Der Irrwicht

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Auch beim Abendessen war Hagid nicht anwesend. "Sie werden ihn doch nicht entlassen haben?", sagte Hermine besorgt. "Das sollen sie bloß nicht wagen. Immerhin war es ja Malfoys Schuld, wenn der so dumm ist", sagte Ron. "Jedenfalls kann man nicht behaupten, der erste Schuleg sei langweilig gewesen", sagte Harry mit düsterer Miene. Nach dem Essen gingen wir wieder in den Gemeinschaftsraum, wo die drei sich an die Hausaufgaben für Verwandlung setzten. "Das sit so unfair, dass du keine aufbekommen hast!", brummte Ron, doch ich achtete nicht auf ihn. "Bei Hagrid drüben brennt Licht", sagte ich und sprang auf. Harry sah auf die Uhr. "Wenn wir uns beeilen, können wir ihn besuchen, es ist noch recht früh", sagte er. "Ich weiß nicht", sagte Hermine. "Du kannst ja hier bleiben", sagte Ron. Hermine schaute mich vielsagend an. "Wir dürfen ja wohl über das Schulgelände gehen. Sirius Black ist noch nicht an den Dementoren vorbeigekommen, oder?", sagte Harry entschieden, der Hermines Blick ebenfalls bemerkt hatte. Also räumten wir unsere Sachen zusammen und machten uns auf den Weg zu Hagrids Hütte. Wir klopften und eine Stimme knurrte: "Herein" Hagrid saß an seinem Holztisch und vor ihm stand ein Zinnhumpen, groß wie ein Eimer. Ein Blick reichte, um zu erkennen, dass der Halbriese getrunken hatte. "Du bist doch nicht entlassen, oder?", fragte Harry. "Noch nich, aber is nur ne Frage der Sseit, nach der Ssache mit Malf-foy" , sagte Hagrid. "Wie gehts ihm denn?", fragte ich. "Stöhnt die ganze Sseit" "Aber das ist doch nur gespielt", sagte Ron. "Aber ser Schulbeirat is unterrichtet word'n. Die meinen, ich hätte lieber mit Flubberwürmern anfangen soll'n oder so", sagte Hagrid niedergeschlagen. Tränen kullerten ihm aus den Augen. Er packte Ron und mich und umarmte uns, dass unsere Knochen knackten. "Ich glaube du hast genug getrunken", sagte Hermine streng und schüttete Hagrids Humpen draußen aus. "Aaarh, vielleicht hat sie recht", sagte Hagrid, ließ uns los und ging nach draußen zu Hermine. Ich hielt mir meine Rippen. Dann hörten wir einen Platscher. "Was hat er getan?", fragte Harry nervör, als Hermine wieder rein kam. "Den Kopf ins Wasser getaucht", sagte sie. Hagrid kam mit nassen Haaren wieder rein. "Jetzt geht's besser", sagte er, doch verstummte und schaute uns fassungslos an. "Was glaubt ihr eigentlich, was ihr hier zu suchen habt?", brüllte er. "Emily! Harry! Ihr stromert hier nicht herum, wenn es dunkel ist! Und ihr beiden! Ihr lasst sie auch noch gehen! Kommt, ich bringe euch jetzt hoch ins Schloss. Und lasst euch ja nicht mehr bei mir blicken, wenn es dunkel ist!"

Am nächsten Morgen tauchte Draco im Unterricht auf, als wir schon die halbe Zaubertrankstunde hinter uns hatten. "Wie geht's, Draco? Tut es noch sehr weh?", fragte Pansy Parkinson. "Jaah", sagte Draco mit einer Miene, als wäre er der letzte Überlebende in einer Schlacht gewesen. Natürlich tat es nicht mehr weh, Draco machte nur Show. Er stellte seinen Kessel provokant zwischen meinen und Rons. "Professor", rief Malfoy, "Ich brauche Hilfe beim Zerschneiden dieser Gänseblümchenwurzeln, weil mein Arm-" "Weasley, du schneidest die Wurzeln für Malfoy", antwortete Snape ohne aufzusehen. Ron lief rot vor Wut an und zischte Malfoy zu: "Dein Arm ist vollkommen in Ordnung!" Doch dieser grinste nur hämisch. "Du hast gehört, Weasley, schneid mir die Wurzeln" Ron tat dies, allerdings ziemlich ungenau. "Euren Kumpel Hagrid mal wieder gesehen?", fragte Malfoy. "Das geht dich nichts an", zischte ich ihm zu. "Ich fürchte, er wird nicht mehr lange Lehrer sein. Mein Vater ist nicht gerade Erfreut über meine Verletzung, er hat sich bei den Schulbeiräten beschwert.-" "Du meinst bei dem Schulbeirat, aus dem dein Vater rausgeschmissen wurde?", fragte ich nach, doch Malfoy ignorierte mich und sprach weiter: "Und bei dem Ministerium auch. Vater hat gute Beziehungen, müsst ihr wissen-" "Stimmt, er arbeitet ja gar nicht, sondern vergnügt sich an dem Gold, was seine Vorfahren gespart haben. Traurig, einen arbeitslosen Vater zu haben?", fragte ich wieder. "Besser, als einen Verbrecher als Vater zu haben", sagte Malfoy. Es verletzte mich, das zu hören. Ich konnte doch nichts für meinen Vater!

Nach der Stunde gingen wir zum Mittagessen. "Hey, Harry! Kommt mal her!", rief Seamus. Wir setzten uns zu ihm und Dean. "Habt ihr's schon gehört?", fragte Dean. "Was denn?", fragte ich neugirieg. "Sirius Black wurde gesichtet. Von einer Muggel, nicht weit von hier", sagte er. Ich ging nicht weiter drauf ein und aß meine Kartoffeln. In den letzten beiden Stunden hatten wir Verteidigung gegen die dunklen Künste. Als wir das Klassenzimmer betraten, war Professor Lupin noch nicht da. Wir setzten uns, packten unsere Bücher, Federkiele und Pergamentbücher raus, und unterhielten uns, bis er schließlich kam. "Schönen Tag. Würdet ihr bittte all eure Bücher wieder einpacken. Heute haben wir eine praktische Lektion. Ihr braucht nur eure Zauberstäbe", sagte er. Lupin schob aus der Ecke einen großen Holzschrank in die Mitte des Raumes. Die Tische hatte er mit einem Schlenker seines Zauberstabs an den Rand geschoben. Auf einmal fing der alte Schrank an, heftig zu ruckeln und gegen die Wand zu krachen. "Kein Grund zur Beunruhigung. In diesem Schrank steckt ein Irrwicht", sagte er. "Nun, die erste Frage, die wir uns stellen ist, Was ist ein Irrwicht überhaupt?" Ich hob langsam meine Hand, Hermines dagegen schnellte in die Höhe. Er nahm mich dran, ich antwortete unsicher: "Ich meine, er ist ein Gestaltenwandler und nimmt die Gestalt dessen an, wovor wir uns am meisten fürchten. Das spüren sie" "Besser hätte ich es nicht ausdrücken können", sagte Lupin und lächelte. Doch ich lächelte nicht. Ich dachte die ganze Zeit daran, das Sirius Black in der Nähe von Hogwarts gesehen worden war. Es ging mir einfach nicht aus dem Kopf. "Der Zauber, der einen Irrwicht vertreibt, ist ganz einfach, aber es verlangt geistige Anstrengungen. Was einem Irrwicht wirklich den Graus macht, ist Gelächter. Ihr müsst ihn zwingen, eine Gestalt anzunehmen, die ihr lächerlich findet. Wir üben den Zauber erst mal ohne Zauberstab. Sprecht mir bitte nach: Riddikulus!" "Riddikulus!", sagte die ganze Klasse, außer ich. Ich war immer noch in meinen Gedanken vertieft und hörte meinem Lehrer nur mit einem Ohr zu: "Sehr gut. Das war der leichte Teil. Denn das Wort allein genügt nicht. Und jetzt bist du dran, Neville" Neville zitterte und trat nach vorne. "Wo vor hast du am meisten Angst, Neville?" "Professor Snape", stotterte Neville ängstlich. Fast alle lachten. Professor Lupin nickte, ging zu dem Braunhaarigen und flüsterte ihm etwas zu. Dann redete er wieder lauter: "Ok, wenn ich den Irrwicht gleich raus lasse, rufst du Riddikulus und denkst an das, was ich dir gesagt habe, ja?" Neville nickte und der Schrank wurde geöffnet. Hakennasig trat Professor Snape aus dem Schrank und richtete seine blitzenden Augen auf Neville. "R-r-riddikulus!", quieckte Neville und es gab einen Knall. Snape stolperte, denn er hatte jetzt ein langes Kleid, einen turmhohen Hut, auf dem ein mottenzerfressender Geier saß, und an seinem Handgelenk baumelte eine rote Handtasche. Die ganze Klasse lachte. "Parvati, du bist dran!", rief Professor Lupin. Doch auch das bekam ich nicht mit. Würde Sirius Black es schaffen, in Hogwarts einzudringen? Hatte er es vielleicht schon geschafft? Würde er Harry und mich finden? Und töten? "Emily, jetzt du!", hörte ich meinen Namen und schreckte aus meinen Gedanken. Alle schauten mich erwartungsvoll an. Als ich auf den Boden blickte, erkannte ich vor mir eine Spinne, die mit einem Knall verschwand. Jetzt lagen vor mir Leichen. Ich schaute sie starr an. Ich kannte diese Personen, die dort lagen. Mein Herz wurde eiskalt. Es waren Ron, Hermine, Harry, Neville und mein Großvater. Auch Cissy und Draco lagen dort und regten sich nicht. Sie hatten die Augen offen. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich nahm die entsetzten Blicke der anderen nicht wahr. Ich lief zu Albus hin und kniete mich vor ihn. Hinter ihm erkannte ich noch eine Gestalt. Auch, wenn ich sie noch nie gesehen hatte, wusste ich sofort, dass es meine Mutter war. Warum lagen sie hier? Sie waren alle tot! Ich drehte mich. Alle sahen mich an. Professor Lupin starrte auf die Leichen. Ich rannte aus dem Klassenzimmer. Einfach weg. Ich landete auf der Toilette, wi ich meinen Tränen freien Lauf ließ. Es kam mir vor, als saß ich schon eine Ewigkeit dort, als Hermines Stimme erklang: "Emily? Emily bist du hier? Komm bitte raus" Ich öffnete die Tür. Ich weinte nicht mehr, die Tränen waren mir ausgegangen. Hermine umarmte mich, wofür ich ihr unendlich dankbar war, doch es liefen mir erneut Tränen über die Wangen. "Alles ist gut. Das war nicht echt", sagte sie. "Ich bin so froh, dass ihr lebt", heulte ich. "Das tun wir. Kommst du mit in den Gemeinschaftsraum? Professor Lupin hat uns für den Rest der Stunde frei gegeben" Ich nickte. Als ich in den Spiegel sah, erkannte ich tiefe Augenringe unter meinen Augen. Hermine zog mich in den Gemeinschaftsraum. Den Schülern, denen wir auf dem Gang begegneten, redeten wieder über mich. Auch im Gemeinschaftsraum tuschelten viele. Ron und Harry hatten dort anscheinend auf uns gewartet, denn sie gingen jetzt in deren Schlafsaal, Hermine und ich folgten ihnen. Als sie die Tür öffneten, scheuchten sie Seamus und Dean raus und setzten sich dann. Ich setzte mich zu ihnen. Stille. Dann fing ich wieder an zu weinen. "Warum bin ich nur so eine Heulsuse?", schluchzte ich. "Du bist keine Heulsuse! Ich glaube, jeder würde weinen, wenn - also wenn er die Leichen von denen sieht, die ihm wichtig sind", sagte Harry. Hermine strich mir über den Rücken. "Aber eins musst du uns erklären", sagte Ron, als ich mich beruhigt hatte, "warum lag Malfoy da? Also, ich meine ist er dir wichtig?", fragte er mit einem spottenden Unterton. Ich zuckte mit den Schultern. Da fiel mir ein, dass ich mich gleich mit ihm in der Bibliothek treffen sollte. Doch ich konnte nicht. Ich hatte auch keine Lust, dass wieder alle über mich redeten. Also sagte ich meinen Freunden nichts von dem Treffen. "Harry?", fragte ich. "Kann ich mir deinen Tarnumhang bitte ausleihen? Ich bringe ihn auch zurück", sagte ich. "Klar - was willst du damit?" "Ich möchte zu meinem Großvater und habe keine Lust darauf, dass alle wieder über mich reden", erklärte ich ehrlich. Harry kramte in seinem Koffer und gab mir anschließend seinen Tarnumhang. Ich warf ihn mir über und verschwand aus dem Schlafsaal. Es war sehr praktisch nicht gesehen zu werden, denn so bekam ich auch teilweise mit, was über mich geredet wurde. "Echt? Da lag Malfoy? Ich dachte die beiden wären Feinde. Warum ist er ihr denn jetzt so wichtig?", sagte Katie Bell aus dem Jahr über mir zu ihrer Freundin Leona. "Weiß nicht, bestimmt steht die auch auf ihn, so wie gefühlt die halbe Schule" Sind die bescheuert? Ich war mit ihm verwannt! Ich schlich mich aus dem Portraitloch und hoch in den siebten Stock. Als ich vor dem Wasserspeier stand, fiel mir ein, dass ich das Passwort gar nicht kannte. Doch zu meinem Glück kam Snape gerade und nannte dem Wasserspeier das Passwort. Was der wohl von meinem Großvater wollte? Ich stieg hinter ihm auf die Treppe und am Ende verschwand ich hinter ihm durch die Tür und stellte mich etwas abseits hin. "Ah, Severus. Schön, dass Sie hier sind", sagte mein Großvater. Dann bemarkte ich Professor Lupin, der in der Ecke stand und wohl gerade mit Albus geredet hatte. "Ich sehe, Sie sind gerade beschäftigt. Ich werde später noch einmal kommen", sagte Snape kühl und wollte gehen, doch Albus hielt ihn auf: "Nein, ich wollte mit Ihnen beiden reden. Ich war mir nicht sicher, ob Sie von einander wissen" "Das weiß ich", sagte Snape und ging wieder zu den anderen beiden hin. Ich beschloss, mich nicht zu zeigen und zu lauschen. "Wovon wissen?", fragte Lupin. "Nun, Remus, es ist so, dass nicht nur Sie der Pate von Emily sind, sondern auch Severus. Keine Sorge, das konnten Sie nicht wissen, Lucy hatte es erst kurz vor ihrem Tod beschlossen und es Severus in einem Brief mitgeteilt", sagte Dumbledore. Redeten sie von mir? Aber das konnte doch nicht sein... dann müsste Lupin auch mein Pate sein?! "Sir, Sie erlauben mir, Mr Snape mitzuteilen, was in meinem Unterricht passiert ist?", fragte Lupin und Albus nickte. "Wir haben Irrwichte durchgenomen und die Kinder haben sich ihrer größten Angst gestellt. Nun, als Miss Black dran war - auf dem Boden erschienen die Leichen von Personen, die ihr wichtig waren. Darunter auch die - die von Lucy. Sie rannte aus dem Zimmer", erzählte Lupin. Bei dem Gedanken an das Ereignis bekam ich eine Gänsehaut. Also kannte er meine Mutter? Snape blieb stumm. "Ich glaube, Emily, du kannst dich uns jetzt zeigen", meinte Albus und schaute in meine Richtung. Aber er konnte mich doch nicht sehen, oder?! Trotzdem legte ich den Tarnumhang zur Seite und ging zu ihnen hinüber. "Ich muss nun gehen", sagte Snape und ging. Auch Lupin ging. "Warum weiß ich nichts davon, dass Professor Lupin mein Pate ist?!", fragte ich. "Wir haben erst mal andere Sachen zu klären", sagte Albus und seine Stimme klang sauer. Ich schluckte. "Du kannst doch nicht einfach aus dem St. Mungo abhauen! Spinnst du? Weißt du, was dir hätte passieren können?! Ein Massenmörder ist auf der Jagd nach dir, da kannnst du doch nicht einfach in der Stadt herum spazieren!", sagte er wütend. "Da wusste ich doch noch nichts von Sirius Black! Außerdem ging es mir doch gut! Und wie bitteschön hätte Sirius Black mich erkennen können?!", fauchte ich zurück. "Die Narbe an deiner Stirn ist nicht schwer zu übersehen!"

Emily Lily Black 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt