Kapitel 9 - das 5-Sekunden Phänomen

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Während er auf mich zu kommt beobachte ich jeden einzelnen Schritt. Und ratet mal was er tut. Genau.
Er schaut mich NICHT an. Noch vorhin war er am strugglen wie er mit mir reden soll und das ist jetzt ernsthaft seine Lösung? Einfach auf den Boden schauen? Ich weiß nicht was ich fühlen soll. Ist das eine Falle? Die Frage geht mir durch den Kopf doch gleichzeitig kenne ich die Antwort. Nein man. Er ist einfach schüchtern. EXTREM schüchtern.

Aber es ist süß. Das macht ihn um das tausendfache sympathischer. Seine Hände sind in der Jackentasche versteckt. Meint ihr er hat auch ein Obstmesser dabei?
Naja sich jetzt sorgen zu machen bringt auch nichts mehr. Denn ich bin bereits am Lächeln. Meine Hormone Dopamin und Oxcytocin sind auf hundert angesprungen. Ich sag ja. Leichte Beute dieses Mädchen.

„Hiii omg krass das wir uns gerade ernsthaft sehen" wage ich den ersten Schritt als er dann endlich bei mir ist. „Ja du hast recht. Aber ich hab dir ja gesagt das ich hundert Prozent gebe" wow seine Stimme klingt live noch viel anziehender. Er hat diese Werbungstimme für irgendwelche Getränke die man so im Urlaub trinkt. Sein Gesicht kann ich nicht sehen. Aber ich sehe das er wirklich mit seiner Nervosität am kämpfen ist also lass ich es fürs erste so sein. „Komm lass uns spazieren gehen" ermutige ich ihn in der Hoffnung das er lockerer wird. Ich frage mich wie zur Hölle ich eigentlich so locker sein kann. Es ist als wären unsere Rollen vertauscht.

Der Park ist wunderschön. Ihr müsst euch vorstellen dort ist ein See aber durch die Kälte ist alles zu Eis geworden. Nicht dick genug um drauf zu laufen. Sowas sollte man sowieso nicht machen. Aber es sieht einfach himmlisch aus. Durch die leichten Sonnenstrahlen glitzert alles so schön. Der Schnee kommt einem bis über den Knöcheln. Ich bin froh das das Wetter mitspielt. Ungelogen ich komme mir vor wie in einem Märchen. Ein Bauernmädchen mit 3cm Klinge und ein vielleicht gefährlicher schüchterner Mafia Typ im Winterwald. Gibt es ein Happy End? Keine Ahnung.

Während wir den kleinen Hügel hoch gehen merke ich immer wieder wie er versucht mit den Augen mich anzusehen. Ohne den Kopf zu wenden versucht er die Augen in meine Richtung zu bewegen. Ich muss innerlich lachen. Du denkst nicht wirklich das ich das nicht merke oder.  Sind Männer wirklich so simpel und durchschaubar was das angeht? „Wie war die Fahrt hier her? Gab es Glatteis unterwegs auf der Straße?" frage ich nach um einen Grund zu haben ihn anschauen zu können. Und schon sind die Augen wieder auf den Boden gerichtet. „also die Autobahn ist relativ gut fahrbar aber die normalen Straßen sind da schon glatter." Antwortet er mir. „Ja ich musste auch echt langsam fahren" fällt mir ein. Wir biegen Richtung See ab. Unterwegs reden wir über so gut wie jedes Thema. Ich finde es toll das seine Antworten auch lang sind und er mir auch Fragen stellt. Er ist nicht so monoton und hat Interessen. Jemand mit dem man kommunizieren kann ohne das einem langweilig wird. Jemand der nicht nonstop nur von sich selbst redet. Schrecklich sowas.
Er hört zu. Denkt nach. Antwortet. Ich weiß das sind eigentlich sehr simple Sachen aber glaubt mir sogar das ist heutzutage nicht selbstverständlich. Die Generation weiß nicht richtig zu kommunizieren.

„Ich muss dich einige Dinge fragen. Aber ich möchte das du mir in die Augen schaust. Ich weiß das ist eventuell eine große Hürde für dich aber ich möchte deine Augen sehen wenn du redest." denn ich möchte sehen ob du die Wahrheit sagst beende ich den Satz innerlich weiter. „Mhmmm jaa ich weiß ich will ja auch gerne in deine Augen schauen." er seufzt. 
Und jetzt Leute müsst ihr euch vorstellen wie ich nur noch in Zeitlupe sehe das er den Kopf anhebt und booommm direkt in meine Iris schaut.

Ich halte meinen Atem an. Es sind nur 5 Sekunden aber nicht in meiner Realität gerade. Diese tiefen braunen Kafeebohnen Augen auf dessen Wimpern der Schnee langsam fällt und hängen bleibt. Die Haut so weich und geschmeidig das man den Drang hat mit der Hand einmal drüber zu gehen. Sein Gesicht sieht so warmherzig aus. Das erste an was ich denken muss ist ein Teddybär. Ein lebensgroßer Teddybär.
Er hat ein Lächeln auf dem Gesicht. Es ist echt lange her das ich ein Lächeln so hübsch an jemanden fand. Bei mir ist es das Gegenteil. Ich schaue wahrscheinlich gerade wie eine Kuh auf dem Feld. Mein Mund ist leicht offen, ich blinzele nicht eine Sekunde damit ich einfach alles was ich sehe in meinem Gedächtnis absichern kann. Ich merke das ich wieder atmen muss und somit das 5 Sekunden-Phänomen sein Ende findet. Ich weiß nicht wie er diesen Moment aufgenommen hat und jetzt gerade würde ich alles tun um zu erfahren ob er dasselbe empfunden hat.

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