XII

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"Bakugou, warte eine Sekunde", hielt Aizawa ihn zurück, als er gerade den Saal verlassen wollte.
"Was gibt's?", fragte Bakugou verwirrt. Hatte er irgendwas falsch gemacht? Eigentlich konnte er sich nicht wirklich an irgendein Fehlverhalten erinnern.
"Konntest du dich mit Tokoyami in Verbindung setzen?"
"Oh. Nein."
Tatsächlich hatte er es gar nicht erst versucht. Sein Kommilitone war seit der Sache mit Shoji nicht mehr aufgetaucht und Aizawa hatte die Deadline zur Abgabe für das Projekt für alle nach hinten versetzt. Um sich den Umständen entsprechend anzupassen oder so. Mittlerweile war der Tod von Shoji nicht mehr überall Gesprächsthema Nummer Eins, immerhin war es "schon" über zwei Wochen her, doch es hatte letztlich wirklich viele Studis beschäftigt.
"Okay. Gib ihm noch etwas Zeit. Wenn er in einer Woche immernoch nicht erreichbar ist schauen wir, ob wir die Abgabe für dich anpassen können. Vorher versuche ich selbst, ihn wieder auf Kurs zu bringen." Der Dozent zog angespannt die Augenbrauen zusammen und fuhr sich durch die zottigen Haare.
"Du kannst jetzt gehen. Ich glaube, Yaoyorozu will noch mit mir sprechen."
Wie auf Kommando tauchte sie an der Tür auf, schüttelte aber den Kopf.
"Oh, nein, ich warte eigentlich auf Bakugou."
"Ach so." Damit scheuchte er beide mit einer Handbewegung aus dem Raum und schloss hinter ihnen zu.
"Dann bis morgen", murmelte er gähnend und ließ sie beide allein.
"Hast du auch das Tutorium bei ihm belegt?", fragte Bakugou.
"Ja. Hast du mich nicht bemerkt?"
"... Nein."
"Nicht schlimm", lachte sie leise. Ihm fiel zum ersten Mal auf, wie viel Zeug sie bei sich trug. Ihr Rucksack hatte bestimmt Stauraum für 10 dicke Bücher. Dabei hätte er schwören können, sie schon mal mit einem Ipad gesehen zu haben. War ein Vorteil davon nicht, genau sowas vermeiden zu können?
"Ich habe über deinen Vorschlag nachgedacht."
"Ah."
Fuck, plötzlich wurde er nervös. Was, wenn sie nein sagte? Oder noch viel schlimmer: Was, wenn sie einwilligte? Dann würde er sie tatsächlich Fake-Daten? Zumindest laut Plan, ja, seinem dämlichen Plan. Blöde Uraraka die ihm das eingeredet hatte.
"Wenn-"
"Oh, Yaoyorozu!", rief plötzlich eine ihm unbekannte männliche Stimme. Yaoyorozu drehte sich ruckartig zu der Quelle des Geräuschs um und blickte in das Gesicht irgendeines no-Name-Komillitonen, den Bakugou noch nie gesehen hatte.
"H-Hallo."
"Lange nicht mehr gesehen! Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr ins Seminar!"
"Oh, also, das ist weil, ich muss da immer arbeiten, also..."
Entnervt blickte Bakugou zu dem Unbekannten und hoffte, sein Starren würde dafür sorgen, dass er die Biege machte.
"Arbeiten? Ich dachte, das hättest du gar nicht nötig. Hast du nicht super viel Geld?"
Hilfesuchend blickte die Schwarzhaarige zu Bakugou auf, der damit jedoch nicht allzu viel anfangen konnte.
"Jedenfalls, ich schmeiße nächstes Wochenende irgendwann eine Party, hast du Lust zu kommen?", fragte der Unbekannte und lehnte sich scheinbar spielerisch nach vorne, woraufhin Yaoyorozu einen Schritt nach hinten machte und mit dem Rucksack in Bakugous Seite traf.
Da griff sie plötzlich nach seinem Arm, zog ihn etwas enger an sich und drückte ihren Kopf gegen seine Schulter.
"Tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass mein Freund das so toll findet, oder, Bakugou?"
Sie blickte gespielt entschuldigend drein, während sich ihre perfekt gemachten Nägel in Bakugous Arm krallten.
"Ja, zisch ab", fauchte Bakugou den Studenten an, der angemessen zusammenzuckte.
"I-Ich wusste nicht, dass du einen Freund hast. Sorry. Man sieht sich im Seminar!"
Damit wandte er sich tatsächlich ab und ging seines Weges.
Sofort ließ Yaoyorozus Druck auf seiner Haut nach, sie ließ jedoch noch nicht los.
"Ich denke das heißt, dass du einverstanden bist?"
Sie nickte.
Obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte spürte er weiterhin ihr Unbehagen und um ehrlich zu sein machte er sich etwas Sorgen. Netterweise zerfleischte sie seinen Arm nicht mehr, allerdings klammerte sie sich weiterhin daran fest, als würde sie andernfalls von einem Sturm davongetragen werden.
"Hast du jetzt direkt noch was vor?"
"Nein."
"Dann lass uns gehen. Kannst dich auch noch an mir festhalten wenns hilft."
"Danke."
Und so liefen sie gemeinsam durch die Korridore der Uni, vorbei an erstaunten Blicken und leisem Kichern. Es hatte mit Sicherheit noch nie so lange gedauert, dieses Gebäude zu durchqueren. Obwohl Bakugou mal behauptet hatte, ihm wäre die Meinung der anderen egal, so spürte er doch Hitze seinen Nacken hochsteigen. So viel Gerede um sich herum war er nicht gewohnt. Yaoyorozu war tatsächlich eine kleine Berühmtheit an der Uni, nicht nur wegen der Eltern. Er erinnerte sich an ihre Rede als Studentenparlaments-Vorsitzende vor zwei Semestern. Sie hatte letztes Semester plötzlich aufgehört, keiner wusste, weshalb.

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