2. Met you again

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Ich saß im Flugzeug, hatte meinen Kopf gegen das Fenster gelehnt und hörte auf meinen Kopfhörern Musik, während ich gelangweilt aus dem Fenster sah.

Nur noch ein paar Minuten, bis ich meinen großen Bruder, nach drei Jahren der Trennung, wiedersehen würde.

In mir wuchs die Aufregung. Ich hatte ihn so vermisst!

Das Flugzeug ging in den Landeanflug und mir wurde die Situation wirklich bewusst.

Gleich würde ich IHN wiedersehen. Meinen großen Bruder, der in der schwierigen Zeit nach dem Tod meiner Mutter für mich und meinen kleinen Bruder da gewesen war. Der seinen Traum vom Idol verwirklichen konnte!

Ich bewunderte ihn dafür, für mich war es manchmal schwer genug mich selbst zu lieben. Ich konnte es mir nicht vorstellen, wie es wohl sein mochte, seinen größten Traum, Realität werden zu lassen.

Ich hatte seine Laufbahn verfolgt, aber auch wirklich nur seine. Ich hatte mich nie über seine Gruppenmitglieder informiert. Mir reichte das, was er erzählte und die paar Videos, von seinen Performances, welche er mir schickte. Ich wusste nicht warum, aber ich würde es als ungerecht oder sogar als Verrat ansehen, wenn ich ihm einfach so hinterher spionieren würde.

Wir waren in Kontakt geblieben, auch wenn dieser immer weniger geworden war. Bis wir nur noch alle paar Monate telefonierten.

Ich hatte ihn so unglaublich doll vermisst!

Seine Art, seine Umarmungen...

Ja, sogar seine Dramaqueen Ausbrüche und seine nervigen Sprüche und Bemerkungen!

Ob er mich überhaupt wieder erkennen würde?

Ich hatten mich während meinem Aufenthalt in Deutschland sehr verändert, ich trug meine, früher immer schulterlangen, blonden Haare jetzt hüftlang und meistens in einem Zopf oder Dutt. Mein Kleidungsstil hatte sich ebenso, wie mein Körper verändert.

Aber nicht nur mein Aussehen war anders, sondern auch mein Verhalten. Ich war still und zurückgezogen geworden. Von dem Wirbelwind, der ich vor dem Tod meiner Mutter gewesen war, war nichts mehr übrig geblieben. Wie ich schon erwähnt hatte, litt ich an Depressionen und die Narben und Wunden an meinem linken Arm zeugten davon, dass ich alles andere als "Mental Gesund" war. Noch wusste niemand von meinen Narben und das sollte auch so bleiben! Ich achtete sehr darauf, immer etwas zu tragen, was zumindest meinen linken Arm verdeckte.

Allerdings hatte ich auch angefangen professionell zu tanzen, ich liebte es mir zu irgendwelchen Liedern Choreographien auszudenken oder einfach mal beim Tanzen meinem Stress zu entkommen. Da ich mit 15 so schwer zu kämpfen hatte, hatte ich zwei Klassen wiederholen müssen, was mir sehr zu schaffen gemacht hatte.

Aber auch vom Tanzen, meiner wohl größten Leidenschaft mussten legendlich meine zwei Trainer.

Was mir aber die größten Sorgen bereitet, war meine Angst neue Menschen kennenzulernen. Wie sollte ich mich so auf Hyunjins Freunde einlassen? Und das alles hatte ich vor meinem großen Bruder verheimlicht!

Ich schob meine Sorgen beiseite, steckte meine Kopfhörer in meinen Rucksack und machte mich endlich auf den Weg zur Gepäckausgabe (Nennt man das so?)

Wenig später stand ich an einem dieser merkwürdigen Laufbändern, auf welchem ich schon bald meinen Koffer entdecken konnte.

Ich schnappte ihn mir und "flüchtete" vor dem Gedränge. Als ich endlich an einem etwas ruhigeren Ort ankam, schrieb ich Hyunjin, der mich vom Flughafen abholen wollte.

**Dramaqueen👑**

Dramaqueen:

*Schreibst du mir, wenn du angekommen bist?*

*Geht es dir gut?*

*Hast du deinen Flug verpasst?*

*Soll ich dir einen neuen buchen?*

*Hallo?????*

*Muss ich mir Sorgen machen?*

*Die Jungs freuen sich schon darauf dich kennenzulernen, soll ich schreiben*

*Haloho???*

*Geht es dir gut??????*

*Ist dein Handy leer, stumm, aus, antwortet du mir einfach so nicht, wurde es dir gestohlen?*

*Habe ich etwas falsch gemacht?*

*Wieso antwortet du mir nicht mehr?*

*Hast du mich nicht mehr lieb?*

*Ich warte, wenn du aus dem Flughafen rausgehst und dann nach links abbiegst und die Straße runtergehst auf dich!*

*Ich hoffe für dich, dass du den Flug nicht verpasst hast!*

Ich musste kichern, als ich die Nachrichten sah und beeilte mich, ihm zu antworten.

Ich:

*Bin ich, ja, nein, nein, hi, nein, ok?, hi, ja, ich habe nur vergessen meine Nachrichten zu lesen, nein, vergessen Nachrichten zum lesen, doch natürlich, ok, bis gleich*

Als ich endlich alle seine Fragen beantwortet hatte, machte ich mich auf den Weg zu unserem Treffpunkt.

Wenig später sah ich meinen schwarzhaarigen Bruder, an ein schwarzes Auto gelehnt und den Blick starr auf sein Handy gerichtet. Er trug eine schwarze Jeans, eine schwarze, geöffnete, leder Jacke, unter der man ein schwarzes T-shirt sehen konnte und eine, wer hätte es gedacht, schwarze Maske. Seine schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht.

Ich trug eine beige weite Hose und ein schwarzes eng anliegendes schwarzes Top mit langen Ärmeln. Meine inzwischen wieder sehr langen Haare hatte ich am Morgen in einen Zopf geflochten, aus welchem sich mittlerweile schon einige Strähnen gelößt hatten.

Meine Sorgen waren auf einmal wie weggeblasen!

*Deutsch*

"Jinnie", schrie ich und rannte in die ausgebreiteten Arme meines großen Bruders.

Er zog mich ganz fest an sich, wobei meine Füße etwas vom Boden abhoben.

"Ich hab dich so vermisst, Prinzessin!", flüsterte er mir in mein Ohr und ich musste lächeln.

"Ich dich auch", gab ich schmunzelnd zurück, "trotzdem wäre es sehr freundlich, wenn du mich nicht direkt erdrücken würdest!"

"Tschudigung", murmelte er und ließ mich sofort los, sodass ich etwa zehn Zentimeter nach unten fiel.

Empört blickte ich ihn an, er lachte nur.

Ich war froh ihn wieder lachen zu sehen, in der Zeit, bevor ich gegangen war, war ihn lachen zu sehen eine Seltenheit gewesen. Umso froher war ich, dass er es nun einfach so tat! Was ich ebenfalls überraschte war, dass ich mir ihm so frei, wie mit sonst keinem Menschen sprechen konnte.

Spielerisch verschränkte ich die Arme vor der Brust und machte einen auf beleidigt.

Doch innerlich war ich gerade rundum glücklich!

Immernoch lachend öffnete mein großer Bruder mir die hintere Türe des Autos, "Madame".

Mit einer Geste und eine kleinen, spielerischen Verbeugung bedeutete er mir derweil einzusteigen.

Nun musste auch ich loslachen.

Für einen kurzen Moment verwandelte sich sein Gesichtsausdruck von Lachen zu Schock und wieder zurück.

Es war lang her, seitdem er mich das letzte Mal lachen gesehen hatte.

Und ich muss zugeben, dass ich, nach dem Tod meiner Mutter und auch später in Deutschland, so gut, wie gar nicht mehr gelächelt und nicht mehr gelacht hatte.

Immer noch grinsend stiegen wir beide ein und der Fahrer fuhr uns zum Stray-Kids-Dorm.

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Zweites Kapitel🙂

Just my life | Lee FelixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt