Einige Tage, nachdem sie Idrach verlassen hatten, begann sich die Landschaft zu verändern. Anstatt des endlosen Waldes wechselten sich jetzt immer wieder große Lichtungen mit lichten Wäldchen ab, und die flache Ebene begann hügeliger zu werden. Allgemein begann sich ihre Stimmung zu verbessern: Das Wetter war schön, Lunes Verletzung heilte gut, und bis jetzt hatten sie keine Verfolger gesichtet. Die Durchquerung der wehenden Hügel versprach einfach zu werden. Trotzdem hing eine Art Schatten über der Gruppe, der immer dann deutlich wurde, wenn sie abends im Lager saßen und niemand etwas zu sagen hatte. Es war offensichtlich, dass Janina Loi vermied. Sie hielt sich an Lune, wann immer sie konnte, und löcherte jetzt ihn mit Fragen, die er deutlich freimütiger beantwortete als Loi es jemals getan hätte. Loi lief meistens vorneweg und erkundete den Weg, den sie gehen würden. Manchmal beobachtete sie auch Janina. Sie wusste, dass sie hätten umkehren sollen. Janina war nicht bereit für das, was sie erwartete, was auch immer das sein mochte. Im besten Fall ein einfacher Hinterhalt auf eine einzelne Person, aber Loi glaubte nicht an den besten Fall. Aber Loi wusste auch, dass es ihr gerade jetzt nicht gelingen würde, Janina zum Umkehren zu bewegen, und sie würde sie auf keinen Fall allein weitergehen lassen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als sie zu begleiten.
An diesem Abend hielten sie am Rande einer Lichtung, im Schutz eines Birkenwäldchens. Janina machte sich daran, das Schlaflager aufzubauen, während Loi sich Lunes Verletzung ansah. Sie nickte zufrieden.
„Du kannst jetzt wieder anfangen, ein bisschen zu trainieren, wenn du willst. Streng dich nicht zu sehr an, und ich würde dich auch noch nicht wieder in einen richtigen Kampf schicken, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Aber du solltest dich wieder mehr bewegen. Das heißt auch, dass du jetzt nicht mehr darum herumkommst, den Rucksack zu tragen".
Lune nickte.
„Lust auf einen Kampf?"
„Nach dem Essen".
Das Essen bestand aus einigen der Vorräte, die sie in Idrach gekauft hatten, sowie einem Kaninchen, dass Loi früher am Tag geschossen hatte. Janina zog ihm das Fell ab und sie brieten es über dem Feuer. Niemand sprach, während sie aßen, aber da war trotzdem eine Art Spannung in der Luft. Lune freute sich auf den Kampf, und auch Loi war nicht unglücklich darüber. Sie hatte schon zu lange keinen Übungspartner mehr gehabt, der auch nur ein halbwegs ernstzunehmender Gegner sein konnte. Am aufgeregtesten schien aber Janina zu sein, die immer wieder zu Lune hinüber schielte, als erwarte sie etwas von ihm. Loi konnte sich nicht wirklich einen Reim darauf machen.
Nach dem Essen ging Loi die Knochen vergraben, um keine wilden Tiere anzulocken, bevor sie zu Lune zurückkehrte und ihr Schwert nahm, dann trat sie auf die Lichtung hinaus und nahm Verteidigungsstellung ein.
„Denk dran, übertreib es nicht".
„Natürlich".
Mit einem Satz war Lune bei ihr und der Kampf begann. Janina hatte noch nie einen solchen Kampf gesehen, noch hätte sie jemals gedacht, dass jemand sich so bewegen konnte. Loi und Lune rannten aufeinander zu und begannen, in einem schnellen Wirbel mit den Schwertern aufeinander einzuschlagen. Mehr als einmal dachte Janina, dass sie sich treffen und gegenseitig umbringen würden, aber der andere fand immer einen Ausweg: Sie ließen sich fallen und rollten sich ab, sprangen mehrere Meter hoch übereinander hinweg, nur um hinter dem anderen wieder zu landen und sofort wieder anzugreifen, parierten Schläge, bevor Janina überhaupt wahrgenommen hatte, dass da ein Schlag kam. Sie konnte nur dasitzen und wie erstarrt beobachten, was da passierte, ohne das Gefühl zu haben, das geringste bisschen zu verstehen.
Schließlich, nach einer Zeit, die Janina wie eine halbe Ewigkeit vorkam, obwohl es höchstens ein paar Minuten gewesen sein konnten, war es zu Ende. Loi blockte einen Schlag ab, den Lune gegen ihre linke Schulter führte. Er sprang zurück und stieß wieder zu, diesmal gegen ihren Kopf. Loi duckte sich, das Schwert fuhr über ihren Kopf hinweg und Lune kam ungeschickt halb mit dem Rücken zu ihr zum Stehen. Er fuhr herum, das Schwert noch immer erhoben. Nur einen winzigen Augenblick lang zeichnete sich der Schmerz auf seinem Gesicht ab, als die Bewegung an seiner Wunde riss, dann hatte er sich wieder im Griff. Aber sein Zögern war genug für Loi. Sie trat ihm in die Kniekehle, dass er einknickte, und hielt ihm die flache Seite ihres Dolches an den Hals.
DU LIEST GERADE
Elfenmond
FantasySeit der verlorenen Revolution versteckt sich Loi unter Menschen. Ihre wahre Identität ist verborgen unter Jahrhunderten von Lügen und Geheimnissen. Doch als Loi mitten in der Nacht einem Fremden begegnet, der ihre Hilfe benötigt, muss sie sich ents...