Und jetzt?

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Wir machten uns auf den Weg in die Große Halle, in der sich Schüler, Lehrer, Auroren und Eltern zusammengefunden hatte. Die letzten Todesser, die ihr Unwesen getrieben hatten, waren verscheucht worden oder geflüchtet. Übrig waren nur noch wir geblieben. Wir, die gesiegt hatten.

Ich sah Neville und Luna schweigend nebeneinander sitzen. Fred und George machten Witze mit ihrer Familie. Harry stand bei seinen Freunden, endlich vereint mit Ginny. Seamus und Dean unterhielten sich mit Cho und Katie. Alle hatten sie überlebt.

Das Böse war verdrängt worden. Mir wurde gesagt, dass Bellatrix gestorben sei. Umgebracht, um genau zu sein. Ich wollte das Gefühl, welches ich empfand, nicht zwingend als Dankbarkeit bezeichnen, doch war es nicht falsch. Sie hatte mir all diese Qualen angetan. Sie hatte tiefe Narben hinterlassen. Aber sie würde nie wieder jemandem etwas zuleide tun können. Niemand musste mehr erleiden, was ich erlitten hatte und dafür war ich unendlich dankbar.

Meine Füße taten mir weh, deshalb setzten wir uns zu anderen Schülern auf die Bänke, die am Hallenrand standen. „Armes Mädchen, was hat man mit dir nur angestellt?", fragte Professor McGonagall mich mit einem mitleidigen Blick auf die dicke, wulstige Narbe mitten in meinem Gesicht. Ich sah auf und öffnete meinen Mund, doch es kam kein einziger Ton heraus. Mattheo nahm meine Hand in seine und ich setzte mein Schweigen fort. McGonagall schenkte mir ein letztes mitfühlendes Lächeln, bevor sie sich abwandte.

Stattdessen sah ich zu Mattheo rüber. „Was machen wir jetzt?", fragte ich ihn. Ich wusste nicht, was ich jetzt mit mir anstellen sollte. Das alles hier war mein Lebensinhalt gewesen. Was sollte ich denn jetzt tun? „Wir gehen nach Hause.", antwortete Mattheo. Doch mich ließ die Vorstellung eher verzweifeln. Ich drehte mich wehleidig zu ihm rum. „Ich hab kein Zuhause mehr. Ich musste meinen Eltern die Erinnerungen löschen, bevor ich gegangen bin. Ich kann da nicht hin zurück." Aufmunternd lächelnd sah er mich an. „Du hast mich. Ich könnte dein Zuhause sein." Ich legte meinen Kopf schief. „Das traust du dir zu?" Er lege seinen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich ran. „Du bist pflegeleicht. Ich denke, das schaffe ich." Grinsend sah er zu mir runter. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen schüttelte ich meinen Kopf. „Also, wie siehts aus? Gehen wir?", fragte er mich. „Wir gehen."

Ich verabschiedete mich von Neville, Luna, der Weasley Familie und Harry. Hermine zog mich zum Abschied in eine Umarmung. Keiner von uns beiden wollte als Erstes loslassen, deshalb dauerte es eine Weile, bis Mattheo und ich Hogwarts hinter uns ließen.


Aufmunternd sah Mattheo zu mir und klopfte an die Tür. Tief atmete ich durch. Narzissa Malfoy öffnete. Ihr verwirrter Gesichtsausdruck löste sich augenblicklich auf. „Mattheo?", entfloh es ihr. Er lächelte. „Hey."

„Du bist zurück gekommen?", hauchte sie mit Tränen in den Augen. Sie zog ihn in eine Umarmung. Schmunzelnd beobachtete ich das Geschehen. Sie sah so erleichtert aus, Mattheo wiederzusehen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er zurückkommen würde und sie war da nicht die Einzige. Ich war nicht zwingend erfreut darüber, an den Ort zurückzukehren, an dem mir so viel Leid zugefügt wurde.

Meine Nervosität kehrte zurück, als Narzissa mich erblickte. Sie löste sich von Mattheo, welcher sie erwartungsvoll musterte. Auch in seinem Gesichtsausdruck las ich eine Spur der Besorgnis. „Gaia, richtig?" Ich nickte zögerlich. „Kommt doch rein.", forderte sie uns auf, freundlicher als ich es erwartet hatte.

„Mattheo ist zurück.", rief sie durch das Haus. Sie schloss die Tür hinter uns. Mattheo nahm mir die Jacke ab und hängte sich neben seine an die Garderobe. Sie lief vor und schloss eine Tür links von uns. Ich sah mich in der dunklen Eingangshalle um. Es war ein wirklich komisches Gefühl, ein Jahr in diesem Haus verbracht zu haben und mich trotzdem kein bisschen auszukennen.

Ich folgte den beiden deshalb quasi blind in die Küche, wo wir Draco und seinen Vater vorfanden. Beide hatten aufgesehen, als Narzissa voran mit uns den Raum betreten hatte. Lucius war aufgestanden, Draco dagegen drehte nur seinen Kopf zu uns um. Auch, wenn sich seine Augen etwas weiteten, als er mich erblickte. „Was hast du dir nur dabei gedacht?", seufzte Lucius ohne Begrüßungsworte. „Stell dir mal vor, er hätte gewonnen. Dann hätten wir nichts mehr für dich tun können."

„Aber er hat nicht gewonnen.", entgegnete Mattheo, fast schon genervt. „Es war schwer genug, das Mädchen ein Jahr am Leben zu erhalten." Ich horchte auf. Sie alle sehen zu mir.

Mattheo bemerkte, wie unwohl ich mich fühlte. Er griff nach meiner Hand und zog mich mit sich mit nach oben. „Ich will dir noch was zeigen." Mit einem letzten Blick zu den Malfoys ließ mich von ihm zu seinem Schlafzimmer führen. Er öffnete eine seiner Schubladen. Überfordert stand ich im Türrahmen und beobachtete ihn. „Hier.", sagte er vorsichtig und drückte mir einen Stapel Briefe in die Hände. „Die hat mir Narzissa überreicht, den Tag, bevor du uns hier raus geholt hast." Ich starrte auf die schweren Briefe in meinen Händen, auf denen überall mein Name draufstand.

„Zu Anfang dachte ich, du würdest nicht antworten, weil deine Eule mal wieder so langsam war. Ich hab nicht aufgehört, dir zu schreiben. Ich wollte nicht wütend auf dich werden, weil du nicht antwortest, weil ich ja nicht wusste, was mit dir geschehen sein könnte. Am Ende der Ferien habe ich erfahren, dass die Briefe nie auch nur über diese Mauern hinweg gekommen sind.", erzählte er und setzte sich auf sein Bett. „Dann haben sie dich hergebracht." Ich sah mir die Briefe genauer an. Siebzehn Stück, insgesamt. Allesamt an mich adressiert und versiegelt. „Ich wollte zu dir, aber sie haben mir meinen Zauberstab weggenommen."

„Haben sie sie gelesen?", fragte ich ihn leise, den Blick immer noch auf die Briefe gerichtet. Mattheo schüttelte seinen Kopf. „Sie haben es versucht, aber ich hab das Siegel verzaubert. Nur du kannst es brechen." Beeindruckt verzog ich mein Gesicht. „Schlau." Er schmunzelte ein bisschen. „Das habe ich von dir gelernt."

Er musterte mich. „Ich dachte, du würdest mich hassen." Ich sah auf. „Wieso sollte ich?" Ich kannte doch seine Situation. „Weil er dir tatsächlich einreden konnte, dass ich dir das alles nur vorgespielt habe. Für dich sah es aus, als hätte ich dir die ganzen Ferien nicht geschrieben und-" Ich stoppte ihn. „Ich wusste, dass Draco mich verraten hat. Innerlich hab ich wirklich gehofft, dass du es einfach für sicherer erachtet hast, mir nicht zu schreiben.", ließ ich ihn wissen. „Außerdem kenne ich den Gesichtsausdruck, der mir sagt, dass du irgendetwas tatsächlich ernst meinst."

Ich legte die Briefe auf den kleinen Tisch und setzte mich zu ihm. „Du hast mich aus dem Wasser gezogen, Mattheo. Wegen dir habe ich keine Angst mehr." 

GAIA  (Mattheo Riddle FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt