und er konzentrierte sich auf das Essen vor ihm.
Mittlerweile hatte er richtig Hunger bekommen und sein Magen knurrte.
Vorsichtig pustete er auf den Löffel um die Brühe ein wenig abzukühlen und schob ihn dann, unter Davarias gespannten Blicken in den Mund.
Augenblicklich wechselte seine sonst sehr blasse Gesichtsfarbe ins grünliche, dann stieß er den Teller von sich, war mit einem Satz aus dem Bett und sprintete Richtung Badezimmer.

Nach einer Schrecksekunde eilte Davaria besorgt hinter ihm her, denn das ihr Patient so schnell wieder auf die Beine kommen würde, hatte sie nicht erwartet.
Still blieb sie in der Türe stehen und starrte fassungslos auf Hal, der ins Waschbecken spuckte und sich den Mund immer wieder mit Wasser ausspülte.

Endlich beruhigte sich der Key, trocknete sich ab und drehte sich zu Ria um, die ratlos und wie angewachsen im Türrahmen stand.
"Was war das für ein Zeug, wolltest Du mich vergiften?!" Sein Tonfall war ruppiger, als er eigentlich gewollt hatte.
"Ich.... ich wollte doch nur... schmeckt es nicht?" Fragte sie kleinlaut.
"Nicht schmecken? Das war...ich kann es gar nicht in Worte fassen, einfach grauenhaft. Was hast Du denn da rein getan?"

Zu Hals entsetzen begann Davarias volle Unterlippe zu beben und die sonst so fröhlich funkelnden Augen füllten sich mit Tränen.
"Ich wollte Dir wirklich nur helfen, ich," sie stockte. "Ich habe mir doch so eine Mühe gegeben damit es Dir bald wieder besser geht. Die Wohnung habe ich aufgeräumt und geputzt und...und Essen habe ich gemacht und dabei bringt mich der blöde Herd um ein Haar um und Sorgen habe ich mir um Dich gemacht und...."

Halloween überwand auf wackeligen Beinen die kurze Distanz zwischen ihnen und blieb direkt vor der verzweifelten Ria stehen, streckte eine Hand nach ihr aus, ließ sie aber dann doch wieder sinken ohne sie zu berühren.
Er rang nach den richtigen Worten, wollte sich entschuldigen, war aber nicht sehr bewandert in diesen Dingen. Er war von sich selber enttäuscht, hatte er sich doch geschworen alles wieder gut und besser zu machen, wenn er noch eine Chance bei Riabekommen sollte. Doch jetzt schien er auf der ganzen Linie zu versagen. Hilflos räusperte er sich. Was sollte er jetzt tun? Ihm brach der Schweiß aus und er überlegte fieberhaft, während er nach den richtigen Worten suchte. Verdammt! Er war nicht gut in sowas.
Schließlich nahm er allen Mut zusammen und berührte Davaria vorsichtig an der Schulter. Als sie den Kopf hob und ihn ansah wie ein geprügelter Dackel, holte er tief Luft, zögerte noch einen Moment und leierte dann so schnell es ging runter: "Kleine...Ria, es tut mir leid. Du hast Dir wirklich Mühe gegeben. Nur mit dem Kochen, dass musst Du noch ein wenig üben."

"Du bist nicht sauer?"Ria hielt den Kopf gesenkt, sah ihn aber durch die Fransen ihres Ponys von unten her scheu an.
Halloween fasste sich endlich ein Herz, zog sie in eine vorsichtige Umarmung und raunte: "Nein, wie könnte ich. Wo ich mich doch wie ein Elefant im Porzellanladen aufgeführt habe! Aber das Kochen werde wohl ich übernehmen. Zumindest bis Du es gelernt hast," grinste er verschmitzt. "Verrätst Du mir jetzt, womit Du es geschafft hast eine einfache Hühnersuppe zu vergiften?"
Davaria lachte schon wieder, löste sich aber aus der Umarmung und zog Hal zum Bett, als dieser von einer Hustenattacke gequält wurde.

"Ruh Dich aus, ich versuche Dir einen Tee zu kochen, ja?"
"Damit kannst Du jedenfalls nicht viel verkehrt machen," brummte Halloween gespielt knurrig. "Aber vorher bring mir doch bitte meinen kleinen Handspiegel aus dem Bad. Er hängt neben dem Regal. Mal sehen ob ich halbwegs passabel aussehe und das Make-Up noch sitzt."

Davaria zuckte schuldbewusst zusammen, hatte sie doch gewagt Hal abzuschminken und der wusste ja noch gar nichts von seinem Glück. Sie zog den Kopf ein und die Schultern schuldbewusst nach oben.
"Ist was?" Kam auch schon die misstrauische Frage.
"Äh...ne. Was soll schon sein?"
Langsam schob sie sich vom Bett weg, behielt aber Halloween weiter im Auge. "Aber ich wollte Dir noch sagen, dass Du mir so wirklich gut gefällst."

Sie verschwand im Bad und kehrte kurz darauf mit dem Spiegel zurück, während Hal noch über ihre kryptischen Worte nachgrübelte.


Sie warf ihm geradezu das Gewünschte auf die Bettdecke und war blitzschnell in der kleinen Küche verschwunden, um sich erneut mit den grausamen Küchengeräten herum zu schlagen.

Hal wunderte sich etwas, nahm aber arglos den kleinen Spiegel auf und sah hinein.
Seine Stimme war Markerschütternd. "Davaria! Was zum Teufel fällt Dir ein?!"
Ria zuckte zusammen und kicherte nervös.

"Komm sofort her!" Vorsichtig linste sie um die Ecke ins Wohnzimmer.

"Ich denke gar nicht dran."


Halloween KeyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt