z w a n z i g

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»Eine köstliche, beinahe sommerliche Kombination«, kommentiert Charles und ich nicke bekräftigend.

»Ich müsste dann auch wieder...« Ich ziehe die Unterlippe zwischen die Zähne und deute mit dem Zeigefinger auf die drei Schüsseln und Küchengeräte, die ich gleich für mich beansprucht habe.

»Natürlich, wir wollen Sie nicht weiter aufhalten und schauen lieber später nochmal vorbei«, säuselt Charles, gibt June ein kleines Handzeichen und lässt mich mit den angefangenen Cremes zurück.

Ich schlucke, reibe mir mit der Hand über das Gesicht und bin erleichtert darüber, dass sie mich ohne Weiteres in Ruhe gelassen haben – wenngleich mir die Vorstellung davon, noch einmal von ihnen aufgesucht zu werden, nicht unbedingt gefällt.

Ich lasse Luft entweichen und hebe den Blick, um Gages für einige Sekunden aufzufangen. Er lächelt, nickt mir zu und ich schaffe es, den Rücken durchzudrücken und mich wieder meiner eigentlichen Aufgabe zu widmen. Den Cremes, die unsere Torte zu etwas ganz Besonderem machen sollen.

-

Allmählich werde ich nervös.

Die Creme, die ich für die äußere Verkleidung der beiden Böden aufgespart habe, ist flüssiger als es ihr guttut.
Ich habe Emma zweimal auf die Füße getreten, während wir um unsere Tische herumhuschen und mir ist die kleine Packung mit Kardamompulver, von der es gottseidank noch eine zweite gibt, auf den Boden gefallen.

Das Schlimmste ist allerdings, dass Gage seit zehn Minuten nicht auffindbar ist.

Wir haben noch dreißig Minuten, um unsere Kreationen zu finalisieren, bevor das Signal ertönt und die zweite Runde geschafft ist. Bevor wir uns der Dekoration und den Feinheiten hatten widmen wollen, war er auf die Toilette verschwunden.

Er sei in einer Minute zurück, hatte er versprochen. Und ich ließ ihn gehen, natürlich. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen, weil er gerannt war, als ginge es um sein Leben, hatte ich beobachtet, wie er den Saal verlässt und nichtsahnend damit begonnen, alles auf seinen Platz zu stellen.

Ich hebe erneut den Blick an, scanne alle Anwesenden Personen ab und kann ihn nach wie vor nirgendswo erkennen.

Auch Madison und der Bürgermeister, die kurz vor Gage den Saal verlassen haben, sind wie vom Erdboden verschluckt. Beim Bürgermeister bin ich um diese Tatsache nicht traurig. Mit seinen Ankündigungen und Versuchen, uns den Druck von den Schultern zu nehmen, hat er für mehr Unruhe gesorgt als uns unterstützt.

Die Ruhe, die durch sein Verschwinden im Saal aufkommt, ist beinahe therapeutisch.

Ich streiche mir eine hartnäckige Haarsträhne hinter das Ohr und starte einen weiteren Versuch, die Creme an den Kuchen zubekommen. Mehr schlecht als recht haftet sie endlich an dem schokoladigen Teig und ich hebe das Brett, auf dem ich den Boden abgestellt habe, an, um ihn in die Küche zu tragen.

Während ich mich der anderen widme, hoffe ich inständig, dass die Creme im Kühlschrank etwas an Festigkeit gewinnt. Ansonsten können Gage und ich es vergessen, die beiden Böden aufeinander zu stapeln.

Ich schiebe den Boden in den Kühlschrank und schließe die Tür just in dem Moment, in dem Gage in die Küche gestampft bekommt.

Trotz den offenen Aufgaben in diesem Wettbewerb stemme ich die Beine in den Boden und betrachte ihn.

»Ist die Toilette so weit weg?«, frage ich und versuche, mit einem heiseren Lachen über den Umstand hinwegzutäuschen, dass ich im Stress bin und es eigentlich nicht amüsant finde, dass er so lange verschwunden war.

»Mir ist was dazwischengekommen«, grummelt er. Während er durch die Küche stampft – direkt auf den Ständer mit unseren Jacken zu, würdigt er mich keines Blickes.

Kardamomherzen ₂₀₂₃ | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt