7 | Die Sirene

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Anstatt ihren Weg zur Kantine fortzusetzen, nahm Lina den nächsten Seitenausgang und eilte zurück in ihr Zimmer, um ihren Autoschlüssel zu holen. Wenige Minuten später sprang sie in ihr Auto und fuhr Richtung Stadtkern. Ihre Hände zitterten vor Aufregung. Sie hatte nicht wirklich einen Plan. Morro Bay war zwar ein kleiner Ort, doch die zahlreichen Restaurants und Bars würden es ihr nicht einfach machen Jax zu finden.

Sie parkte ihren Wagen in der Nähe der Promenade, stieg aus und schaute sich zunächst um. Wo sollte sie bloß anfangen? Schließlich visierte sie das erstbeste Restaurant an und stürmte rein. Während die Bedienung sie irritiert anschaute, ließ Lina ihren Blick durch den Raum schweifen. Jax war natürlich nicht hier. Das wäre auch zu einfach gewesen.

Die nächste halbe Stunde verbrachte Lina damit, weitere Lokalitäten nach Jax abzusuchen. Leider ohne Erfolg. Mittlerweile war es dunkel geworden. Ein paar Laternen auf der Straße spendeten etwas Licht.

Frustriert über die ganze Situation, blieb Lina an einer hüfthohen Mauer stehen, die die Promenade vom Ufer abgrenzte. Sie lehnte sich mit ihrem Po dagegen und nahm tief Luft.

„Ist alles in Ordnung?", hörte sie plötzlich eine raue Stimme sagen.

Ihr Blick wanderte zu ihrer rechten Seite. Ein alter, bärtiger Mann saß auf einer Parkbank und schaute sie neugierig an. In seiner rechten Hand hielt er eine zerknitterte Papiertüte, aus der ein Flaschenhals heraus ragte.

Lina ging ein paar Schritte auf ihn zu: „Leben sie in Morro Bay, Sir?"

„Mein ganzes Leben, Schätzchen."

Lina lächelte ihn kurz an.

„Wenn ich einen richtig starken Drink bräuchte, wo würde ich dann hingehen?"

Der alte Mann lachte auf.

„Das ist ganz einfach. In die Sirene."

„Und wo finde ich die Sirene?"

Der Mann hob seinen linken Zeigefinger.

„Hundert Meter in diese Richtung. Du kannst es nicht verfehlen."

„Vielen Dank, Sir", bedankte sich Lina. Dann eilte sie los.


Lina erreichte kurze Zeit später den Eingang zur Sirene. Durch die urige Holztür schallte laute Country-Musik. Sie nahm tief Luft und betrat schließlich die Bar.

Überrascht über die vielen Besucher, schob sich Lina an paar Menschengruppen vorbei, die sich fröhlich unterhielten. In der linken Ecke standen zwei Billardtische. In der rechten Ecke spielten paar Leute Dart.

Lina erreichte den in die Jahre gekommenen Tresen und schaute sich in der Menge um. Von Jax war leider keine Spur.

„Hey, Süße!", rief ihr der rüstige Barkeeper zu. „Was willst du trinken? Der erste Drink geht für dich aufs Haus."

Lina erzwang ein Lächeln.

„Ich suche bloß jemanden."

„Und wen?"

„Ehm ... einen Mann ..."

Der Barkeeper lachte. Dann hob er seine Hände und blickte in die Runde.

„Sind reichlich Männer hier, wie du siehst. Welchen hättest du denn gern?"

Lina verdrehte ihre Augen und wendete sich von dem Barkeeper ab. Und dann plötzlich entdeckte sie ihn: Jax saß allein an einem kleinen Runden Tisch und starrte auf ein halb volles Whiskeyglas.

Linas Herz fing an zu rasen. Ihre Handflächen wurden schlagartig feucht. Hektisch drängte sie sich an paar Leuten vorbei und erreichte schließlich seinen Tisch.

Morro Bay IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt