'✵•.¸,✵°✵.。.✰ 4. Dezember ✰.。.✵°✵,¸.•✵'

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„Chef, du hast Besuch."
Marshall stöhnte innerlich, denn eigentlich war er wirklich zu beschäftigt, um Besuch zu empfangen. Das Weihnachtsgeschäft lief gut und er wollte schon einige Kreationen für Silvester ausprobieren. Herzhaftes Fingerfood, dass man bei Partys reichen konnte. Das dürfte den Leuten doch gefallen, wenn sie an diesen Tag nicht selbst kochen müssten.
Leider fielen ihm nur langweile Sachen ein, mit denen man keinen Kunden hinter dem Ofen hervorlocken konnte.
Kleine Würstchen in Blätterteig. Pah! Das konnte jeder machen und es war auch kein Hexenwerk. Dazu musste man nicht in den Laden. Er musste sich etwas Besseres einfallen lassen.

Nur unwillig richtete er sich auf und schaute zu Conny, eine der ältesten Angestellten seines Onkels. Sie war auch die Einzige, die vertraut mit ihm reden durfte, denn sie kannte ihn schon, als er ein kleiner Junge war.
„Wer ist es denn? Ein Vertreter kann ich nun wirklich nicht gebrauchen."
Sie grinste ihn an.
„Es ist Rose Harris."
Marshall runzelte seine Stirn. Wer?
„Wer ist Rose Harris?"
Der Name kam ihm schon bekannt vor, aber er konnte ihn nicht wirklich einordnen. „Die Mum von Archie. Sie wollte sich bei dir bedanken, dass du dich gestern mit ihm beschäftigt hast, während Lily einkaufen ging. Soll ich sie nach hinten schicken?"
Marshall nickte nur und machte sich weiter an einer Kreation, die er wohl wieder abschreiben konnte, weil sie einfach nicht perfekt war. Leise fluchte er vor sich hin. Er konnte die besten süßen Leckereien anfertigen, aber das hier bekam er einfach nicht hin. Es wirkte alles so abgehoben, als ob er immer noch in New York oder so arbeiten würde. Das passte einfach nicht hierher. Aber wenn er einfache Sachen machen wollte, waren sie langweilig. Er musste einfach nur das Mittelmaß finden, doch das war schwerer als gedacht.

„Mr. Marshall?"
Er hob den Kopf und blinzelte einige Male.
Vor ihm stand eine wunderschöne Frau, die ihn schüchtern anlächelte und ihre Hände walkte, als ob sie nervös sei.
„Hallo."
Seine Stimme hörte sich gerade seltsam an und er räusperte sich, damit er sich nicht wie ein Teenager anhörte.
Himmel, diese Frau war wirklich schön.
Langes braunes Haar, dass sie zu einem Zopf geflochten hatte. Ihre Augen waren hellbraun, was ihn an Milchschokolade erinnerte. Sie war viel kleiner als seine Ex-Frau, aber man sah ihr an, dass sie anpacken konnte. Ihre Jeans hatte schon bessere Tage gesehen und die dicke Daunenjacke verbarg viel von ihrem Körper. Aber was man sehen konnte, gefiel Marshall. Rose Harris war nicht so dünn wie seine Ex. Wie sagte man so schön? Man hatte was zum Anpacken. Nun ja. Solche Gedanken sollte er eigentlich nicht haben. Sie war eine Fremde und dennoch...
Wieder räusperte er sich.
„Kommen Sie doch herein. Wie geht es Archie?"
Sie trat näher, blieb aber hinter der Anrichte, was ihm gefiel. Andere nahmen so eine Einladung gerne zum Anlass, ungefragt sein Essen zu inspizieren, ohne sich zumindest die Hände zu waschen.
„Ich wollte Sie gar nicht weiter stören und mich nur bedanken, dass sie Archer bei sich aufgenommen haben."
Sie seufzte.
„Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es schwer, ihn davon abzuhalten. Leider hat er meine Schwester hereingelegt. Ich will nicht sagen, dass er log, aber er wollte wohl unbedingt in die Stadt. Ich hätte eigentlich wissen sollen, dass er nicht mit Lily in den Supermarkt wollte."
Marshall lachte leise.
„Das habe ich bemerkt und habe deswegen vorgeschlagen, dass er bei mir bleiben kann, bis ihre Schwester mit dem Einkauf fertig ist. Er war auf einer Mission. So sind wir Jungs eben. Ich wollte ihm nur helfen."
Sie schluckte hart und senkte einen Moment den Kopf.
„Ich hoffe, er hat sich benommen?"
Marshall nickte.
„Natürlich. Er ist ein netter Junge."
Er hörte sie murmeln, dass das nicht jeder so sehen würde, und erinnerte sich an Chloe, die Archie als Nervensäge bezeichnete.
„Machen Sie sich keinen Kopf. Archie war sehr lieb und ich habe die Zeit mit ihm genossen. Vor allem, weil er mein Essen verschlungen hat. Egal, was ich ihm vorsetzte, er aß es."
Sie lachte leise.
„Das Sandwich war aber auch sehr lecker. Auch meine andere Schwester bedankt sich dafür."
Er grinste sie an.
„Die Sandwiches hat Archie zubereitet. Ich war in der Zeit nur der Handlanger für ihn."
Sie sah ihn überrascht an.
„Er hat noch nie gekocht."
Marshall zuckte mit den Schultern.
„Nun ja, gekocht haben wir auch nicht wirklich. Wir haben nur Brote belegt und ich habe ihm einige Tricks gezeigt."

Wieder lächelte sie ihn an und Marshall musste sich an der Anrichte festhalten. Damit er nicht umkippte.
Himmel, was war denn gerade los mit ihm?
Nun sah sie neugierig auf die Anrichte.
„Wird das hier das Essen für den Ball?"
Marshall runzelte die Stirn.
„Ball? Welcher Ball?"
Sie riss die Augen auf.
„Hat Ihnen das noch niemand erzählt? Am Wochenende vor Heiligabend veranstaltet die Stadt einen Weihnachtsball im Foyer des Rathauses. Jeder Bewohner wird anwesend sein und den Baum vor dem Rathaus schmücken. Alle ansässigen Händler stellen einen Teil ihrer Ware zur Verfügung. Wir sind seit jeher für den Apfelpunsch und das Apfelangeln zuständig. Ihr Onkel bietet kleine Leckereien an. Ich dachte, Sie bereiten es schon vor."
Marshall knurrte.
Da stand ein besonderes Ereignis an und er tüftelte hier an den Sachen für Silvester.
„Keiner hat mir etwas davon gesagt."
Sie schlug ihre Hand vor den Mund zusammen, doch dann richtete sie sich auf, legte ihre Jacke ab und ging ans Waschbecken, um sich die Hände ordentlich zu waschen.
„Sie haben noch ein paar Tage Tage Zeit, Mr. Baker. Ich kann ihnen helfen, denn wir haben schon alles erledigt. Also, wenn Sie es wünschen."
Er starrte sie an.
„Wie bitte?"
Sie kam zu ihm und schubste ihn leicht mit der Hüfte an.
„Ich kann Ihnen helfen. Also wenn sie das wollen."
Das hatte er schon verstanden.
„Aber wieso?"
Sie zuckte mit den Schultern.
„Weil man das hier so macht. Außerdem haben Sie meinen Sohn glücklich gemacht, denn er redet immer noch von Ihnen, der Bäckerei und wie viel Spaß er hatte. Da ist es das Mindeste, dass ich Ihnen helfe. Also los. Was können wir zubereiten, was für einen Weihnachtsball geeignet ist und das man noch in der kurzen Zeit schaffen kann?"

Okay. Das war wirklich seltsam, aber Marshall freute sich auch irgendwie darauf. Immerhin war da eine wunderschöne Frau, die keine Scheu hatte, ihm zu helfen, obwohl sie bestimmt selbst genug zu tun hatte. Besser konnte es doch nicht werden.

"Ich freue mich, dass Sie mir helfen wollen, denn ich kann Ihre Hilfe wirklich gebrauchen. Also dann. Machen wir einen Plan."

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