Kardamomherzen ₂₀₂₃ | ✓

e i n u n d z w a n z ig

Ich starre in die Richtung, in die er verschwunden ist und hoffe, erwarte beinahe, dass er sich umentscheidet und zu mir zurückkommt. Dass er sich entschuldigt und wir die letzten Minuten des Wettbewerbs gemeinsam meistern, bevor wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Sache mit seinem Vater regeln werden.

Doch nichts dergleichen geschieht.

Er kommt nicht zurück, und der Schmerz in meinem Herz erinnert mich daran, dass es für mich um viel mehr geht als um diesen Wettbewerb. Ich habe das Gefühl, er hätte sich auch von mir abgewandt.

Ich schlucke schwer, fahre mir mit der Hand durch die Haare und knalle die Tür zu, ehe ich auf dem Absatz kehrt mache und zu den anderen in den Saal trete.

Außer René und Emma, die mir einen prüfenden Blick zuwerfen, scheint niemand unsere Unterhaltung und Gages Entscheidung mitbekommen zu haben. Ich werfe den beiden ein zittriges Lächeln zu und begebe mich wieder an die Arbeit.

Die Stimmen um mich herum werden zur Nebensache und meine Hände funktionieren, ohne dass ich mir bewusst darüber bin, was ich tue. Die kleinen Dekorationen und die restliche Creme findet, wie von selbst ihren Weg auf den zweiten Kuchen. Währenddessen hängen meine Gedanken an dem Gespräch mit Gage. An den Gefühlen, die er gerade durchleben muss und die Wut, die er im inneren fühlt und ich teile.

Sicherlich hat ihn die Manipulation seines Vaters mehr getroffen als mich, dennoch spüre ich Wut in meinem Magen aufkommen, die mich die Backutensilien kraftvoller als notwendig wieder auf dem Tresen abstellen lässt.

Als ich Bewegung am anderen Ende des Saales wahrnehme, hebe ich den Blick.

Der Bürgermeister kehrt, mit Madison im Schlepptau, zurück in den Saal. Seine Wangen sind blass und Sorge blitzt in seinem Blick auf, als er die Augen über die Anwesenden schweifen lässt.

Schließlich bleiben sie an mir hängen. Ich beiße die Zähne zusammen, lasse alles stehen und liegen und balle die Hände zu Fäusten. Eine tiefe Falte tritt zwischen seine Brauen, als ich langsam mit dem Kopf schüttle.

Er schließt für einen Moment die Augen und wird im nächsten wieder von June und Charles in Anspruch genommen. Sie versammeln sich vor ihm, halten ihm die Kamera ins Gesicht und löchern ihn mit ihren Fragen.

»Verdammt«, grummle ich, stützte die Hände auf dem Tresen ab und lasse den Kopf sinken.

Die Sekunden ziehen ins Land, in denen ich abzuwägen versuche, was das Richtige ist. Mein Verstand ruft mir zu, dass ich weitermachen muss. Trotz der Umstände, meiner Wut und der Traurigkeit darüber, dass Gage mich im Stich gelassen hat.

Auf der anderen Seite jedoch ist da diese Stimme, die mir zuruft, dass ich ähnlich wie er das Handtuch schmeißen und mich aus dem Staub machen sollte. Ohne ein Wort, ohne eine Erklärung und den Bürgermeister seinem Schicksal überlassen sollte.

»Evette, Liebes. Kann ich dir helfen? Wo ist Gage?« Ich spüre, wie sich Emmas Hand auf meine legt. Die Wärme, die in hartem Kontrast zu der Kälte steht, die seit dem Gespräch mit Gage meinen Körper befällt, beruhigt meine Nerven nur minimal.

»Er kommt nicht zurück. Gage hat den Wettbewerb geschmissen und ich weiß nicht, ob ich dasselbe tun soll«, hauche ich und stoße angehaltenen Atem aus.

Ich höre, wie Emma neben mir leise nach Luft schnappt und anschließend meine Finger mit ihren umklammert.

»Aufgeben ist keine Option, meine Liebe. Schon gar nicht, wenn du so kurz vor dem Ziel stehst«, haucht sie. Ich öffne langsam die Augen, drehe den Kopf zur Seite und sehe in die vertrauensvoll wirkenden Augen von Emma.

Diese schenkt mir ein schwaches Lächeln und streicht mir mit den Fingern über die Wange.

»Ich helfe dir. Sag' mir, was ich machen soll, und wir bekommen das gemeinsam hin.« Überrascht über ihr Angebot hebe ich die Augenbrauen und benötige einen Moment, um mich zu sammeln.