Das blöde Schicksal

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Otto Sicht:

Ich klappere alle meine Patienten ab, als plötzlich Schwester Christel auftaucht. "Hey, hast du Lust, dieses Wochenende mal wieder ins Kino zu gehen?" Ich hatte erwartet, dass sie das bald fragen würde. Seitdem ich einmal mit ihr ausgegangen bin, hatte ich keine Lust mehr auf sie. "Ich glaube, das klappt nicht. Ich muss arbeiten und noch viel lernen, um meine Prüfung zu bestehen", antworte ich ihr. Sie sieht etwas verletzt und traurig aus, nickt jedoch nur und geht weiter.

Eigentlich habe ich sie etwas angelogen. Ich wollte eigentlich etwas mit Martin machen. Nun ja, wir lernen zusammen – oder besser gesagt, er fragt mich aus. Martin ist schon Arzt und hat das alles bereits hinter sich.

Ich liebe es, wenn ich bei Martin bin... Warte, habe ich gerade gesagt, dass ich es liebe, wenn ich bei ihm bin? Nun ja, das stimmt auch. Ich liebe seine Art und sein Lächeln... Okay, Stopp, nein, du darfst dich nicht in einen Mann verlieben. Sowas ist strafbar und könnte zu großen Problemen führen.

Ich mache meine Arbeit weiter, aber die ganze Zeit habe ich Martin im Kopf... Dafür hasse ich mich so sehr. Vielleicht sollte ich doch mit einer Frau ausgehen. Mal schauen.

Nachher gehe ich zu meiner Schwester, die bei ihrer Tochter ist. Karin weint sehr viel und Anni bekommt sie nicht beruhigt. Ich nehme die Kleine auf meinen Arm und sie hört auf zu schreien. Ich singe ein altes Lied, das meine Mutter mir immer vorgesungen hat. Karin schläft sehr schnell ein. "Danke, Bruderherz, das ist echt lieb von dir", sagt meine Schwester, woraufhin ich nur nicke und lächle.

Anni lehnt sich an mich an und erzählt mir von dem Gespräch zwischen ihr und Dr. Sauerbruch. "Eigentlich ist auf Dr. Sauerbruch immer Verlass. Ich glaube, er meinte es ernst, als er versprach, dass Karin nichts passiert." Meine Schwester nickt nur...

Plötzlich heulen die Sirenen auf. Das bedeutet, dass Berlin angegriffen wird. Schnell nimmt Anni Karin und die anderen Kinder mit in den Bunker. Ich begleite die anderen Patienten in den Bunker. Jederzeit kann es krachen.

Auch Martin und die anderen kommen. Ich bin froh, als ich Martin sehe. Gerade als der Bunker geschlossen wird, fallen Bomben. Ich sitze in einer Ecke und bekomme leicht Panik... Diese Bomben sind grausam... Schließlich habe ich Ahnung, was Bomben so alles Schlimmes anrichten können. Ich war jahrelang in der Armee und habe gesehen, wie viele Menschen gestorben sind.

Martin hatte es auch nicht leicht. Er war damals als Arzt in der Armee und hat vielen Menschen geholfen. Bis er eines Tages schwer getroffen wurde und nach Berlin gebracht wurde, zu Dr. Sauerbruch. Dr. Sauerbruch hat ihm geholfen... Dank Sauerbruch hat er überlebt und konnte hier arbeiten. Martin hatte ein schweres Schicksal. Er hat seine ganze Familie verloren – Mama, Papa, Geschwister, ach ja, und ein Bein. Leider hat er dieses Schicksal ereilt.

Als er schwer getroffen wurde, war sein Bein am meisten verletzt. Dr. Sauerbruch hatte zwei Optionen: ihn sterben lassen oder das Bein amputieren und damit sein Leben retten. Natürlich hat Dr. Sauerbruch sich für letzteres entschieden. Martin hat auch eine Prothese für sein Bein bekommen. So habe ich ihn kennengelernt, und eigentlich sieht man es kaum, dass er eine hat. Das liegt aber auch daran, dass unsere Arztkittel viel zu groß sind.

Er sagt, er kommt damit klar, aber jeder sieht, dass er oft damit zu kämpfen hat. Ich zähle jeden Anschlag. "8... 9... 10... 11... 13... 13... 14... 15... 17 und 17..." murmle ich leise vor mich hin. Martin setzt sich neben mich. "Alles okay, Otto?" fragt er mich. Ich nicke nur.

Ich höre Kinder weinen und gehe zu ihnen, um sie zu beruhigen. Das Gleiche tut auch Martin. Die Kinder beruhigen sich etwas.

Ich höre Dr. Sauerbruch wütend reden. Ich gehe zu ihm. "Sir? Was ist los?" Dr. Sauerbruch schaut mich an. "Was los ist!? Wir haben gerade 4 Leute verloren. Warum? Genau, weil ich sie nicht operieren konnte, wegen diesem verdammten Krieg!" Ich merke, dass Dr. Sauerbruch mega sauer ist, also lasse ich ihn lieber in Ruhe.

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