Kurz nach dem Gespräch mit Mina, als sich Bakugou gerade setzen wollte, um sich auf die Vorlesungen in der nächsten Woche vorzubereiten, erhielt er eine Mail.
Hallo Bakugou,
hier ist Tokoyami. Entschuldige, dass wir bezüglich des Projekts wegen mir im Verzug sind. Ich habe mit Herrn Aizawa gesprochen und er meinte, er würde uns mehr Zeit geben. Hast du morgen oder Montag Zeit, damit wir uns absprechen können?
Tokoyami
Er starrte die Nachricht nur kurz an, bevor er mit einem "Morgen geht." antwortete. Um ehrlich zu sein wusste er nicht ob er erleichtert oder nervös sein sollte. Einerseits musste er das Projekt nicht alleine machen, was er schon in Erwägung gezogen hatte, andererseits musste er Tokoyami treffen. Und damit wieder mit der ganzen Shoji-Sache konfrontiert werden. Genervt griff er sich an die Schläfen und klappte seinen Laptop auf, um seine Texte zu lesen. Ablenkung konnte nur helfen.
Allerdings hörte er schon ihre Stimme: "Was liest du?"
Er hatte das Radio nie ausgeschaltet.
"Text über Radioaktivität", murmelte er, ohne den Blick von seinem Laptop zu nehmen. Nicht dass er sie hätte anschauen können, ohne sich die Brille zu holen.
"Das klingt interessant."
"Weißt du was über Radioaktivität?"
"Sicher! Das überschneidet sich mit Physik, weißt du? Auch wenn es nicht allzu relevant in meinem Fachbereich ist."
Stimmt ja. Astrophysik.
"Marie Curie war schon eine beeindruckende Frau. Ich meine, sie ist eine der wenigen Personen mit zwei Nobelpreisen. In deinem und meinem Studienfach. Sie war auch die erste Frau mit Nobelpreis, oder?"
"Jap. Eine der wenigen. Bei den Naturwissenschaften liegt der Frauenanteil an Nobelpreisträgern unter fünf Prozent", kommentierte Bakugou, der sich nicht mehr allzu sehr für den Text interessierte.
Er hörte sie die Luft einschnappen und musste schmunzeln.
"Weil so viele Männer die Arbeit von Frauen stehlen, Frauen in vielen Ländern nicht gefördert werden und man als Frau auch heute noch in den Wissenschaften dumm angemacht wird!"
"Chill, ich hab das nicht gesagt, ums zu befürworten. War höchstens Kritik."
"Oh. Sorry, ich bin nur gewohnt, mich beziehungsweise Frauen in den Naturwissenschaften zu verteidigen."
Ja, das konnte er sich vorstellen. Es gab nicht allzu viele Frauen in seinem Studiengang und er hat oft genug mitbekommen, wie sich Kommilitonen abwertig über diese unterhalten haben. Ein Mal war es sogar ein Dozent gewesen, der die einzige Frau im Kurs immer gefragt habe, ob sie Hilfe benötigen würde, was er den Männern kein einziges Mal angeboten hatte.
"Sexisten." Nun stand er doch auf, um sich die Brille zu holen.
Sie regte sich noch eine Weile auf, während er zuhörte. Sein Text war mittlerweile in Vergessenheit geraten. Irgendwie störte ihn das nicht besonders. Es reichte ihm gerade, ihr bei ihren Geschichten über das Studium zuzuhören. Es beruhigte ihn.Eine halbe Stunde später saß er mit den anderen WG-Mitgliedern plus Mina am Küchentisch und musste mit ansehen, wie Sero es sich es zur Challenge machte, die riesigen Salatblätter ungeschnitten in seinen Mund zu bekommen.
"Hier, guck, man sieht doch, dass ich den Salat geschnitten habe!", warf Kirishima ein und hob triumphierend ein Salatblatt in die Höhe, das er vielleicht angeschnitten hatte. Es war also immernoch so groß wie seine Handfläche.
Sero schüttelte nur den Kopf und wischte sich die Salatsoße von den Mundwinkeln, während Mina und Kaminari ihm applaudierten.
"Ich wills auch versuchen! In meinen Mund passt einiges rein", rief Mina und wackelte mit den Augenbrauen, was Kaminari zum Lachen und Sero zum Erröten brachte. Dann schob sie sich ein Stück Salat in den Mund, würgte es aber halb aus, als sie merkte, dass sie es nicht kauen konnte, während Sero ihr den Rücken rieb. Kaminari fiel fast vom Stuhl vor Lachen und Bakugou rollte mit den Augen. Idioten.
"Ich hab mir so Mühe gegeben", schmollte Kirishima und stocherte in seinem Curry herum.
"Das Curry schmeckt ja auch", erwiderte Sero, "also... danke fürs Kochen. Aber nächstes Mal den Salat nicht nur halbieren."
"Ja, danke Mann", sagte auch Kaminari, nachdem er sich von seinem Lachkrampf erholt hatte.
"Das Rezept hab ich von Bakugou!" Er strahlte schon wieder, die Kommentare über seinen Salat schon vergessend.
Ja, es war das erste, was er dem Rothaarige beigebracht hatte. Damals waren sie sechzehn gewesen und Kirishima hatte seine damalige Freundin mit einem seltbgemachten Abendessen überraschen wollen. Das erste Mal hatte er das Curry fast anbrennen lassen und es zusätzlich versalzen, woraufhin Bakugou den Schwachkopf eigentlich hat aufgeben wollen. Aber Kirishima hatte allein weitergeübt und nach einer Woche ein einigermaßen akzeptables Curry zustande gebracht. Aber auch damals hatte er das Gemüse viel zu groß geschnitten. Manchmal war es innen noch roh.
"Ich glaube es ist eine Frage der Technik", behauptete Kaminari und faltete seinen Salat sorgfältig zusammen. Als er das Paket mit der Gabel aufspießte und Richtung Mund führte, spannte es wie ein Bogen auf und spritzte ihm Salatsoße ins Gesicht. Schallendes Gelächter brach aus.
"Haben eure Gehirne im Alter von fünf aufgehört, sich zu entwickeln? Esst euer verdammtes Essen, statt damit rumzuspielen", knurrte Bakugou. Beruhigend hob Kaminari die Hände.
"Chill Dude."
Dann verlief das Essen erst friedlich, sie stellten fest, dass Kaminari kaum Erinnerungen an den Abend zuvor hatte, also erzählte Mina ihm von dem Shindo-Jirou-Drama, wie sie es nannte.
"Woah, du hast mit Jirou geschlafen?", fragte Kaminari wie erwartet.
"Nein. Den Nächsten, der mich das fragt, bringe ich um", murmelte Bakugou, ohne aufzusehen.
"Aber Jirou ist single", warf Mina ein und schaute Bakugou verschwörerisch an. Zum zweiten Mal rollte er mit den Augen.
"Willst du was von ihr?", hakte Kaminari nach. Die Nachricht, dass sie single war, schien ihn nicht zu beeinflussen.
"Nein."
"Aber sie ist schon cool, oder?", sagte wieder Mina. Anscheinend glaubte Kaminari, dass die Frage Bakugou gestellt worden sei, weshalb er nicht antwortete. Daher blickte Mina ihn auffordernd an. Sein Blick irrte zwischen Mina und Kaminari her. Was sollte er jetzt bitte sagen?
"... Ja?", versuchte er es und wandte sich Mina zu, um ihre Reaktion zu lesen. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf, fast wie eine enttäuschte Mutter. Er spürte leise Frustration und damit verbunden auch Wut in sich aufkochen. Fuck, das hier war ihr Ding. Dafür hatte er sie eingeweiht. Er hatte keine Ahnung, was er wie und wo am besten sagen sollte.
"Ich habe gehört dass sie in einer Band mitspielt", fügte sie hinzu und starrte diesmal Kaminari an, damit er ja nicht glaubte, sie würde nur mit Bakugou sprechen. Netterweise besaß Kaminari eine große Anzahl an Hirnzellen weniger als seine Freunde und schien daher nicht zu registrieren, wie seltsam Minas und vermutlich auch Bakugous Blicke waren. Sero und Kirishima jedoch bemerkten den plötzlichen Wechsel der Stimmung und schauten sich verwirrt an.
"Oh, ja, ich habe sie mal auf der Bühne gesehen. Sie singt, spielt Gitarre, ich glaube sogar Bass. Ziemlich cool, oder?", grinste er nur begeistert.
Plötzlich leuchtete Minas Gesicht auf.
"Du wolltest doch immer einen Gitarrenlehrer! Frag doch Jirou!"
Er musste zugeben, das war echt eine gute Idee. Kaminari spielte schon seit einer Weile, aber nur für sich selbst.
"Nur weil sie gut Gitarre spielen kann heißt das nicht dass-" wollte Sero einwerfen, doch Mina hielt ihm den Mund zu und blickte ihn frostig an.
"Babe", presste sie scharf heraus, "kannst du mir mein Glas Saft auffüllen?"
Der Kühlschrank befand sich tatsächlich näher bei ihr als bei Sero, doch er schien die gefährliche Aura um seine Freundin wahrzunehmen und stand wortlos auf.
"Also?", wandte sie sich wieder ihrem Opfer zu und klimperte mit den Wimpern.
"Meint ihr sie würdet das machen?", fragte Kaminari in den Raum hinein und nuckelte gedankenverloren an seiner Gabel herum. Wieder einmal fragte sich Bakugou, was Jirou an ihm fand. Naja. Konnte ihm ja eigentlich egal sein.
"Ich kann sie fragen", meldete er sich auch wieder zu Wort.
Mina nickte ihm aufmunternd zu und seltsamerweise fühlte er angenehmen Stolz in sich aufsteigen. Was zur Hölle?
"Okay, cool, danke Bakugou!"
Sero setzte sich wieder und zuckte nur mit den Schultern, als er Kirishimas fragenden Blick auffing.
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Fantasma
Fiksi Penggemar[Künstler des Covers ist Koalka auf Reddit] Katsuki Bakugou ist ein ganz normaler Student, der die Schnauze von seinen Mitbewohnern voll hat und lieber an seinen Projekten arbeitet, als zu schlafen. Doch als seine "Freunde" ihn dazu bringen, ein Oui...