Das Schwert wog schwer in Lois Hand, als sie durch den Wald schlich. Alle ihre Sinne waren geschärft, ausgerichtet darauf, denjenigen zu finden, der ihnen gefolgt war. Sie achtete auf jede Bewegung, jedes Geräusch, sogar jedes Gefühl. Der Mensch gab keinen Laut von sich.
Loi überlegte, zu Lune zurückzukehren. Er war ungeschützt. Mit jedem Moment, den sie getrennt waren, erhöhte sich die Gefahr für ihn.
Gerade, als sie sich zum Gehen wandte, ertönte ein Rascheln. Lois Kopf fuhr herum und sie fixierte den Baum, von dem es gekommen war, bereit sich jederzeit fallen zu lassen, falls jemand auf sie schießen sollte. Nichts rührte sich.
„Ich weiß, dass du da bist".
Einen Augenblick lang war es noch still, dann schob sich langsam eine schmale Gestalt hinter dem Baum hervor. Loi stieß überrascht den Atem aus.
„Janina?"
„Ich hab dir gesagt, du kannst nicht einfach verschwinden. Ich hab dich gewarnt".
Natürlich war sie ihnen gefolgt. Natürlich hatte sie sich nicht davon abhalten lassen. Und natürlich hatte Loi es ihr viel zu einfach gemacht, indem sie einen Verletzten mit sich herumgeschleppt hatte. Wäre sie allein gewesen, hätte Janina ihr nie folgen können.
„Du solltest nicht hier sein. Du musst zurück. Mischa sucht dich sicher!"
Loi begann, in Richtung ihres Lagers zu laufen, noch während sie sprach. Janina folgte ihr.
„Ich will wissen, wer du bist".
„Wenn ich es dir sage, gehst du dann zurück?"
„Ich bin kein Kind mehr, Loi. Bloß weil mein Vater mich nicht aus dem Haus lässt, heißt das nicht, dass du mich herumkommandieren kannst".
„Du bist siebzehn. Und ich kommandiere nicht, ich sage dir, dass es zu gefährlich ist, uns zu folgen."
Sie traten um den Baum herum, hinter dem Lune wartete. Er richtete sich auf, als er sie sah, ließ sich aber wieder zurücksinken sobald er Janina erkannte.
„Was tust du hier".
Es klang nicht wirklich nach einer Frage. Janina antwortete trotzdem.
„Ich komme mit euch".
„Was?"
Loi hatte mit allem gerechnet, sogar damit, aber trotzdem war es die einzige Antwort, die sie auf keinen Fall akzeptieren konnte.
„Du weißt, wie mein Vater ist! Er lässt mich jetzt schon kaum aus dem Haus! Er hat dir mehr Freiheiten gelassen, weil du ohnehin ein Händlerkind warst, aber jetzt wo du weg bist wird er mich gar nicht mehr aus den Augen lassen! Er wird mir von deinem schlechten Einfluss erzählen und nach einem Mann Ausschau halten, der die Mühle übernehmen kann!"
Loi schloss die Augen. Janina hatte Recht. Natürlich hatte sie Recht, und wenn Loi gewusst hätte, dass es so enden würde, dann wäre sie niemals bei ihnen eingezogen. Aber sie hatte gedacht, sie hätte noch mindestens fünf Jahre, bevor sie weiterziehen müsste. Fünf Jahre. Es war nicht ihre Schuld!
„Und außerdem schuldest du mir noch eine Erklärung!"
Loi atmete tief durch und öffnete die Augen wieder. Das ließ sich machen. Eine Erklärung.
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Elfenmond
FantasySeit der verlorenen Revolution versteckt sich Loi unter Menschen. Ihre wahre Identität ist verborgen unter Jahrhunderten von Lügen und Geheimnissen. Doch als Loi mitten in der Nacht einem Fremden begegnet, der ihre Hilfe benötigt, muss sie sich ents...