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Wir fliegen schon seit einer Weile hier oben. Über den Wolken, umgeben von Dunkelheit. Der Vollmond leuchtet uns den Weg und ich seufze genervt. Azurite spricht schon seit einer halben Stunde vor sich hin, versucht offensichtlich dem eigentlichen Gespräch aus dem Weg zu gehen. ,,Jedenfalls bin ich dann mit Tairn wieder weggeflogen und ich kann dir sagen, dass war wirklich aufregend." ,,Okay. Ich freue mich für dich, dass du so ein Spaß hattest, und auch die anderen ganzen Geschichten, wirklich toll. Ich meine es ernst. Aber wir sind hier um zu reden, also bitte rede mit mir.", ich sage es etwas schärfer als gewollt und bereue es direkt. ,,Ja, Entschuldigung, du hast recht. Es ist nur so, dass ich- dass ich Angst habe vor dem was ich dir gleich erzählen werde. Angst davor, dass du mich verurteilst." ,,Nein, das brauchst du nicht, versprochen." ,,Ich- Also mit Sicherheit weißt du, dass es keine weißen Drachen gibt, also normalerweise nicht.  Ich bin daher ein Sonderfall. Ich bin laut Codagh der stärkste Drache, der jemals gelebt hat, weswegen sie mich eingesperrt haben. Ganze einhundert Jahre. Die ersten achtzig Jahre habe ich getrauert, ich war nicht mehr ich selbst. Aber eines Nachts, die Nacht zu dem dreizehnten Februar, war dort plötzlich ein Licht. Ich war in dieser Höhle eingesperrt, es war dauerhaft dunkel, aber in dieser Nacht, tauchte plötzlich ein kleines Licht auf. Ein kleines Licht, welches in der Luft schwebte. Es war so schön anzusehen und ich wusste, dass dieses Lichtlein etwas ganz besonders war. Zu dem Abend, wusste ich, dass es nicht nur meine Bestimmung war, dort alleine in der Höhle zu kauern, ich musste herausfinden was es mit diesem Licht auf sich hatte. Und dann genau ein Jahr nachdem sich dieses Licht zu mir gesellt hatte, wusste ich es. Dieses Licht war ein Teil einer Seele. Nicht meiner Seele, nein. Deiner Seele, Emalyn. Dank diesem Licht, welches immer bei mir war, wusste ich wie es dir geht. Wenn es hell geleuchtet hat, warst du besonders glücklich, aber es gab auch ein paar Moment, wo es fast ganz erlöschen war. Zu Bespiel an dem einen Tag, vor fünf Jahren. Und ich wusste auch, dass ich mich bald befreien musste, aus den Ketten, die sie mir angelegt hatten, um zu dir zu kommen. Und gestern Abend hat es so stark geleuchtet, ist aufgesprungen, hat mich von meinen Fesseln befreit und ich wusste, dass jetzt der richtige Zeitpunkt war, um zu dir zu kommen." Mir bleibt die Luft weg. Am dreizehnten Februar vor zwanzig Jahren wurde ich geboren, genau dann, als das Licht erschienen ist. Aber das kann doch nicht sein, oder? Gibt es so etwas wirklich? Meine Gedanken rasen und mir wird kurz schwindelig. ,,Aber das ist noch nicht alles. Als Codagh, Tairn und ich zusammen weggeflogen sind, sind wir ins Vale geflogen um zu reden. Also meinerseits zu reden. Sie wollten mich nur wieder einsperren. Jedenfalls glaube ich das. Sie fragten mich, ob ich völlig den Verstand verloren hätte und was dass sollte. Ich sagte ihnen, dass ich etwas gespürt hätte und sie mich nicht für immer in diese Höhle einsperren konnten. Wir diskutierten noch, sie sagten, dass sie Angst um mich hätten und das ich eventuell für Versuche und Untersuchungen getötet werden könnte. Doch ich war der festen Überzeugung, dass es das richtige war und schließlich kann ich es auch nicht mehr rückgängig machen. Ich meine falls ich mich doch dazu entschieden hätte, mich einsperren zu lassen, was definitiv niemals wieder passieren wird. Sie hätten dann aber von meiner Existenz gewusst und hätten mich gesucht." Ich bin völlig überfordert mit der Situation gerade. Mein Kiefer sackt bis zum Boden, über dem wir fliegen. Ich glaube ich war noch nie so überfordert, wie in diesem Moment. Mir fehlen die Worte. Aber was hätte man dazu auch sagen sollen? ,,Ähm-Also- Ich weiß jetzt nicht wirklich was ich sagen soll.", gestehe ich. ,,Alles gut. Ich wäre an deiner Stelle auch überfordert gewesen." Mir kommt ein schockierender Gedanke. ,,Aber wenn du nun der mächtigste Drache bist, der je gelebt hat, dann...... werde ich dann die mächtigste Siegelkraft haben?", ich warte gespannt auf eine Antwort und während diesen verfliegenden Sekunden, hole ich schwer Luft, nur um dann den Atem anzuhalten. ,,Ja, Emalyn. Du wirst höchstwahrscheinlich die mächtigste Reiterin werden, die jemals gelebt hat, mit der mächtigsten Siegelkraft." Sie macht eine kurze Pause. ,,Und genau deswegen müssen wir dich trainieren, auf das vorbereiten, was dich erwarten wird, mit einer solchen Macht. Aber du wirst das meistern, ich weiß es. Ich wusste es von Anfang an und ich werde es bis zu deinem letzten Herzschlag wissen."  ,,Und was ist wenn ich verbrenne?", mir wird schlecht bei diesem Gedanken. ,,Wirst du nicht. Dafür werde ich sorgen." ,,Ich- Aber was ist wenn ich sterbe,.....", beginne ich, doch werde von Azurite unterbrochen. ,,Dann sterben wir gemeinsam. Ich habe das erste Mal gebunden und das wird auch mein letztes Mal sein."  ,,Nein, das möchte ich nicht.", sage ich sofort. ,,Ich möchte das du weiterlebst, wenn ich sterben sollte."  ,,Aber was ist, wenn ich es aber nicht mehr möchte?" Guter Punkt. ,,Wir sind füreinander geschaffen, Emalyn. Ich bin vor einhundert Jahren geboren, nur um dich zu binden. Wir gehören zusammen."  Und trotzdem pflanzt sich ein Gefühl von Schuld in meinen Magen. Mag sein, aber ich möchte nicht, dass Azurite meinetwegen stirbt. Niemals. ,,Werde ich nicht. Ich passe auf dich auf und du passt auf mich auf." Ich schlucke schwer. Ich schätze, ich muss das fürs Erste so hinnehmen. 

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Nachdem ich die letzten zwei Monate in dem engen Schlafsaal genächtigt habe, erscheint es mir seltsam und reichlich dekadent ein eigenes Zimmer zu haben. Trotz der langersehnten Privatsphäre, bekam ich kein Auge zu. Ich lag die ganze Nacht wach. Mein Kopf brummte immer noch von den vielen Gedanken letzter Nacht, als ich meine Tür öffne und sehe wie Sawyer aus dem Zimmer neben meinem kommt. Aus Rhiannons Zimmer. ,,Schön gefeiert gestern?", frage ich ihn und er fährt sofort zu mir rum. Sein Gesicht nimmt einen knalligen Rotton an und ich verkneife mir ein Grinsen. Auch Violet kommt aus ihrem Zimmer, welches schreck gegenüber von meinem liegt. ,,Guten Morgen.", Violet grinst ihn an. ,,Violet. Emalyn.", er schaut zwischen uns hin und her, setzt ein unbeholfenes Lächeln auf und verschwindet rasch in Richtung Hauptkorridor. Violet und ich sehen uns an und fangen direkt an zu kichern. Rhiannon tritt aus ihrem Zimmer und lächelt, als sie uns beide sieht. ,,Heute keinen Frühstücksdienst?" ,,Mir wurde gestern gesagt, dass alle unerfreulicheren Aufgaben an die Ungebundenen übertragen werden, damit wir unsere Energie voll in die Flugstunden stecken können.", antwortet Violet. ,,Ein Grund mehr für die Ungebunden uns zu hassen.", murmle ich. ,,Also, Rhi. Sawyer- im Ernst?" Wir gehen unseren Flur entlang, vorbei an ein paar weitern Zimmern, bevor wir auf den Hauptkorridor treffen, der zur Rotunde führt. Ein Grinsen kriecht ihr ins Gesicht. ,,Mir war einfach nach Feiern zumute." Sie wirft Violet einen raschen Seitenblick zu. ,, Und warum habe ich nichts davon mitgekriegt, dass du gefeiert hast?"  Dann schaut sie zu mir. ,,Oder du?" ,,Mir war nicht nach feiern zumute.", gebe ich ehrlich zurück. Beide sehen mich jetzt fragend an. ,,Ich hatte ein ernstes Gespräch mit Azurite." Violet nickt und Rhi zieht eine Augenbraue hoch, belässt es aber dabei. ,,Ich habe niemanden gefunden, mit dem ich hätte feiern wollen." ,,Wirklich? Weil mir zu Ohren gekommen ist, dass du und ein gewisser Staffelführer gestern einen kleinen gemeinsamen Moment hattet." Violets Blick schnellt zu ihr herüber und sie stolpert fast über ihre eigenen Füße. 

Wishless | Liam MairiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt